Die Arbeit am Langen Zügel
Vom Anfang bis zur Levade
Autor und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.
Copyright © 2014 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek
Gestaltung und Satz: www.ravenstein2.de Coverfoto: Shana Ritter
Fotos im Innenteil: Andreas Evertz, Maresa Mader, Shana Ritter, Dr. Thomas Ritter, Sandra Schneider
Grafiken: Alexandra Gaugl
Lektorat der Originalausgabe: Claudia Weingand
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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eISBN: 978-3-8404-6195-8
DANKE
Dr. Thomas Ritter mit Lipizzanerhengst Maestoso II Shama II. (Foto: Mader)
Ich möchte mich an dieser Stelle kurz bei all denen bedanken, die an der Verwirklichung des vorliegenden Buches beteiligt waren. Allen voran bei meiner Frau Shana, die mir seit vielen Jahren mit ihrer unermüdlichen Unterstützung zur Seite steht. In der gemeinsamen Arbeit mit den Pferden haben wir im Lauf der Jahre die in meinen Büchern beschriebene Ausbildungsmethode entwickelt. Shana hat im vorliegenden Buch vor allem den Kapiteln über Piaffe, Passage und Levade entscheidende Anstöße gegeben.
Saskia und Andreas Evertz, die Besitzer des Aischbachhofes, haben ihre wunderbare Reitanlage für viele der Fotos in diesem Buch zur Verfügung gestellt und uns auch sonst trotz ihrer großen Arbeitsauslastung immer in jeder Hinsicht tatkräftig unterstützt. Darüber hinaus sind ihre PRE Hengste Amigo, Mulan, Kabul, der PRE Wallach Furia sowie ihr Friesenhengst Richold auf den Fotos abgebildet.
EINLEITUNG
Lipizzanerhengst Maestoso II Catrina (Foto: Shana Ritter)
Ich beschäftige mich mittlerweile seit fast drei Jahrzehnten mit der Arbeit am Langen Zügel. Ich hatte das Glück, dass meine Lehrer ausgesprochene Könner in diesem Metier waren und mir sowohl ihr Wissen als auch ihre Leidenschaft dafür mitgegeben haben. Im Lauf der Jahre habe ich sehr viele Pferde der verschiedensten Typen und Rassen am Langen Zügel gearbeitet und einige davon bis in die höchsten Klassen ausgebildet. Ich habe dabei sehr viel über die individuellen Pferde und über die Dressurausbildung im Allgemeinen gelernt. Auch meine Fertigkeiten im Sattel haben durch diese Arbeit über die Jahre und Jahrzehnte hinweg wichtige Impulse erhalten. Die Arbeit am Langen Zügel wurde nach und nach zu einer meiner Spezialitäten, die ich auch immer wieder in Schaunummern vor Publikum vorgestellt habe. Alle meine Erfahrungen und Beobachtungen habe ich jetzt in dem vorliegenden Buch verarbeitet, welches schon seit Langem geplant war und sich jetzt endlich realisieren ließ.
Unterschied zum Einfahren
Die Arbeit am Langen Zügel ist traditionell eine Form des Reitens, nicht des Fahrens, wie mancherorts fälschlich angenommen wird. Daher sagt man zum Beispiel auch, dass man eine Wendung oder eine Lektion am Langen Zügel reitet. Die Arbeit am Langen Zügel wirkt versammelnd und wird vorwiegend im versammelten Trab und Galopp ausgeführt. Daher eignet sie sich im Unterschied zur Fahrschule vom Boden auch nicht für sehr junge Pferde.
Fahrpferde werden beim Einfahren vom Boden aus mit den Fahrleinen geführt, wobei der Fahrer einen relativ großen Abstand zum Pferd hält. Im Unterschied zum Langen Zügel wird beim Einfahren sehr viel im Schritt gearbeitet. Das Pferd trägt das Fahrgeschirr und den Fahrzaum. Es werden nur gerade Linien und einfache Wendungen geübt.
Am Langen Zügel dagegen geht der Reiter auf Tuchfühlung mit dem Pferd, das nur auf Trense gezäumt ist. Der Lange Zügel ist kürzer als die Fahrleinen. Das Pferd kann alle Gänge und Bahnfiguren der hohen Schule, einschließlich der Seitengänge, fliegenden Wechsel, Pirouetten, Piaffe und Passage am Langen Zügel erlernen.
Unterschied zur Doppellongenarbeit
Die Arbeit am Langen Zügel unterscheidet sich auch von der Doppellongenarbeit, bei der das Pferd in der Regel einen Longiergurt trägt, durch dessen Ringe die beiden Longen geführt werden. An der Doppellonge befindet sich der Ausbilder meist auf der Mittellinie neben dem Pferd, das auf dem Zirkel um ihn herumgeht. Der Zirkel kann dann an der langen Seite entlang auf und ab verschoben werden. Das Pferd wird hier wie am Langen Zügel meist im Trab und Galopp gearbeitet.
Der Versammlungsgrad ist jedoch in der Regel geringer als am Langen Zügel. Man kann allerdings sehr leicht einen fließenden Übergang von der Doppellonge zum Langen Zügel finden, indem man sich hinter das Pferd setzt und den Abstand verringert. Daher eignet sich die Doppellonge sehr gut als Vorbereitung und Einstieg in die Langzügelarbeit.
WARUM LANGZÜGELARBEIT?
Lipizzanerhengst Maestoso II Shama II im Trab. (Foto: Shana Ritter)
Mancher Reiter wird sich fragen, warum er eine körperlich so anstrengende Beschäftigung auf sich nehmen sollte. Für mich selbst stand am Anfang die Faszination, dass man mit einem Pferd alle Dressurlektionen ausführen kann, ohne auf ihm zu sitzen. Wie der Zufall es wollte, war mein Lehrer ein ausgesprochener Fachmann auf diesem Gebiet und ermöglichte mir den Einstieg.
Es gibt aber über die Liebhaberei und die Traditionspflege hinaus auch praktische Gründe, die die Arbeit am Langen Zügel lohnenswert machen. Ich habe immer wieder festgestellt, dass Pferde diese Arbeit sehr gerne verrichten. Sie schafft eine engere Beziehung zwischen Mensch und Pferd, da man wortwörtlich „Seite an Seite” miteinander arbeitet und der Mensch mindestens genauso viel Energie aufwenden muss wie das Pferd.
Der Reiter kann hier sehr viel über die technischen, biomechanischen Aspekte der Pferdeausbildung lernen, da er den ganzen Pferdekörper und vor allem die Pferdebeine immer im Blickfeld hat. Indem er genau sieht, wo sich jedes Bein gerade befindet und was es tut, kann er sich das Gefühl für die richtigen Augenblicke der Hilfengebung aneignen, was ihm dann auch im Sattel zugutekommt. Da er nicht auf dem Pferd sitzt, kann er sich auf die Einwirkung mit dem Zügel konzentrieren, ohne sich um seinen Sitz sorgen zu müssen.
Ergänzung zum Reiten
Die Langzügelarbeit ist auch ein sehr gutes diagnostisches Hilfsmittel, da sich Ursache- Wirkungs-Beziehungen direkt vor den Augen des Reiters abspielen. Kommt ein Problem unter dem Sattel auf, kann man die Ursache am Langen Zügel oft schneller identifizieren. Man hat die Mechanik der Hinterhand unmittelbar vor Augen und kann Fehler nicht durch Gewichts- und Schenkelhilfen überspielen. Alle Probleme, die unter dem Sattel auftauchen, treten am Langen Zügel daher noch deutlicher zutage. Kommt es dagegen vor, dass das Pferd eine Lektion am Langen Zügel besser ausführt als unter dem Reiter, ist das möglicherweise ein Hinweis darauf, dass der Reiter im Sattel das Pferd stört.
Friesenhengst