Морган Райс

Ein Klagelied für die Prinzessin


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Witwe. Es war ein weiterer kleiner Schock für Angelica. Wie konnten Bauernleute wie Sophia und ihre Schwester jemanden wie den Herrscher von Ishjemme kennen?

      „Ich habe getan, was Sie wollten“, sagte Angelica. Selbst für sie klang das verteidigend.

      „Erwartest du Lohn?“, fragte die Witwe. „Vielleicht eine Belohnung? Ein netter Titel, den du noch zu deiner Sammlung hinzufügen kannst, vielleicht?“

      Angelica gefiel es nicht, dass jemand so mit ihr sprach. Sie hatte alles getan, was die Witwe gefordert hatte. Sophia war tot und Sebastian würde bald zu Hause sein, bereit, sie zu akzeptieren.

      „Ich habe gerade deine Hochzeit bei der Vereinigung der Adligen bekannt gegeben“, sagte die Witwe. „Ich glaube, das meinen Sohn zu heiraten, genug Belohnung ist.“

      “Mehr als genug”, sagte Angelica. „Wird Sebastian es dieses Mal akzeptieren?“

      Die Witwe kam näher und Angelica musste sich zwicken, um nicht zurückzuzucken, als die alte Frau ihre Wange tätschelte.

      „Ich bin mir sicher, dass ich dir gesagt habe, dass das dein Job ist. Lenke ihn ab. Verführe ihn. Geh auf die Knie vor ihm und bettele, wenn es sein muss. Meine Boten sagen, dass er in Trauer und auf dem Weg nach Hause ist. Dein Job wird es sein, ihn all das vergessen zu lassen. Nicht mein Job, deiner. Mache einen guten Job Angelica.“ Die Witwe zuckte zusammen. “Und jetzt raus. Ich habe Dinge zu tun. Ich muss sichergehen, dass du Sophia wirklich erledigt hast, ein für alle Mal.”

      Die Entlassung war so abrupt, dass es schon unhöflich war. Bei jedem andere wäre das genug um eine Strafe zu rechtfertigen. Bei der Witwe gab es nichts, das Angelica tun konnte und das machte es nur noch schlimmer.

      Dennoch würde sie das tun, was die alte Frau forderte. Sie würde Sebastian ihrs machen, sobald er nach Hause kam. Sie würde bald nach der Hochzeit Königin sein und diese Erhebung wäre mehr als ausreichend als Belohnung.

      In der Zwischenzeit nagte die Unsicherheit der Witwe über Sophia an ihr. Angelica hatte sie getötet, sie war sich sicher, aber …

      Aber es würde nicht schaden herauszufinden, was sie über Ereignisse in Ishjemme herausfinden konnte, nur um sicher zu sein. Sie hatte immerhin mindestens einen Freund dort.

      KAPITEL SECHS

      Sophia konnte das rhythmische Schaukeln des Schiffs irgendwo unter sich fühlen, aber das war weit weg, am Rande ihrer Wahrnehmung. Solange sie sich nicht konzentrierte, war es schwer sich daran zu erinnern, dass sie auf einem Schiff war. Sie konnte das einfach nicht finden, auch wenn es der letzte Ort war, an den sie sich erinnerte gewesen zu sein.

      Stattdessen schien sie an einem schemenhaften Ort zu sein, gefüllt mit Nebel, der sich bewegte und waberte, gebrochenes Licht fiel hindurch, sodass es eher wie ein Geist einer Sonne schien, als die Wirklichkeit. In dem Nebel hatte Sophia keine Ahnung, wo vorne war oder wohin sie gehen sollte.

      Dann hörte sie das Weinen eines Kindes, dass viel klarer durch den Nebel kam, als das Sonnenlicht. Etwas sagte ihr instinktiv, dass dieses Kind ihres war und dass sie es holen musste. Ohne zu zögern, ging Sophia auf den Nebel zu und rannte hindurch.

      „Ich komme“, versicherte sie ihrem Kind. „Ich werde dich finden.“

      Es weinte weiter, aber jetzt hatte der Nebel das Geräusch verzerrt, und es schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen. Sophia nahm eine Richtung, drängte wieder vorwärts, aber es schien, dass jede Richtung die sie nahm, falsch war und sie nicht näher herankam.

      Der Nebel lichtete sich und Formen bildeten sich um sie herum, so perfekt wie Aufführungen auf der Bühne. Sophia sah sich selbst bei der Geburt schreien, ihre Schwester hielt ihre Hand, während sie ein Leben in die Welt brachte. Sie sah sich selbst mit dem Kind im Arm. Sie sah sich selbst tot mit einem Physiker der neben ihr stand.

      “Sie war nicht stark genug nach dem Angriff”, sagte er zu Kate.

      Das konnte nicht richtig sein. Es konnte nicht wahr sein, wenn die anderen Szenen wahr waren. Das konnte passieren.

      „Vielleicht ist nichts davon wahr. Vielleicht ist es nur Vorstellung. Oder vielleicht die Möglichkeiten und nichts ist entschieden.“

      Sophia erkannte Angelicas Stimme sofort. Sie drehte sich um und sah die andere Frau mit einem blutigen Messer in der Hand dort stehen.

      „Du bist nicht hier“, sagte sie. „Du kannst nicht hier sein.“

      „Aber dein Kind schon?“, entgegnete sie.

      Sie trat nach vorne und stach Sophia, der Schmerz durchfuhr sie wie Feuer. Sophia schrie … und sie war alleine, stand im Nebel.

      Irgendwo entfernt hörte sie ein Kind schreien, sie ging in die Richtung, weil sie instinktiv wusste, dass es ihr Kind war, ihre Tochter. Sie rannte, versuchte das Weinen einzuholen, obwohl sie das Gefühl hatte, dass sie das schon vorher getan hatte…

      Sie fand Szenen aus dem Leben eines Mädchens um sie herum. Ein Kind spielte, sicher und glücklich, Kate lachte zusammen mit ihm, weil sie beide ein gutes Versteck unter den Stufen gefunden hatten und Sophia sie nicht finden konnte. Ein Kind, das gerade noch rechtzeitig aus dem Schloss geholt wurde, Kate, die gegen ein Dutzend Männer kämpfte, sie ignorierte den Speer in ihrer Seite, sodass Sophia mit ihr laufen konnte. Dasselbe Kind alleine in einem leeren Zimmer, keine Eltern dort.

      „Was ist das?“, fragte Sophia.

      “Nur du würdest so etwas davon verlangen”, sagte Angelica, und trat wieder aus dem Nebel. „Du kannst nicht einmal einfach einen Traum haben, er muss voll mit Vorzeichen und Zeichen sein.“

      Sie trat nach vorne und Sophia hob eine Hand, um zu versuchen sie aufzuhalten, aber das hieß nur, dass das Messer unter ihre Achsel stach, anstatt sauber durch ihre Brust.

      Sie stand in dem Nebel, ein Kind weinte um sie herum…

      “Nein”, sagte Sophia und schüttelte ihren Kopf. „Ich werde nicht weiter so herumlaufen. Das ist nicht echt.“

      „Es ist echt genug, dass du hier bist“, sagte Angelica, ihre Stimme kam als Echo vom Nebel.

      „Wie fühlt es sich an, tot zu sein?“

      “Ich bin nicht tot”, sagte Sophia. „Das kann nicht sein.“

      Angelicas Lachen hallte wie das Weinen des Kindes zuvor. „Du kannst nicht tot sein?

      Weil du so besonders bist, Sophia? Weil die Welt dich so sehr braucht? Lass mich dich noch einmal daran erinnern.“

      Sie trat aus dem Nebel und jetzt standen sie nicht mehr im Nebel, sondern in der Kabine des Bootes. Angelica trat nach vorne, der Hass auf ihrem Gesicht war so offensichtlich, als sie das Schwert erneut in Sophia stach. Sophia keuchte, fiel hin und fiel in Dunkelheit, als sie hörte, wie Sienne Angelica angriff.

      Dann war sie wieder im Nebel und stand dort, während er um sie herum schimmerte.

      „Ist das jetzt tot?“, fragte sie, wissend, dass Angelica zuhören würde. „Wenn ja, was machst du dann hier?“

      “Vielleicht bin ich auch tot”, sagte Angelica. Sie trat wieder ins Blickfeld. „Vielleicht hasse ich dich so sehr, dass ich dir gefolgt bin. Oder vielleicht bin ich einfach alles, was du auf der Welt hasst.“

      „Ich hasse dich nicht“, sagte Sophia.

      Sie hörte Angelica lachen. „Nein? Du hasst es nicht, dass ich in Sicherheit aufgewachsen bin, während du im Haus der Herrenlosen warst? Das jeder mich am Hof akzeptiert, während du fliehen musstest? Dass ich Sebastian ohne Probleme heiraten hätte können, während du weglaufen musstest?“

      Sie trat wieder nach vorne, aber dieses Mal stach sie Sophia nicht. Sie ging an ihr vorbei und verschwand im Nebel. Der Nebel schien sich selbst wieder zusammenzusetzen, als