Simone Janson

Umgang mit dem Chef


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ist unumgänglich

      Eine proaktive, achtsame Fehler-Lern-Kultur ist also unumgänglich. Deshalb sollte zumindest ein Standard im Unternehmen bleiben.

      Und dieser heißt: „Widersprechen Sie Ihrem Chef!“ Schon allein hierdurch lassen sich viele kleine Innovationen erzielen, die das tagtägliche Arbeitsleben aller erleichtern und – wer weiß – den Kunden richtig viel Freude machen.

      Josef Ackermann oder Scheitern im Management: Chefspielchen bis zum bitteren Ende

      // Von Carsten Knop

      Josef Ackermann wird von Wegbegleitern als eitel beschrieben. Diese Eitelkeit erklärt vielleicht auch teilweise, warum sein Abschied von der Deutschen Bank so holprig verlief. Denn Ackermann konnte sich ein Leben ohne Chef-Sein schlicht nicht vorstellen.

      Ohne mich? Unvorstellbar!

      Das Verhältnis von Josef Ackermann zu seinen beiden Nachfolgern Anshu Jain und Jürgen Fitschen ist bis heute angespannt. Ackermann wollte statt ihrer ohnehin lieber den damaligen Bundesbankpräsidenten Axel Weber als seinen Nachfolger durchsetzen.

      Doch Weber zog den Verwaltungsratsvorsitz der Schweizer UBS vor. Als die Entscheidung für die Doppelspitze aus Jain und Fitschen dann getroffen war, blieb die Deutsche Bank ohne ihn selbst für Ackermann aber noch immer unvorstellbar.

      Am Ende blieb nur Verzicht

      Er hätte auch den Aufsichtsratsvorsitz übernommen, was jedoch aus Gründen guter Unternehmensführung verpönt ist, weil dann der Vorgänger nicht nur seine Nachfolger kontrolliert, sondern auch sein Vermächtnis.

      Ein Viertel der Aktionäre hätte dem direkten Wechsel von der Vorstands- an die Aufsichtsratsspitze zustimmen müssen. Dieses Votum indes wurde immer unwahrscheinlicher, so dass Ackermann darauf verzichtete.

      Schlechtes Timing

      Die Entscheidung teilte die Bank am 14. November 2011 mit. Am selben Tag wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und Durchsuchungen im Zusammenhang mit einer Aussage Ackermanns in dem Prozess bekannt, den damals der inzwischen verstorbene ehemalige Medienunternehmer Leo Kirch gegen die Deutsche Bank führte. Schlechter hätte das Timing für die Bekanntgabe des Abschieds von Ackermann also wahrlich nicht ausfallen können.

      So sollte es weitergehen. Hoch ging es in den Wochen vor Ackermanns späterem Ausscheiden bei der Zurich Insurance auch im Aufsichtsrat des deutschen Vorzeigekonzerns Siemens her.

      Ist der Ruf erst ruiniert…

      Dort war die Ablösung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher stark umstritten. Die Dissonanzen im alten Vorstand um Löscher führten zudem zu Konflikten und Intrigen im Aufsichtsgremium.

      Ackermann lavierte herum: Als Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Crommes hatte er selbst angeblich Ambitionen, den geschwächten Chef abzulösen. Dementiert wurde natürlich alles – sowohl das Ziel als solches als auch alles andere. In jedem Fall hatte Ackermann seinen Ruf danach ebenfalls bei Siemens ruiniert.

      Mikromanagement ist langweilig

      Gegen Ende seiner Zeit bei der Deutschen Bank räumte Ackermann offen ein, das „Mikromanagement“ habe ihn zuletzt nicht mehr gereizt. Stattdessen reiste er unablässig um die Welt; seine Gesprächspartner waren nicht nur Kunden der Bank, sondern vor allem auch Politiker.

      Ackermann machte auch keinerlei Hehl aus seiner Freude über diese internationale Prominenz. Klar ist: Ackermann hat, nicht als erstes Alphatier in der Wirtschaft, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören verpasst. Dabei hatte er schon 2007 angekündigt, in ein paar Jahren aufhören zu wollen, ausdrücklich ohne in den Aufsichtsrat der Bank zu wechseln. Er wolle Erfahrungen weitergeben, begründete er das damals: „An der Uni oder vielleicht auch im gesellschaftlichen Bereich.“

      Von Sprinter zu Sprinter

      In seiner Jugend hatte der Schweizer wissenschaftliche Neigungen besessen; Interesse an diesen Themen war auch in reifen Jahren noch vorhanden. Diesem Plan blieb er lange treu. Im Januar 2009 sagte Ackermann zu später Stunde kurz vor dem Ende des damaligen weltwirtschaftsforums in Davos, seine Ruhestandsplanung stehe fest.

      Er habe viele Pläne; die ersten Abschiedsgeschenke trudelten schon ein. So berichtete er von einem Präsent des deutschen Sprinters Armin Hary, das ihn bewegt habe. Dazu muss man wissen, dass Ackermann in seinen jungen Jahren selbst ein begeisterter Leichtathlet war und die Karriere des rund elf Jahre älteren Hary gewiss genau verfolgt hat. Hary jedenfalls hatte ihm ein Buch über sich mit einer vielsagenden Widmung hinterlassen: „Von Sprinter zu Sprinter“.

      Der perfekte Zeitpunkt für das Ziel?

      Ackermann und seine Zuhörer wussten damals zwar, dass Hary in seinem Sportlerleben zu häufig zu früh losgelaufen war. Aber sie wussten noch nicht, dass Ackermann in den Monaten danach den perfekten Zeitpunkt dafür verpassen würde, durchs Ziel zu laufen.

      Er ließ so auch die Gelegenheit verstreichen, sich mit dem Eindruck zu verabschieden, die Deutsche Bank glänzend durch die Finanzkrise geführt zu haben. Seine Nachspielzeit ist Ackermann nicht gut bekommen – weder in Deutschland noch in der Schweiz.

      Dort hatte Ackermann seinen Hut als Verwaltungsratschef der Zurich Insurance Group nehmen müssen, nachdem der ehemalige Finanzchef Pierre Wauthier Selbstmord begangen hatte. In einem Abschiedsbrief hatte Wauthier Ackermann vorgeworfen, er habe ihn unter Druck gesetzt.

      Eigennutz und Arrgoganz

      Allerdings haben spätere Untersuchungen ergeben, dass kein „ungebührlicher Druck“ auf Wauthier ausgeübt wurde. Ackermann hatte den Vorwurf ohnehin stets bestritten Wenn er nun negative Texte über sich liest, denkt er vielleicht manchmal an Armin Hary, den einst schnellsten Mann der Welt und Olympiasieger von Rom:

      Hary erlebte schon damals, was auch Athleten heute unter der Überschrift Generalverdacht trifft. Ihm schlugen Zweifel, Misstrauen und Ablehnung entgegen. Eigennutz und Arroganz warf man Hary vor. Dennoch ist Hary der letzte Deutsche und letzte Europäer, der den 100-Meter-weltrekord gehalten hat.

      Chef sein, heißt kommunizieren

      Steht ein Mensch nicht am Ende seiner Karriere, sondern steigt neu in die Rolle des Vorstandsvorsitzenden ein, hat er meist keine Zeit mehr, langsam in seine neue Aufgabe hineinzuwachsen. Ein guter Kommunikationschef kann manches drehen, aber der Vorstandsvorsitzende, die Strategie und die Kommunikation eines Unternehmens müssen in jeder Hinsicht zusammenpassen – auch dauerhaft.

      Die Frage, wie sich ein Vorstandsvorsitzender und sein Umfeld auf diese Herausforderung am besten einstellen können, versucht zum Beispiel das Buch „Der CEO-Navigator“5 zu beantworten. Der Autor Jan Hiesserich, Mitarbeiter der in Deutschland recht erfolgreichen strategischen Kommunikationsberatung Hering Schuppener, versucht darin, möglichst klare Handlungsanweisungen zu geben, die wie so häufig bei Ratgeberbüchern zunächst nach gesundem Menschenverstand klingen – in der Praxis aber alles andere als trivial sind.

      Denn wie vielen Vorstandsvorsitzenden ist schon in letzter Konsequenz klar, dass sie sich auch in der Funktion eines Kommunikators definieren müssen und diese Rolle mit der Strategie ihres Unternehmens abzugleichen haben?

      Scheitern vorprogrammiert

      Die Alternativen sind frühes Scheitern oder höherer Unternehmenserfolg und damit verbunden eine bessere Gesamtkapital- und Aktienrendite. Letzteres gelingt aber nur, wenn die Strategie zum Vorstandsvorsitzenden passt und dieser die Strategie auch schlüssig