Marianne Schwarz

Mami Bestseller 2 – Familienroman


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Ja, ich wollte Ärztin werden, Kinderärztin. Das war mein großer Traum. Aber Studium und gleichzeitig für ein Kind sorgen – nein, das ging nicht. Also bin ich jetzt hier in der Praxis Arzthelferin, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Und abends und an den Wochenenden kann ich für mein Kind da sein.«

      »Und wo ist Ihre Annika jetzt?«

      »Bei meiner Mutter«, sagte die blonde, junge Frau und seufzte wohl unbewußt. »Ja, ich habe das Glück, daß meine Mutter sich bereiterklärt hat. Allerdings – das geht so jetzt auch nicht mehr weiter. Meine Mutter ist in zweiter Ehe mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet. Und Annika ist sehr lebhaft und auch anstrengend. Sehen Sie, das ist das große Problem, an dem ich im Augenblick zu knabbern habe. Es kommt für mich überhaupt nicht in Frage, das Kind zu Pflegeeltern oder in ein Heim zu geben. Meiner Mutter kann ich die Doppelbelastung nicht mehr länger zumuten. Also wird es wohl darauf hinauslaufen, daß ich auch diesen Job hier aufgeben werden muß.«

      »Aber es gibt doch Mutterschutz und andere soziale Hilfen.«

      »Sicher gibt es das, und es ist auch gut so. Aber für mich ist der Gedanke entsetzlich, mich und mein Kind praktisch vom Staat unterhalten lassen zu müssen. Verstehen Sie? Ich weiß, manche Leute werden das albern finden. Man sagt mir ja auch, daß das ein ganz selbstverständlicher, rechtmäßiger Anspruch ist. Aber bisher konnte ich darauf verzichten, und darauf bin ich stolz. Jetzt aber… ich fürchte, es wird mir bald nichts anderes übrig bleiben, als dem Staat eben doch auf der Tasche liegen zu müssen. Als alleinerziehende Mutter darf man eben nicht zu stolz sein.«

      Die Stimme der sonst so energisch wirkenden jungen Frau hatte zuletzt leicht zu schwanken begonnen, und mit einer raschen Bewegung wischte sie sich über die Augen, denn sie wollte sich wohl keine Tränen erlauben.

      »Sehen Sie, so ist das«, sagte sie dann mit wieder fester Stimme und lächelte Dorothee tapfer zu. »Es hat gutgetan, das alles einmal auszusprechen. Danke, daß Sie mir zugehört haben, Frau Werth. Hoffentlich fühlen Sie sich nicht zu sehr belästigt.«

      »Aber nein, Schwester Gudrun, ganz und gar nicht. Ich weiß es zu schätzen, daß Sie mich ins Vertrauen gezogen haben. Und ich wünsche Ihnen wirklich sehr, daß Sie einen Ausweg finden. Aber sehen Sie es doch nicht so tragisch, wenn Sie Hilfe annehmen müssen. Sie tun es doch für Ihr Kind.«

      »Ja, natürlich, so versuche ich es auch zu sehen. Wird schon werden. Aber sehen Sie, die Lampe leuchtet auf. Der Doktor erwartet Sie nun, Frau Werth.«

      *

      Als es am Abend dieses Tages an Dorothees Wohnungstür läutete und Rufus Toelken dort mit einem riesigen, wundervollen Rosenstrauß stand, freute Dorothee sich. Das Gespräch mit der netten

      Arzthelferin hatte sie doch nachdenklich gemacht. Sie würde ja auch mit ihrem Kind allein sein. Finanzielle Sorgen würde sie zwar im Augenblick noch nicht haben, sie hatte natürlich einige Rücklagen, und sie hatte ja auch Ansprüche an ihren Mann, der im übrigen recht großzügig war, aber für Dorothee war das unbefriedigend. Hatte sie ihren Mann und den erwachsenen Sohn nicht darum verlassen, weil sie ihr eigenes Leben führen, weil sie etwas leisten wollte, weil sie etwas anderes sein wollte als die elegante, gepflegte Dame des Hauses? Daran, noch einmal ein Kind zu bekommen und es großzuziehen – nein, daran hatte sie allerdings wirklich nicht gedacht.

      Aber es war nun einmal passiert, und irgendwie sah sie darin auch ein ganz besonderes Glück. Nun wurde es allmählich aber Zeit, daß sie sich darüber klar wurde, wie sie ihr künftiges Leben mit Kind gestalten wollte. Als alleinerziehende Mutter, die gut und gern auch die Großmutter sein könnte.

      Diese Vorstellung schmeckte Dorothee immer noch nicht. Ja, wenn sie dabei einen Mann an ihrer Seite hätte, der sich zu ihr und dem Kind bekennen würde, wie sie es eigentlich ja als selbstverständlich vorausgesetzt hatte… dann hätte sie auch ihr Alter nicht als Problem empfunden, sondern hätte sich vorbehaltlos ihrem jungen Mutterglück hingegeben.

      Aber diese Illusion war ja nun geplatzt wie eine Seifenblase. Sie mußte sich wohl oder übel neu orientieren.

      Und da stand nun Rufus Toelken vor ihrer Tür. Mit seinem gewohnten strahlenden Lächeln und einem prächtigen Rosenstrauß. Bedeutete das etwa… Tat es ihm leid, wie er sich verhalten hatte?

      Gegen alle Vernunft freute Dorothee sich. Aber sie bemühte sich, sich diese Freude nicht anmerken zu lassen.

      »Welche Überraschung, Rufus«, sagte sie mit einem unverbindlichen Lächeln.

      »Darf ich hereinkommen, oder komme ich ungelegen?«

      »Nein, nein, komm nur. Ich habe mir gerade Tee gemacht. Trinkst du eine Tasse mit?«

      »Gern, Dorothee.« Er überreichte ihr die Rosen. »Eine kleine Aufmerksamkeit. Hoffentlich gefallen sie dir.«

      Dorothee nahm den Strauß, der nun wirklich mehr war als eine kleine Aufmerksamkeit. »Die Rosen sind wunderschön, Rufus. Bitte lege ab und geh dann schon voraus ins Wohnzimmer. Ich komme gleich nach, ich will erst die Blumen versorgen.«

      Als sie dann wenig später ins Wohnzimmer kam und die Vase mit den Rosen auf einen niedrigen Ecktisch stellte, saß Rufus Toelken bereits in seinem gewohnten Sessel und sagte anerkennend: »Gemütlich hast du es hier ja, das muß man dir lassen. Diese Wohnung, so klein sie ist, strahlt viel von deiner Persönlichkeit aus. Das hat mir von Anfang an gefallen.«

      »Das freut mich.« Dorothees Stimme war immer noch unverbindlich. Sie war schließlich gewarnt. Auf keinen Fall wollte sie zu früh zeigen, daß dieser Besuch irgendwelche Erwartungen in ihr geweckt hatte.

      Und wie berechtigt diese Zurückhaltung war, sollte sie rasch erfahren.

      Rufus hielt sich nicht mit einer langen Einleitung auf. »Du bist wirklich schwanger?« fragte er. »Es ist kein Irrtum?«

      »Das hatte ich dir doch bereits gesagt, Rufus.«

      »Nun ja, ich dachte… Es hätte ja sein können…«

      »Warum bist du gekommen, Rufus?« fragte Dorothee nun kühl. Sie hatte bereits begriffen, daß es keineswegs ein Sinneswandel war, der Rufus Toelken hergeführt hatte.

      »Warum ich gekommen bin, Dorothee? Ja, siehst du, das ist nicht so einfach zu erklären. Und ich hoffe, du verstehst mich nicht falsch.«

      »Ich glaube nicht, daß ich dich noch einmal falsch verstehen kann, Rufus.«

      »Tatsächlich nicht? Das klingt ein bißchen bitter, oder? Nun ja, wie dem auch sei, Dorothee, ich will ganz offen sein. Deine Aussage, daß ich der Vater deines Kindes sei, hat mich völlig unvorbereitet getroffen. Ich zweifle diese Tatsache nicht an, keine Frage, denn ich vertraue dir.«

      »Sollte ich mich da nun etwa geschmeichelt fühlen?« fragte Dorothee bitter.

      »Nein, nein, durchaus nicht. Du darfst mich nicht falsch verstehen. Ich nehme die Tatsache so, wie sie ist. Was mich nun aber in echtes Erstaunen versetzt hat, ist nämlich etwas ganz anderes. Du bist die erste, mit der ich darüber rede, wohl auch die einzige, denn hier geht es ja um meine ganz persönlichen Gefühle, und ich hoffe auf deine Vertraulichkeit und dein Verständnis.«

      »Ich höre«, sagte Dorothee knapp und goß ihrem unerwarteten Gast Tee ein.

      »Ja, also, es ist so, daß ich mich über diese Vaterschaft freue. Nein, nein, Dorothee, bitte verstehe mich jetzt nicht schon wieder falsch, das hat nichts mit uns beiden zu tun«, fügte er dann rasch hinzu, fast schon ein bißchen hastig. Er hatte wohl wirklich Sorge, einen unerwünschten Eindruck zu erwecken. »Zwischen uns ist ja alles klar«, fuhr er also eilig fort. »Wir haben ja bereits alles besprochen.«

      »Du hast gesprochen, Rufus. Das ist richtig.«

      »Nun ja, wie dem auch sei. Jedenfalls hat sich an unserer Vereinbarung nichts geändert. Ich aber scheine mich insofern geändert zu haben, als ich jetzt begonnen habe, über Ehe und Familie anders zu denken als bisher.«

      Er lächelte selbstgefällig, wartete wohl auf eine Bemerkung Dorothees, die aber ausblieb.

      »Kurz