einzige Möglichkeit? Etwa uns umzubringen?“ Jenni schlug die Hände über den Kopf zusammen. Sie wollte das nicht sagen, aber ihre Zunge war schneller gewesen.
Oxo starrte sie mit großen Augen an. Sein Blick war fassungslos. „Nein, nein, wir wollen euch nicht umbringen.“ Mit Ironie schien er nicht recht klar zu kommen. „Wir müssen natürlich ganz genaue Berechnungen anstellen. Anschließend die Ergebnisse hunderte Male überprüfen. Und erst dann werdet ihr den Hypersprung wagen.“
Diesmal sagte sie nichts. Stattdessen war es an ihr mit großen erschrockenen Augen aus der Wäsche zu gucken. Gegen einen Gegner zu kämpfen, war das eine. Aber als Versuchskaninchen zu dienen und sich dabei auf andere zu verlassen, etwas völlig anderes. Sie wusste nicht, ob sie das konnte. Auch die anderen dachten so. Ihre Leben in die Hände Fremder zu legen, war eine ganz andere Kiste als Yxyndor mutig entgegen zu treten.
Die Belüftung summte leise vor sich hin und blies kühle Luft in ihre erhitzten Gesichter. In den großen Schweißperlen spiegelten sich die Beleuchtung und die vielen Dutzenden Monitore.
Die Kids schwiegen, wagten nicht laut zu atmen und starrten weiterhin zu Oxo.
Toll, dachten sie, wir haben also die Möglichkeit entweder auf dem Weg zu einem der Generatoren abgeschossen zu werden, oder während des Austritts aus dem Hyperraum uns in einer Sonne zu materialisieren. Oder auf hundert anderen Wegen zu sterben.
Oxo bemerkte davon nichts. Er hatte ihnen den Rücken zugedreht, steuerte zielstrebig der Schleuse entgegen, war schon fast aus der Simulationszentrale heraus, als er sich doch noch einmal umdrehte. Erst da registrierte er, dass sie ihm nicht folgten. Ihm nur sprachlos hinterher sahen.
Er drehte sich um, kam ihnen wieder ein Stück entgegen. Aber sie blieben wo sie waren.
„Was ist mit euch? Stimmt etwas nicht?“
Allerlei Sachen gingen ihnen durch den Kopf. Darüber sprechen konnten sie aber nicht. Jeder jagte für sich seinen eigenen Gedanken nach. Allen voran beschäftigte sie die Frage, warum Oxo sie so hetzte. Es bestand doch keine akute Gefahr, oder? Beim letzten Mal drohte der Mond auf Yxus zu stürzen. Das war diesmal nicht der Fall. Seit dem Gefecht in Yxyndors Bergfestung hatten sie nichts mehr von ihm gehört. Warum also hetzte er sie so?
„Eigentlich wollen wir das auch von dir wissen!“, beendete Marcel endlich das Schweigen.
„Wie?“ Oxo verstand nicht.
„Was ist mit dir los?“, fragte Nicole und trat auf ihn zu. Abrupt blieb er stehen.
„Ja, was ist mit dir? Du jagst uns hierhin, dahin, dorthin. Und gibst uns nicht einmal die leiseste Erklärung. Warum? Was soll das?“
„Ich …“
„Wir folgen dir überall hin. Du bist unser Freund, unser Vertrauter. Aber du musst uns auch vertrauen und uns sagen was du machen willst!“
Er starrte ihnen entgegen. Diesmal war es an ihm still zu stehen, die anderen auf sich zukommen zu lassen. Zwei Sekunden dauerte es, dann waren sie bei ihm. Jetzt nahmen sie ihn in ihre Mitte.
„Du glaubst, wir sind die Auserwählten …“
„Davon bin ich überzeugt“, fiel er Mike ins Wort.
„… dann behandele uns auch so! Sag uns, was dir durch den Kopf geht! Sag, was du planst! Dann werden wir dir auch helfen.“
„Dann werden wir Yxus helfen“, schlossen Nicole und Jenni an.
Endlich erkannte Oxo was sie wollten. Sie wollten nicht im dunklen tappen. Er hatte sie von der Erde geholt. Ganz Yxus setzte seine Hoffnung in diese fünf Kids. Darum wollten sie wissen, was er plante, was er als nächstes machen wollte.
„Sorry“, kam es da von ihm, „mein Gefühlschip ist wohl noch nicht auf hundert Prozent, was?“
„Schwamm drüber. Nun sag uns was Sache ist!“
„Wir gehen ins Raumfahrtzentrum und stellen weitere Berechnungen an.“
Kapitel 9
Kapitel 9
Was die Komplexität dieser Aufgabe angeht hatte Oxo wahrlich nicht gelogen. Schon seit Tagen waren sie hier, warteten in dieser Zeit geduldig bis Oxo seine Berechnungen fertig hatte, spielten sie anschließend in den Hyperflugsimulator ein und mussten dann dabei zusehen wie der Jäger crashte. Ein ums andere Mal.
Die Laune sank allmählich in den Keller. Bei allen. Selbst die Techniker stellten trübsinnige Gesichter zur Schau. Anfangs waren sie noch hellauf begeistert. Die Aussicht mit den Auserwählten zusammen zu arbeiten, ließ sie zuversichtlich und optimistisch ans Werk gehen. Aber mit den Tagen wurde es weniger, seit heute stand es ihnen überdeutlich in den Blicken. Sie hatten die Hoffnung aufgegeben. Die Barriere war einfach nicht klein zu kriegen.
Eben sauste einer vorbei. Er rannte so schnell, dass sein Kittel hinter seinem Rücken wie eine Fahne im Wind wehte. Sein Kopf war hochrot und seine Augen den Tränen nahe.
Oh nein, sie zweifelten nicht an den Auserwählten, von denen waren sie überzeugt. Sie glaubten, wenn sie scheiterten, musste es an ihnen liegen, nur an ihnen. Die Auserwählten tragen keine Schuld. Das waren ausnahmslos sie selbst.
Nicole und Jenni sahen ihm nach, wie er eben aus einer Schleuse trat, scharf nach rechts schwenkte und aus ihrem Sichtfeld verschwand.
„Was sollen wir machen?“, fragte Jenni aufs Geratewohl. Niemand antwortete ihr. Nicht einmal Oxo, der zum gefühlt tausendsten Male Zahlen in den Rechner hämmerte.
Ihr Blick verharrte noch einige Momente auf der Schleuse, erst dann wendete sie ihn ab und sah wieder zu Oxo runter.
Er saß immer noch an der Computerkonsole; seit Tagen schon, starrte den Zahlenreihen nach, die er eigenhändig eingegeben hatte, hoffte darauf, dass die Berechnungen erfolgsversprechender waren als die letzten, die Kids eine Chance hätten, während diese ihn wie Geier das Aas umkreisten und abwarteten.
„Wir können nichts machen“, sagte Marcel nach einer gefühlten Ewigkeit. „Uns sind die Hände gebunden. Wir müssen noch warten!“
„Worauf denn“, bellte Mike los. Ihn machte diese Situation am meisten zu schaffen. „Das Oxo durch Zufall einen Weg findet? Da können wir warten bis zum Sankt Nimmerleinstag.“
„Mike hat recht. Wir vertrödeln hier nur Zeit. So kriegen wir die Barriere nicht klein. Es muss einen anderen Weg geben.“
„Nein, Robin“, sagte Nicole mit ernstem Blick, „den gibt es nicht. Ihr habt gesehen, wie oft ich scheiterte. Es muss dieser Weg sein! Anders kommen wir nicht ran.“
„Wir kommen hier aber auch nicht weiter“, Robins Stimme war ungeduldig. Er verschränkte die Arme vor der Brust, den Blick finster vor sich ins Nichts gerichtet.
„Und ein Schuss ins Blaue ist unser Todesurteil“, entgegnete Nicole mit fester Stimme.
Darauf konnte Robin nichts entgegen. Sein Blick sank zu Boden, die Schultern hingen durch. Sie hatte ja recht, aber Geduld war nun mal nicht seine Stärke
„Das ist es“, brüllte auf einmal Oxo unvermittelt los. Er sprang von seinem Hocker hoch, auf dem er die letzten Tage gesessen hatte, selbst mitten in der Nacht, wenn die Kids und die anderen Techniker schliefen, saß er da. Bis eben. Jetzt stand er kerzengerade da und wiederholte noch einmal, „das ist es.“ Das hätte es nicht gebraucht. Jeder im Raum war sofort hellhörig, angefangene Arbeiten wurden unterbrochen, jeder näherte sich Oxo und den Kids.
„Was ist?“, schallte dutzende Male durch die Luft.
Nach nur wenigen Sekunden hatten sich alle um ihn versammelt. Die vielen hundert Schritte dahin waren gegangen, es herrschte wieder Stille. Alles hatte sich eingefunden, bildete einen Kreis, in dessen Mitte Oxo stand, der wie ein Verrückter auf seinen Monitor starrte. Er ließ sich sogar zu einem Händeklatschen mitreißen. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Doch davon