wieder zu konzentrieren, als sparsam damit umzugehen und in Panik zu geraten.
Soweit Iden wusste, war sie als Einzige diesem terroristischen Akt der Rebellen entkommen, der mehr als eine Million Opfer gefordert hatte. Sie musste ganz einfach überleben, allein schon, um jene zu ehren, die nicht so viel Glück gehabt hatten. Die nicht aus einem Impuls heraus dem Feind hinterhergejagt waren – eine Aktion, die eigentlich ein Fehler gewesen war, ihr jedoch unverhofft das Leben gerettet hatte.
Sie würde einen Weg zurück in den imperialen Raum finden und den Kampf gegen die Rebellenallianz fortsetzen, ganz gleich, wie lange es dauerte, diese Mistkerle vom Angesicht der Galaxis zu tilgen.
Die Kiefer aufeinandergepresst, die Augen entschlossen zusammengekniffen bereitete Iden Versio sich auf eine unsanfte Landung vor.
2. KAPITEL
„Sie … sie hat was?“
Lieutenant Junior Grade Gideon Hask – siebenundzwanzig, hochgewachsen, elegant, das einzige noch lebende Mitglied einer stolzen Familie hochrangiger imperialer Offiziere – war für gewöhnlich gefasst und ruhig, so wie es sich für jemanden seines Ranges gehört. Er handelte nie spontan, es sei denn, schnelles Handeln war nötig, und seine Stimme blieb stets wohlmoduliert und vollklingend – eine Stimme, die dazu gemacht war, Befehle zu geben, wie Gideon im Stillen dachte.
Als er das letzte Wort aussprach, mischte sich in seine ruhige Stimme jedoch ein rauer, freudiger Unterton.
Generalinspektor – nein, korrigierte Hask sich, der Mann war vor ein paar Tagen befördert worden – Admiral Garrick Versio hatte ihn ohne Erklärung in den Regierungsbezirk von Coruscants Imperial City gerufen, und nun zog er leicht die Brauen zusammen, ungehalten über den kurzen Aussetzer in Gideons professionellem Auftreten. Doch ausnahmsweise kümmerte es Hask nicht, was ein ranghöherer Offizier dachte.
„Ich sagte“, wiederholte Admiral Versio mit einem Anflug von Ungeduld in der Stimme, „dass Senior Lieutenant Versio überlebt hat.“
Gideon wankte leicht und musste sich an der Ecke des schwarz glänzenden Schreibtisches festhalten, an dem der Admiral saß – der Vater seiner besten Freundin.
Iden lebt.
„Wie bei den Sonnen …“ Eine Augenbraue des Admirals zuckte nach oben, und Gideon machte eine kurze Pause, um sich zu fassen. Er ließ den Schreibtisch los, richtete sich auf und atmete tief ein. „Wie kann das sein, Sir? Uns wurde gesagt, alle an Bord des Todessterns wären gestorben.“
Gerade mal drei Tage waren seit dieser unvorstellbaren Katastrophe vergangen, der Zerstörung der mächtigsten Waffe, die die Galaxis je gekannt hatte, und das Imperium hatte sich noch nicht von diesem Schlag erholt. Auch, wenn das natürlich niemand zugeben wollte. Es war leicht, all diese Fassungslosigkeit und den Schock und die Trauer zu nehmen und sie wie ein Stück Lehm zu formen, sie in Hass und kalten Zorn zu verwandeln. Rache – nein, nichts so Triviales … Gerechtigkeit. Ja, Gerechtigkeit für die Hunderttausenden Toten, das war jetzt der Fokus. Sie mussten Vergeltung für die Gefallenen üben, ihr Opfer ehren. Für Trauer war da keine Zeit.
Doch Gideon hatte um Iden getrauert, im Stillen, auf seine eigene Weise. Er hatte die Versios kennengelernt, als er nach Vardos geschickt worden war, um dort die Internatsschule für die zukünftigen Anführer des Imperiums zu besuchen. Vardos war eine glanzvolle und durch und durch imperiumstreue Welt im Jinata-System – ein System, das im gesamten Bereich dafür gerühmt wurde, wie effizient es seine Welten kontrollierte. Garrick Versio hatte als junger Mann die Aufnahme Vardos’ ins Imperium vorangetrieben, ein erfolgreicher und gewaltloser Prozess, der ihm die Bewunderung der Bevölkerung und die Gunst des Imperiums eingebracht hatte. Auf vielerlei Weise war Versio Vardos.
Gideon selbst war auf Kuat geboren und mit zehn zur Waise geworden, als ein Rebell in den Werften des Planeten eine Bombe zündete. Seine Eltern waren durch die Explosion ums Leben gekommen, und auch damals hatte Hask getrauert – ebenfalls im Stillen, ebenfalls auf seine eigene Weise, allein in seinem Zimmer in dem nunmehr schrecklich groß wirkenden Haus auf Kuat, während der wenigen Tage, bis sein gesetzlicher Vormund ihn an der Schule einschrieb.
Dieses Internat war ihm wohl als adäquater Ersatz für eine Familie erschienen. Natürlich war das nicht der Fall gewesen, aber im Lauf der Zeit hatte Gideon zu schätzen gelernt, wie den Schülern dort das Kindliche aberzogen wurde, um ihnen stattdessen wertvolle Fähigkeiten beizubringen. Und … er hatte dort Iden kennengelernt. Sie war ein paar Jahre jünger als er, und die Lehrer hatten ihn zu ihrem Tutor bestimmt, aber es hatte nicht lange gedauert, bis sie seinen Respekt gewann. Iden war durch und durch eine Versio, voller Entschlossenheit und trotz ihres jungen Alters davon besessen, die Beste zu sein. Später hatten sie gleichzeitig die imperiale Akademie auf Coruscant besucht – und dort war es dann Iden, die Gideon Nachhilfe geben musste.
Diese gemeinsame Vergangenheit hatte sie nicht zu Freunden gemacht – denn, wie die Leiterin des Internats, die Aqualishanerin Gleb, ihnen eingebläut hatte: Junge Imperiale waren keine „Freunde“, sie waren „Verbündete“ – , aber sie waren doch mehr als nur Kameraden. Da war ein verbissener, aber gleichzeitig seltsam respektvoller Wettkampf zwischen ihnen. Meist wurde Gideon zwar von Iden überflügelt, aber das minderte nicht seine Achtung vor ihr; falls überhaupt, spornte es ihn an, sich noch mehr Mühe zu geben. Was natürlich nicht bedeutete, dass es nicht trotzdem geschmerzt hatte, als sie eine der begehrten Positionen auf dem Todesstern ergatterte, während er, fünf Jahre älter und erfahrener, mit der TIE-Staffel an Bord des Sternzerstörers Vorstoß vorliebnehmen musste.
Bis zu diesem Moment hatte er geglaubt, dieser Posten, um den er sie so beneidet hatte, sei Idens Todesurteil gewesen. Er hatte seine Trauer mit niemandem geteilt. Weil er es nicht konnte und weil er es nicht wollte. So gut wie jeder, den er kannte, hatte Freunde oder Verwandte verloren, als der Todesstern unterging, aber keiner von ihnen schien so am Boden zerstört zu sein wie Gideon. Da war dieses riesige Loch, das Iden Versio in seinem Universum zurückgelassen hatte. Die einzige Konstante zu verlieren, die er während der letzten zehn Jahre gehabt hatte, und dann auch noch auf diese Weise … das hatte ihm mehr zugesetzt, als er je für möglich gehalten hätte.
Und nun traf ihn Admiral Versios Neuigkeit mit genau derselben unerwarteten Wucht. Iden lebte. Diese unterdrückte Freude wog sogar schwerer als das schwere Seufzen des Admirals – oder als der tiefe, grollende Unterton in seiner Stimme, als er erklärte: „Natürlich sind alle gestorben, die während dieses tragischen Ereignisses an Bord der Station waren. Aber Lord Vader, Lieutenant Versio und eine Handvoll anderer befanden sich nicht an Bord. Sie war zum Zeitpunkt der Explosion in ihrem TIE-Jäger.“
Vorsichtig sagte Gideon: „Dann gibt es inmitten dieser Tragödie doch etwas, wofür wir dankbar sein können.“
„Ich muss zugeben, ich war selbst ebenfalls erleichtert über die Nachricht.“
Das Geständnis überraschte Gideon – es war definitiv untypisch für den Admiral. Doch anstatt darauf einzugehen, fragte er: „Was ist passiert?“
„Laut ihrem Bericht wurde Lieutenant Versios TIE-Jäger beschädigt, aber sie schaffte es, auf dem vierten Mond von Yavin notzulanden. Sie blieb unbemerkt, bis sie die Rebellen um eines ihrer hyperraumfähigen Schiffe erleichtern konnte. Als sie wieder imperialen Raum erreicht hatte, identifizierte sie sich umgehend. Ihre Befragung ist inzwischen abgeschlossen und sie erholt sich auf Hosnian Prime.“
Als der Admiral ausgesprochen hatte, grinste Gideon, aber dann riss er sich zusammen und zwang einen neutralen Ausdruck auf seine Züge. Was hatte er von Iden auch anderes erwartet?
„Ziemlich beeindruckend – ein Beweis für die Qualität ihrer Ausbildung“, sagte er.
„So beeindruckend nun auch wieder nicht“, entgegnete der Admiral. „Lieutenant Versio meldete, dass die Rebellen durch ihre Siegesfeier abgelenkt waren.“ Seine Stimme triefte vor Verachtung. „Es gehört nicht gerade viel dazu, eine Handvoll betrunkener Wachen zu übertölpeln.“
Gideon kannte Versio fast schon sein ganzes Leben, und soweit er wusste, gab es