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Christof Wackernagel
Traumprotokolle
1993 bis 2011
Band 2
© 2020 zu Klampen Verlag • Röse 21 • 31832 Springe • zuklampen.de
Korrektorat: Miriam Marie Hirschauer • Schladen
Satz: Christof Wackernagel • München
Miriam Marie Hirschauer • Schladen
Umschlaggestaltung: Germano Wallmann • Gronau • geisterwort.de
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH • Rudolstadt
ISBN 978-3-86674-780-7
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.dnb.de› abrufbar.
Inhalt
Vorbemerkung
Träume sind flüchtig. Sie gleichen einer vorbeiwehenden Frau, die ahnen lässt, was für erregende Unterwäsche sie trägt, aber keine Chance gibt, sie auch nur zu grüßen. Träume sind ungreifbar, man kann sie nicht festhalten, selbst die Erinnerung an sie ist allein identisch mit der durch sie erzeugten Stimmung. Diese Tatsache stellt eine Herausforderung dar.
Träume sind Kunstwerke – Traumprotokolle sind die Plots dieser Kunstwerke, Skripts, Anhaltspunkte, nicht die Kunstwerke selbst. Selbst als solche bedeutet es eine sisyphosartige Anstrengung, sie zu erstellen: je näher man an den Traum heranreicht, desto weiter rückt er weg; die Frau mit der erotischen Unterwäsche ist nicht zu kriegen. Warum ich es trotzdem versuche, ist in meinem Buch »Politik des Traums«1 nachzulesen.
Die Veröffentlichung dieser Protokolle soll die Leser dazu einladen, Träume nicht nur individualpsychologisch zu interpretieren, sondern in ihnen Gesellschaftsbilder zu sehen.
Ein Beispiel: Ich rede mit einer Freundin über die Kommune, in der wir zusammen gelebt hatten, das Scheitern dieser Idee. Das drückt individualpsychologisch aus, dass uns dies bis heute beschäftigt.
Als Bild der Gesellschaft aufschlussreich an diesem Traum ist, dass wir dieses Gespräch in einem Automobil geführt hatten, das in einer stehenden Masse von Autos steckte.
In einer globalen Gesellschaft, in der das Auto wirtschaftlich wie psychologisch eine vorherrschende Rolle spielt, erinnert das stehende Auto daran, dass die meisten Autos die meiste Zeit sinnlos herumstehen. Da Autos aber zum Fahren da sind, erinnert diese Tatsache daran, dass die Landschaften so zubetoniert werden, dass Überflutungen überhandnehmen, die Ozonschicht zerstört wird, das Artensterben beschleunigt wird etc., also die Gesellschaft als solche, und zwar die globale, wegen des Automobils sinnlos stehen geblieben ist.
Dies erweitert die individualpsychologische Interpretation um eine gesellschaftliche Dimension: So könnte man die Erinnerung an die stehen gebliebene Kommuneutopie mit der an die stehen gebliebene Gesellschaft konstruktiv verbinden, indem man feststellte, dass kollektive gesellschaftliche Umgangsformen den Autowahnsinn überflüssig machten: Traum als Schlüssel zur Utopie.
Ein aktuelles Beispiel (die Pandemie 2020) verdeutlicht dies besonders eindringlich: Ich träumte von einem gläsernen Bus, in dem, in voneinander abgetrennten gläsernen Kabinen, Kinder mit Kopfhörern vor Laptops saßen, und auf diese Weise einen Kindergeburtstag