Simone Janson

Streiten. Konflikte lösen und vermeiden


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hast Du dich so aufgeregt?

      Natürlich könnten Sie ihm die von Ihnen bereits durchgeführte Wertearbeit in die Hand drücken und ihn bitten, diese für den aktuellen Kontext, also für die Situation, in der Sie beide sich gerade eben befinden, auszufüllen.

      Das ist zwar grundsätzlich denkbar, dürfte aber nicht praktikabel sein. Sie können ihm auch gerne ein Buch zum Thema in die Hand drücken. Dann werden Sie allerdings ein paar Tage warten müssen, bevor er mit der Erkenntnis “Jetzt kann ich Dir einen Tipp geben, warum ich mich so aufgeregt habe!” zu Ihnen kommt und Sie das dann verstehen dürfen.

      Informationen über das Wertesystem herausfinden

      Wir müssen uns also andere Wege überlegen, wie das Wertesystem eines anderen herausgefunden werden kann.

      Dabei ist es hilfreich, dass Sie jetzt den Zusammenhang zwischen Werten und Emotionen kennen und dadurch beim Anblick eines emotionalen Menschen sehr viel schneller Ideen dafür bekommen, warum dieser gerade so emotional ist.

      Insbesondere wenn Sie mitbekommen haben, wie es zu der Emotion gekommen ist, ist es relativ einfach, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Wertesystem und der Emotion herzustellen und zurückzuspiegeln.

      Die Suche nach dem exakten Begriff

      Ich selbst begebe mich zwar sehr gerne auf die Suche nach dem exakten Begriff, weil ich glaube, dass dann die Erkenntnis verstanden worden zu sein, beim Gegenüber noch einen Tick stärker ausfällt, aber es funktioniert auch sehr gut mit Umschreibungen.

      Für die Vermittlung der zweiten Vorgehensweise, mit der wir die Werte anderer herausfinden können, muss ich ein klein wenig ausholen: Wir alle haben in der Schule Deutschunterricht genossen und dort diverse Charakterisierungen einzelner Figuren der klassischen Dichtung und Lyrik vorgenommen (“Charakterisiere den Wallenstein/den Faust/den Franz Moor/…”).

      Wie sah Wallensteins Wertesystem aus?

      Trotzdem ist eine der zentralen sprachlich erfassbaren und analysierbaren Fragen zum Umgang mit anderen Menschen offenbar spurlos an uns vorbeigegangen. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, mich im Deutschunterricht jemals damit beschäftigt zu haben. Diese Frage lautet: “Was ist meinem Gegenüber gerade wichtig?” beziehungsweise “Worauf legt er oder sie Wert?”

      Spüren Sie, dass die Frage “Was ist dem Wallenstein wichtig?” viel spannender ist und einen viel emotionaleren Zugang erschließt als die Arbeitsanweisung “Charakterisiere den Wallenstein und seine widersprüchliche Haltung auf dem Schlachtfeld im Hinblick auf die Erfüllung seiner dramaturgischen Rolle”?

      Sprache transportiert Werte

      Wenn wir uns klar machen, dass ein wesentlicher Zweck der Sprache darin besteht, unser Wertesystem, unsere Wertvorstellungen zu transportieren, dann bedeutet das doch konsequenterweise auch, dass wir bei “richtigem” Hinhören herausfinden können, auf welche Werte des anderen seine Worte hinweisen.

      Dazu müssen wir uns einer Analysefrage bedienen, die auf den ersten Blick banal und für die meisten Menschen ungewöhnlich klingt, auf den zweiten Blick aber ein ganz neues Universum sprachlichen Verstehens eröffnet. Diese entscheidende Frage, die ich Ihnen besonders nachdrücklich ans Herz legen möchte, lautet: “Was ist jemandem wichtig, der die Worte gesagt hat, die ich soeben gehört habe?”

      Beobachten Sie sich genau

      Beobachten Sie sich und andere in nächster Zeit einmal ganz genau beim Sprechen. Sie werden – bei den anderen wird es Ihnen vorher auffallen! – sich selbst mit etwas Glück dabei ertappen, wie häufig Ihnen z.B. dieses verfluchte kleine “Aber” herausrutscht.

      Wenn Sie das zum ersten Mal bemerkt haben, ist es gar nicht so schwer, es beim nächsten Mal durch ein “und” oder einen Punkt mit anschließendem neuen Satz zu ersetzen. Es ist zu Beginn nicht ganz einfach, darauf zu achten und Sie werden sehen: Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, fühlt es sich richtig gut an. Die Wirkung ist jedenfalls klein und fein!

       Text stammt aus: Der Abschied von der Sachlichkeit: Wie Sie mit Emotionen tatsächlich für Bewegung sorgen (2015) von Markus Hornung, erschienen bei BusinessVillage Verlag, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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