Морган Райс

Schurkin, Gefangene, Prinzessin


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beizukommen. Ceres hatte das Gefühl, dass ihre Rippen unter dem Druck bald brechen würden, die Brustplatte krächzte bereits unter der Kraft der Kreatur. Sie spürte seine Klauen über ihren Rücken und ihre Beine kratzen und grausame Schmerzen rollten über sie.

      Sein Fell war zu dick. Ceres stach immer und immer wieder auf das Tier ein, doch sie merkte, dass die Spitze kaum sein Fleisch durchdrang. Es zog an ihr, seine Klauen schürften über jeden Fetzen blanker Haut.

      Ceres schloss die Augen. Sie griff mit allem was sie hatte nach der Kraft in ihr, ohne zu wissen, ob es funktionieren würde.

      Sie spürte einen Energieball. Sie ballte ihre Kraft, sandte sie in den Speer und rammte ihn dem Biest dorthin, wo sie hoffte sein Herz zu treffen.

      Das Biest schrie und ließ von ihr ab.

      Die Menge tobte.

      Ceres wandte sich vor Schmerzen, kroch unter dem Biest hervor und stand mit wackeligen Beinen auf. Sie blickte zu dem Tier hinab, der Speer ragte aus seinem Herzen und es rollte sich heulend hin und her, während es Laute ausstieß, die angesichts seiner Größe jämmerlich wirkten.

      Dann erschlaffte es und starb.

      „Ceres! Ceres! Ceres!“

      Das Stadion wurde erneut vom Jubel erfüllt. Wohin Ceres auch blickte, überall riefen Menschen ihren Namen. Adlige und das gewöhnliche Volk schienen in diesem Jubel vereint und verloren sich in diesem Moment des Sieges.

      „Ceres! Ceres! Ceres!“

      Sie genoss die Aufmerksamkeit. Es war unmöglich, sich dieser Schmeichelei zu entziehen. Ihr Körper schien den Puls der Menge, die sie umgab, aufzunehmen und sie breitete ihre Arme aus und sog die Stimmung in sich ein. Sie drehte sich langsam im Kreis, beobachtete die Gesichter derjenigen, die sie gestern noch nicht einmal gekannt hatten und sie jetzt anbeteten als wäre sie die einzige Person auf der Welt, die ihnen wichtig war.

      Ceres war so sehr in dem Moment gefangen, dass sie die Schmerzen, die ihr die Wunden bereiteten, kaum wahrnahm. Ihre Schulter schmerzte und sie berührte sie mit der Hand. Sie war noch feucht und das Blut sah im Sonnenlicht hellrot aus.

      Ceres starrte einige Sekunden auf den Fleck. Die Menge rief noch immer ihren Namen, doch das Pochen des Herzens in ihren Ohren war plötzlich lauter geworden. Sie blickte zur Menge hinauf und erst jetzt bemerkte sie, dass sie kniete. Sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann sie auf die Knie gesunken war.

      Aus dem Augenwinkel konnte Ceres Paolo auf sie zu rennen sehen, doch er schien in weiter Ferne zu sein, so als würde es nichts mit ihr zu tun haben. Blut tropfte von ihren Fingern in den Sand und färbte ihn dunkel. Sie hatte sich noch nie so schwindelig gefühlt, ihr war noch nie so leicht zumute gewesen.

      Das letzte, an das sie sich erinnern konnte, war, wie sie mit dem Gesicht zuerst nach vorne überkippte und auf dem Boden der Arena mit dem Gefühl landete, sich nie wieder bewegen zu können.

      KAPITEL ZWEI

      Thanos öffnete langsam die Augen. Verwirrt bemerkte er die Wellen, die über seine Knöchel und Handgelenke schwappten. Unter ihm konnte er den körnigen weißen Sand von Haylons Stränden spüren. Salzwasser drang gelegentlich in seinen Mund und erschwerte ihm das Atmen.

      Thanos blickte den Strand hinab, unfähig irgendetwas anderes zu wagen. Schon das bereitete ihm Mühe, denn er verlor immer wieder das Bewusstsein. Er glaubte in der Ferne Flammen und Kampfgeräusche wahrzunehmen. Schreie erreichten ihn zusammen mit dem Klang von aufeinanderprallendem Stahl.

      Die Insel, erinnerte er sich. Haylon. Ihr Angriff hatte begonnen.

      Warum lag er also hier im Sand?

      Es brauchte einen Moment bis er den Schmerz in seiner Schulter richtig deuten konnte. Er erinnerte sich und fuhr bei dem Gedanken daran zusammen. Der Moment, in dem das Eisen von hinten in seine Schulter gedrungen war, fiel ihm ein. Er erinnerte sich an das Entsetzen über den Betrug des Typhoons an ihm.

      Der Schmerz brannte in Thanos und breitet sich wie eine wuchernde Pflanze über seinem Rücken aus. Jeder Atemzug schmerzte. Er versuchte seinen Kopf zu heben – doch ihm wurde schwarz vor Augen.

      Als Thanos wieder zu Bewusstsein kam, lag er mit dem Gesicht nach unten im Sand und der einzige Hinweis darauf, dass er eine Weile ohne Bewusstsein gewesen sein musste, war der höhere Gezeitenstand und das Wasser, das nun seine Hüfte und nicht mehr nur seine Knöchel umspülte. Er schaffte es endlich den Kopf so weit zu heben, dass er die anderen Körper um ihn herum sehen konnte. Der Tod hatte in diesem Fleckchen der Welt Einzug gehalten und soweit er blicken konnte die weißen Sandstrände unter seine Gewalt gebracht. Er sah gefallene Männer in Reichsrüstungen und er sah unter den Leichen auch die derjenigen, die versucht hatten, ihre Heimat zu verteidigen.

      Der Gestank von Leichen drang Thanos in die Nase und er hatte Mühe, sich nicht zu übergeben. Niemand hatte die Gefallenen in Freund und Feind geteilt. Solche Nettigkeiten konnten bis nach der Schlacht warten. Vielleicht würde das Reich auch darauf warten, dass die Flut ihm diese Aufgabe abnahm; sein Blick wurde auf das rot-schimmernde Wasser gelenkt und Thanos konnte bereits Flossen im Wasser sehen. Noch keine großen Haie – eher Räuber als Jäger – doch wie groß mussten sie werden, damit sie ihn verschlingen konnten?

      Thanos spürte einen Anflug von Panik. Er versuchte mit Hilfe seiner Arme an den Strand zu robben. Er zog sich eine halbe Körperlänge nach vorne und schrie vor Schmerzen.

      Wieder wurde ihm schummrig.

      Als er wieder zu sich kam, lag Thanos auf seiner Seite und blickte auf zwei Figuren, die so nah neben ihm hockten, dass er sie hätte berühren können, wenn er dazu die Kraft gehabt hätte. Sie sahen nicht wie Reichssoldaten aus, nicht einmal wie Soldaten, schließlich hatte Thanos lange genug unter Kriegern gelebt, so dass er den Unterschied erkennen konnte. Der junge und der alte Mann sahen eher wie Bauern aus, gewöhnliche Menschen, die wahrscheinlich geflohen waren, um sich vor der Schlacht in Sicherheit zu bringen. Das hieß nicht, dass sie weniger gefährlich waren. Beide hielten Messer in der Hand und Thanos fragte sich, ob die beiden nicht genauso Räuber waren wie die Haie im Meer. Er wusste von jenen, die nach der Schlacht Leichen plünderten.

      „Der hier atmet noch“, sagte der erste von ihnen.

      „Das sehe ich. Schneid ihm einfach den Hals durch und dann ist gut.“

      Thanos’ Körper spannte sich an und bereitete sich auf einen Kampf vor, auch wenn es nichts gab, was er hätte tun könnte.

      „Schau“, sagte der Jüngere. „Jemand hat ihn von hinten überfallen.“

      Thanos sah, dass der ältere Mann bei diesen Worten seine Stirn leicht in Falten legte. Er stellte sich hinter Thanos und verließ so sein Sichtfeld. Thanos gelang es, ein Schreien zu unterdrücken, als der Mann die Stelle berührte, aus der noch immer frisches Blut sickerte. Er war ein Prinz des Reiches. Er würde keine Schwäche zeigen.

      „Ich glaube du hast Recht. Hilf mir, ihn in Sicherheit vor den Haien zu bringen. Die Anderen werden das sehen wollen.“

      Thanos sah, wie der jüngere Mann nickte und gemeinsam gelang es ihnen, ihn in seiner Rüstung aufzuheben. Doch dieses Mal entfuhr Thanos ein Schrei, denn der Weg an den Strand bereitete ihm große Schmerzen.

      Sie ließen ihn wie Treibholz dort liegen, wo der Sand trocken war und die Flut noch nicht ihre Spuren hinterlassen hatte. Sie liefen davon, doch Thanos war vom Schmerz so überwältigt, dass er ihnen nicht nachblickte.

      Es schien ihm unmöglich abzuschätzen, wieviel Zeit vergangen war. Er hörte noch immer das Toben der Schlacht im Hintergrund, das Heulen von Gewalt und Wut, die geballten Schreie und Signalhörner. Eine Schlacht konnte in Minuten aber auch Stunden geschlagen werden. Sie konnte beim ersten Angriff entschieden sein oder sich fortschleppen bis keine Seite mehr die Kraft hatte und die Kämpfer nur noch davonstolperten. Thanos hatte keinen Anhaltspunkt, zu welcher Art diese Schlacht tendierte.

      Schließlich näherte sich ihm eine