ohne Stolz. Dabei zog sie den Kleinen noch enger an sich.
»Das ist einzig und allein Ihr Verdienst«, stellte Denise fest. Sie hatte den Spielplatz nur aufgesucht, um zu sehen, ob Helga mit den Kindern zurechtkam. Was sie gesehen hatte, gefiel ihr. Die junge Frau hatte sich in den drei Tagen, die sie nun auf Sophienlust weilte, sehr zu ihrem Vorteil verändert. Hatte sie sich zuerst aus Unsicherheit zurückgehalten, so spielte sie jetzt unbefangen mit den Kindern. Sie holte nicht mehr für alles, was sie tat, die Zustimmung von Schwester Regine oder Frau Rennert, der Heimleiterin, ein.
»Glauben Sie?« Helga errötete, diesmal vor Freude. »Es sind entzückende Kinder – alle, nicht nur Michael und Andreas.«
Denise lächelte. Sie wußte, daß Helga besonders die Zwillinge in ihr Herz geschlossen hatte. »Sie haben erreicht, was von uns noch keiner geschafft hat. Wir dachten schon, Michael habe das Lachen verlernt.«
»Ich möchte ihnen so gern die Mutter ersetzen. Es stimmt nicht, daß Kinder einem auf die Nerven gehen.«
»Wer hat das gesagt?« fragte Denise bestürzt. Spürte sie doch deutlich, daß Helga nur die Meinung eines anderen wiedergab.
Helga senkte den Blick. Erst nach einigen Sekunden antwortete sie: »Mein Freund.« Sie hob den Kopf und sah Denise wieder an. »Aber er weiß es nicht besser. Er ist nie mit Kindern zusammen. Wenn er Michael und Andreas kennenlernt, dann ändert er sicher seine Meinung.« Helga redete sich in Eifer. In ihrem Innersten ahnte sie, daß dies nie der Fall sein würde. Aber noch wollte sie es nicht wahrhaben.
»Wollen Sie und Ihr Freund bald heiraten?« fragte Denise. Helga hatte bisher kaum von sich erzählt.
»Heiraten!« Gedehnt kam das Wort aus Helgas Mund. »Ich weiß nicht. Darüber haben Tonio und ich noch nicht gesprochen.« Abweisend zogen sich ihre Augenbrauen zusammen. »Es spielt auch keine Rolle. Tonio und ich gehören zusammen.«
»Sicher.« Denise wollte Helga nicht vor den Kopf stoßen, daher wählte sie sorgfältig ihre Worte: »Man verzichtet heute gern auf den Trauschein. Nur, wenn Sie die Zwillinge zu sich nehmen wollen, dann muß vor dem Gesetz alles seine Ordnung haben.«
»Heiraten.« Helga schluckte. »Ich glaube nicht, daß Tonio das will.« Ehe Denise etwas dazu sagen konnte, begann sie, ihren Freund zu verteidigen: »Tonio ist seine Freiheit gewohnt. Das heißt nicht, daß er das ausnützt. Seit zwei Jahren kümmert er sich nur um mich. Wären wir verheiratet, würde dies seinem Ruf schaden. Er besitzt in Hamburg ein gutgehendes Lokal. Er verdient viel Geld damit.«
Denise überlegte. Konnte sie die nächste Frage stellen? Sie mußte wissen, in welchen Verhältnissen Helga Berger lebte. Sie war für die Zwillinge verantwortlich. »Und was machen Sie?« fragte sie. Sie schaute dabei aber Helga nicht an, sondern setzte Andreas, den sie noch immer auf den Armen hielt, und der bereits ungeduldig zappelte, auf dem Boden ab.
»Ich… ich helfe meinem Verlobten. Das ist doch selbstverständlich, oder?« sagte Helga.
»Das ist sicher schön. So haben Sie die gleichen Interessen.« Da Andreas zum Sandhaufen zurückgetappt war, richtete Denise sich auf und sah Helga an.
»Ja… nein.« Verlegen nestelte Helga an Michaels Hemdchen.
Denise erkannte, daß die junge Frau nicht glücklich war. Impulsiv legte sie ihr die Hand auf den Arm. »Wollen Sie sich nicht aussprechen?«
»Ich… ich wüßte nicht, worüber ich mich beschweren sollte! Mir geht es in Hamburg ausgezeichnet. Tonio sorgt gut für mich. Ich bin sehr glücklich mit ihm. Meine Schwester glaubte das nicht…« Helga lachte kurz auf. »Sie kannte Tonio ja kaum. Ein einziges Mal hat sie ihn gesehen, und gleich wollte sie urteilen.«
»Sie haben sich mit Ihrer Schwester also nicht verstanden?« stellte Denise fest. Sie provozierte Helga nun bewußt. Sie wollte diese zum Sprechen bringen. Da sie keinen Blick von ihr wandte, sah sie, daß ihr das Blut ins Gesicht schoß.
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