Osborne
Das magische Baumhaus – Der Schatz der Piraten
Zu spät!
Philipp starrte aus dem Fenster seines Zimmers. Es regnete und regnete.
„Im Fernsehen haben sie gesagt, dass es nachmittags aufhört“, sagte Anne, seine siebenjährige Schwester.
„Es ist schon Nachmittag“, antwortete Philipp.
„Aber wir müssen doch zum Baumhaus!“, sagte Anne, „ich bin sicher, dass dieser ,M‘ heute da sein wird.“
Philipp rückte seine Brille zurecht und holte tief Luft. Er war sich gar nicht so sicher, ob er diesen „M“ jetzt überhaupt schon kennenlernen wollte. Diesen geheimnisvollen Jemand, der all die Bücher in das Baumhaus gelegt hatte.
„Komm schon“, sagte Anne.
Philipp seufzte. „Na gut. Bring du unsere Regenmäntel und Gummistiefel. Ich hole das Medaillon und das Lesezeichen.“
Anne rannte los, um die Regensachen zu holen.
Philipp griff in die Schublade seiner Kommode und nahm das Medaillon heraus. Es war aus Gold und hatte den Buchstaben M eingraviert.
Dann nahm er das Lesezeichen in die Hand. Es war aus blauem Leder und hatte das gleiche M darauf. Und diese beiden M sahen genauso aus wie das auf dem Fußboden des Baumhauses.
Philipp steckte das Medaillon und das Lesezeichen in seinen Rucksack und packte auch sein Notizbuch und einen Stift ein.
„Ich habe die Regensachen!“, rief Anne.
Philipp nahm seinen Rucksack und ging die Treppe hinunter. Anne wartete an der Verandatür und zog sich schon die Stiefel an.
„Ich warte draußen auf dich“, sagte sie.
Philipp schlüpfte in seine Regenjacke und in die Stiefel, setzte seinen Rucksack auf und ging auch hinaus.
Ein kräftiger Wind blies.
„Auf die Plätze, fertig, los!“, rief Anne.
Mit gesenkten Köpfen liefen sie durch den regnerischen Wind.
Nach kurzer Zeit waren sie im Wald von Pepper Hill.
Sie planschten durch die Pfützen, bis sie unter der höchsten Eiche im Wald standen. Sie blickten nach oben. Hoch über ihnen, zwischen zwei Ästen, war das Baumhaus. Gegen den stürmischen Himmel sah es dunkel und verlassen aus. Die Strickleiter, die von dem Baumhaus herunterhing, schwankte im Wind.
Philipp dachte an all die Bücher dort oben. Hoffentlich wurden die nicht nass.
„‚M‘ ist bestimmt auch da“, sagte Anne.
„Wie kommst du darauf?“, fragte Philipp.
„Das spüre ich“, flüsterte Anne.
Sie ergriff die Strickleiter und begann hinaufzuklettern. Philipp folgte ihr.
Oben im Baumhaus war es kühl und feucht. Aber die Bücher waren trocken geblieben. Sie waren alle ordentlich an der Wand entlang gestapelt – genauso wie gestern.
Anne nahm das oberste Buch vom Stapel – mit diesem Ritter-Buch waren sie ins Mittelalter gereist.
„Weißt du noch, der Ritter?“, fragte sie.
Philipp nickte. Er würde den Ritter, der ihnen geholfen hatte, nie vergessen.
Anne legte das Ritter-Buch zurück und nahm das nächste Buch vom Stapel. Es war das Dinosaurier-Buch, das sie in die Urzeit gebracht hatte.
„Erinnerst du dich?“, fragte sie.
Philipp nickte. An das Pteranodon, das sie vor dem Tyrannosaurus Rex gerettet hatte, würde er sich immer und ewig erinnern!
Dann hielt Anne das Buch über das alte Ägypten hoch.
„Miau!“, sagte sie.
Philipp lächelte. Das Ägypten-Buch hatte sie zu den Pyramiden ins alte Ägypten gebracht. Dort hatte sie eine schwarze Katze aus der dunklen Pyramide hinausgeführt.
„Und hier ist das Buch über zu Hause“, sagte Anne.
Sie hielt das Buch hoch, in dem die Fotos von ihrer Heimatstadt abgebildet waren: Pepper Hill, Pennsylvania.
Philipp lächelte wieder. Das Pennsylvania-Buch hatte ihn und Anne nach jedem ihrer Abenteuer wieder zurück nach Hause gebracht.
Philipp seufzte. Wer war bloß dieser „M“, der all die Bücher hierher gebracht hatte? Ob der Ritter, das Pteranodon und die Katze diesen „M“ kannten? Schließlich griff Philipp in seinen Rucksack und holte das goldene Medaillon und das lederne Lesezeichen heraus. Er legte sie auf den Fußboden, dorthin, wo das M ganz schwach auf dem Holz leuchtete.
Regen wehte ins Baumhaus.
„Brrr!“, machte Anne. „Es ist nicht besonders gemütlich heute.“
Philipp nickte. Es war zu kalt und zu nass.
„Sieh mal.“ Anne deutete auf ein offenes Buch in der Ecke. „Ich kann mich nicht erinnern, dass dieses Buch gestern aufgeschlagen war.“
„Ich mich auch nicht“, meinte Philipp erstaunt.
Anne nahm das Buch in die Hand und starrte das Bild auf der aufgeschlagenen Seite an.
„Hey, das sieht ja echt toll aus da!“ Sie zeigte Philipp das Bild.
Er sah einen sonnigen Strand. Ein großer grüner Papagei saß in einer Palme und auf dem blauen Meer segelte ein Schiff.
Wieder blies eine Windböe Regen in das Baumhaus.
Anne deutete auf das Bild. „Ich wünschte, wir wären dort und nicht hier!“
„Ja“, sagte Philipp, „aber wo ist dort?“
„Zu spät!“, krächzte es.
Anne und Philipp drehten sich schnell um. Auf einem Ast draußen vor dem Fensterbrett hockte ein grüner Papagei.
Er sah genauso aus wie der Papagei auf dem Bild.
„Zu spät!“, krächzte der Papagei noch einmal.
„Ein sprechender Papagei!“, rief Anne. „Heißt du vielleicht Polly? Darf ich dich Polly nennen?“
Plötzlich fing der Wind an zu pfeifen.
„Oh nein! Jetzt sitzen wir echt in der Klemme!“, rief Philipp.
Der Wind wehte stärker. Die Blätter zitterten. Das Baumhaus begann, sich zu drehen, schneller, immer schneller.
Philipp machte ganz fest die Augen zu. Dann war wieder alles ruhig. Vollkommen ruhig.
Philipp öffnete die Augen.
„Zu spät!“, krächzte Polly.
Am Meer
Philipp spürte das heiße Sonnenlicht, das in das Baumhaus fiel. Er roch Salzwasser. Er hörte das Geräusch von Wellen.
Anne und er sahen aus dem Fenster. Das Baumhaus war in einer Palme. Unten rauschte das leuchtend blaue Meer. Ein großes Segelschiff war am Horizont – alles sah aus wie auf dem Bild im Buch.
„Zu spät!“, krächzte Polly.
„Schau doch!“, rief Anne.
Polly zog einige Kreise über dem Baumhaus und flog dann hinunter zum Meer.
„Komm,