Гилберт Кит Честертон

G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr


Скачать книгу

regulär parlieren – und tjawoll! daß sie ebenso regulär denken. Aber das Wichtige für uns ist ja, daß sie regulär – verschwinden!«

      Syme nickte. Tatsächlich schrumpfte der schwarze Klex der Verfolger in dem Maße ein, in dem der Bauer sein Roß versohlte.

      Diese sonnenerhellte Höhe, die gleichwohl an sich Flachland war, fiel weiterhin hügelig, dünig gegen die See ab, nicht unähnlich den niedrigeren Böschungen der Sussexdünungen. Der Unterschied war nur der, daß in Sussex der Weg vielfach gebrochen und winkelig wie ein Bach gewesen wäre, wohingegen die freundliche französische Straße steil wie ein Wasserfall hinabschoß. Also klapperte die Karre in einem beträchtlichen Winkel geradeaus hinab, und ein paar Minuten später, wies steiler und noch immer steiler abfiel, sahst du unter dir den kleinen Hafen von Lancy und einen mächtigen blauen Bogen von der See. Die wandernde Wolke des Feindes aber, die verschwand ganz und gar unterm Horizont.

      Roß und Karre nahmen eine scharfe Ecke um eine Rüstergruppe, und die Nase des Pferdes stieß fast ins Gesicht eines alten Herrn, der auf einer der Bänke vor dem kleinen Kaffeehaus »Le Soleil d’Or« saß. Der Bauer brummte eine Entschuldigung und stieg von seinem Sitz herunter; und die übrigen kletterten einer nach dem andern gleichfalls herab und traktierten den alten Herrn mit fragmentarischen Höflichkeitsphrasen, dessen Umfang zur Evidenz zeigte, daß er der Eigentümer der kleinen Taverne war.

      Und das war ein weißhaariger, rot-und pausbackiger alter Knabe, mit schläfrigen Augen und einem grauen Schnurrbart. Fleischig, seßhaft und außerordentlich unschuldig, von einem Typ, den man in Frankreich öfters anfinden mag, der aber eigentlich im katholischen Deutschland zu Hause ist. Ein jedes Ding um ihn herum, seine Pfeife, sein Biertopf, seine Blumen und sein Bienenstock, atmeten altangestammten Frieden aus; nur – wie seine Gäste dann ins Gastzimmer eintraten und dabei aufsahen, sahen sie einen Säbel an der Wand.

      Der Colonel, der den Cafétier wie einen alten Kameraden begrüßte, trat als erster und eilends in das Gastzimmer ein, setzte sich und bestellte irgendeine herkömmliche Erfrischung. Aber die militärische Strammheit, mit der er solches tat, interessierte Syme; und also nahm er dicht bei ihm Platz und benutzte, wie der Cafétier hinausging, die Gelegenheit, seine Neugierde zu befriedigen.

      »Darf man fragen, Colonel«, sprach er leise, »warum Sie hierhergekommen sind?«

      Colonel Ducroix lächelte hinter seinem borstigen, weißen Schnauzbart.

      »Aus zwei Gründen, Herr«, sprach er. »Und ich will Ihnen erst, nicht den wichtigsten, aber den utilitarischsten mitteilen. Wir sind hierhergekommen, weil dieses in einem Umkreis von zwanzig Meilen der einzige Platz ist, wo Sie Pferde haben können.«

      »Pferde!« stotterte Syme nach und sah jäh auf. »Jawohl«, versetzte der andere, »Pferde! Wenn ihr Leute eure Feinde euch wirksam vom Leibe halten wollt, so tuns nur Pferde und sonst gar nichts – außer natürlich, ihr habt Fahrräder oder Motorwagen in der Tasche.«

      »Und was raten Sie uns, daß wir dann machen sollen?« fragte Syme unsicher.

      »Außer aller Frage«, versetzte der Colonel, »täten Sie am besten, so schnell wie möglich nach der Polizeistation draußen vor der Stadt zu gelangen. Mein Freund, dem ich, unter einigermaßen trügerischen Umständen sekundierte, scheint mir die Möglichkeiten eines Generalaufstandes denn doch sehr zu übertreiben; aber sogar er, glaube ich, dürfte nicht allzu lange mehr aufrecht erhalten, daß Sie mit Gendarmen nicht sicherer wären.«

      Syme nickte sehr; dann fragte er plötzlich: »Und Ihr anderer Grund – warum Sie hierherkamen?«

      »Mein anderer Grund, warum ich hierherkam«, sprach Ducroix gedämpft: »ist der: daß es wohltut, einen guten Menschen oder zwei zu sehen, wenn man ziemlich wahrscheinlich dem Tode nah ist.«

      Syme sah die Wand empor. Und sah ein roh gemaltes, aufgeblasen religiöses Bild. Dann sagte er: »Sie haben recht …« – und unmittelbar nachher – »Hat sich irgendwer nach Pferden umgesehen?«

      »Jawohl«, antwortete Ducroix. »Sie können ganz beruhigt sein. Ich gab den Moment, in dem ich eintrat, die Order. Jene Ihre Feinde machten mir zwar nicht den Eindruck, als ob sies allzu eilig hätten, aber dafür manövrierten sie wirklich wundervoll aufgeschlossen, wie eine bestgedrillte Armee. Ich hatte keine Ahnung, daß Anarchisten soviel Disziplin im Leibe haben würden. Sie dürfen keinen Augenblick zögern.«

      Während er noch redete, kam der alte Cafétier mit den blauen Augen und dem weißen Haar hereingetänzelt und meldete, draußen wären sechs Pferde gesattelt.

      Auf Ducroix’ Kat equipierten sich die fünf anderen mit transportablem Essen und Wein und rasselten, indem sie die Duelldegen als die einzigen aufzutreibenden Waffen schwangen, die steile, weiße Straße hinab. Die zwei Diener, die das Gepäck des Marquis, als er noch Marquis war, getragen hatten, wurden mit absoluter Stimmenmehrheit – und nicht sehr ohne ihre eigene Zustimmung – kaffeetrinkender Weise zurückgelassen.

      Um diese Zeit neigte sich die Nachmittagssonne gen Westen, und in ihren Strahlen sah Syme die handfeste Gestalt des alten Kaffeewirts kleiner und kleiner werden, und sah ihn aber immer noch stehn und ihnen nachschauen, viel Abendsonne in seinem Silberhaar. Syme hatte dabei die fixe, abergläubische Idee, die ihm die zufällige Phrase des Colonel eingegeben hatte: daß dies vielleicht in der Tat der letzte ehrbare Fremde war, den er auf Erden gesehen hatte …

      Und er sah sich immer noch und immer wieder nach der verschwindenden Gestalt um – als ein grauer Fleck (mit einer weißen Flamme zuhöchst) über der großen grünen Wand der steilen Düne hinter ihm auftauchte. Und wie er weiter hinstarrte, auf die Spitze der Düne hinter dem Kaffeewirt, da wars ein Haufen schwarz gekleideter – marschierender Männer. Und die hingen über dem guten Mann und seinem Hause wie eine schwarze Wolke Heuschrecken … Die Pferde waren mithin gar nicht viel zu früh gesattelt worden.

      Das zwölfte Kapitel.

       Die ganze Erde in Anarchie

       Inhaltsverzeichnis

      Und sie spornten die Gäule zum Galopp an; und, indem sie den schroffen Abhang nicht im geringsten respektierten, gewannen Roß und Reiter bald den alten Vorsprung vor jener Truppe zu Fuß zurück. Und an den ersten Häusern von Lancy gar verlor die Kavalkade ihre Verfolger gänzlich aus dem Gesicht. Nichtsdestoweniger hatte der Ritt eine ganze Weile gedauert, und als man die Stadt erreichte, erglühte der Westen in Abendsonne und Sonnenuntergang. Der Colonel schlug vor, man sollte, eh man endgültig nach der Polizeistation sich aufmachte, doch erst noch im Vorbeigehn versuchen, Anschluß an eine etwas individuellere Persönlichkeit zu finden, die eventuell sehr von Nutzen sein könnte.

      »Vier von den fünf reichen Leuten in dieser Stadt«, sprach er, »sind ganz gemeine Betrüger, Gauner und Schwindler. Ich behaupte übrigens, daß dieses Verhältnis in der ganzen Welt hübsch das gleiche sein dürfte. Der fünfte aber, das ist ein Freund von mir und ein sehr feiner Kerl. Und was für uns von besonderer Wichtigkeit ist – er besitzt einen Motorwagen.«

      »Ich fürchte nur«, sprach der Professor auf seine lustige Art und blickte die weiße Straße zurück, an deren Ende der schwärze, wimmelnde Fleck jeden Moment auftauchen konnte, »ich fürchte nur, daß wir schwerlich viel Zeit zu Nachmittagskaffeekränzchenbesuch und -klatsch haben werden.«

      »Das Haus des Doktor Renard ist noch keine drei Minuten von hier«, sprach der Colonel.

      »Und unsere Gefahr«, sprach Dr. Bull, »noch keine zwei Minuten von hier.«

      »Ja«, sprach Syme, »wenn wir nur in diesem flotten Tempo weiterreiten, lassen wir sie unbedingt weit zurück. Indem die doch zu Fuß sind!«

      »Indem er aber einen Motorwagen hat!« sprach der Colonel.

      »Den wir doch nicht kriegen!« sprach Bull.

      »Wo Renard doch absolut auf Ihrer Seite steht!«

      »Aber