einer Kostfrau in Pflege gegeben, wo es kurz darauf starb. Die Beziehung der beiden scheiterte daraufhin.
Salten, geborener Salzmann, hatte aber noch weitere uneheliche Kinder. Die hier erstmals veröffentliche Lebensgeschichte von Elisabeth Kotter zeichnet ein für damalige Verhältnisse keineswegs ungewöhnliches Bild. Elisabeth Kotter, 1873 geboren, ein aus Groß Enzersdorf gebürtiges Mädchen, trat wie für Mädchen aus der Vorstadt üblich im Hause Salzmann in Hütteldorf eine Stelle als Dienstmädchen an. Salten verliebte sich in das Mädchen und ging mit ihr eine Liebesbeziehung ein. Das Verhältnis hatte Folgen, Elisabeth wurde schwanger. Offensichtlich überlegte Salten eine Legalisierung der Beziehung, doch die Tatsache, dass das Mädchen streng katholisch war, Felix Salten jüdisch und sie unterschiedlichen sozialen Schichten entstammten, machte eine Heirat unmöglich. Dennoch entschloss sich Elisabeth, das Kind zur Welt zu bringen und gebar 1896 ihre Tochter Caroline. Die Umstände der Geburt sind nicht näher bekannt. Obwohl eine legitime gemeinsame Zukunft nicht vorstellbar war, bestand das Verhältnis weiter und 1898 wurde Sohn Ottmar Peter geboren. Salten unterstützte im Unterschied zu vielen anderen seiner Geschlechtsgenossen seine beiden unehelichen Kinder finanziell und ermöglichte ihnen eine Erziehung nach bürgerlichen Maßstäben. Die Tochter erhielt unter anderem Klavierunterricht und der Sohn eine Ausbildung an der Akademie in Wien.
Elisabeth Kotter
Offensichtlich noch während seiner Beziehung zu Elisabeth hatte Salten bereits 1896 eine Liebesaffäre mit der Burgschauspielerin Ottilie Metzl begonnen, die er 1902 heiratete. 1903 wurde Sohn Paul geboren und 1904 Tochter Anna Katharina. »Von da an begann mein Schicksal leichter zu werden. Meine Frau, geistig, künstlerisch hochstehend, von großem Seelenadel, hatte bestimmenden Einfluß auf mich.«31 Das Kompliment, das Salten seiner Frau bezüglich ihres Seelenadels machte, mag sich auf die Tatsche begründen, dass Ottilie offensichtlich über seine Beziehung zu Elisabeth Kotter Bescheid wusste, und Verständnis zeigte. Caroline, seine Tochter aus dieser Verbindung, soll nämlich mehrmals im Hause Salten erschienen sein und nach ihrem Vater gefragt haben.32
Elisabeth Kotter, alleinstehend und Mutter zweier unehelicher Kindern, hatte in der Zwischenzeit per Heiratsannonce einen Mann gesucht. Der Schlossermeister Peter Hartmann meldete sich und sah in den beiden Kindern kein Hindernis für eine Ehe. Die Ehe scheint glücklich gewesen zu sein, denn es folgten noch weitere fünf Kinder. Einige erhaltene Postkarten, die Salten Lisi – wie er sie nannte – schrieb, zeigen, dass ein freundschaftliches Verhältnis weiterhin bestehen blieb.33 Die Postkarten stammen aus den Jahren 1909 bis 1921, als beide bereits verheiratet waren. Elisabeth Kotter, verehelichte Hartmann starb 1946.
Genaueren Einblick in eines der unzähligen namenlosen Schicksale unehelicher Kinder und deren Mütter bietet die Geschichte einer weiteren Künstlergeliebten. Ein erhaltener Briefwechsel zeigt aus der Sicht des Kindesvaters die Situation seiner ungewollt schwanger gewordenen Geliebten. Der Vater der beiden Kinder Maria Zimmermanns war niemand geringerer als der zu diesem Zeitpunkt bereits bekannte und gefeierte Maler Gustav Klimt.
Gustav Klimts Hang zum schönen Geschlecht war legendär und soll ihm insgesamt vierzehn uneheliche Kinder beschert haben, sechs davon wurden nach seinem Tod gerichtlich anerkannt.34
Rund zwei Monate vor der Geburt seines ersten Kindes mit Mizzi, wie Klimt sie nannte, hatte ihm bereits das Prager Wäschermädel Maria Usicka einen Sohn Gustav geschenkt.35 Ebenso war er nachweislich der Vater dreier Kinder der Consuela Camilla Huber, die seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr als seine Haushälterin arbeitete.
Postkarte von Felix Salten an Elisabeth Kotter verehelichte Hartmann
Die Beziehung zu Maria begann im Herbst 1897. Auf dem Weg von der Wohnung ihrer Eltern in der Friedmanngasse 6 im 16. Bezirk zu einer Fortbildungsschule im 8. Bezirk, in dem Gustav Klimts Atelier lag, begegnete das junge Mädchen dem Künstler. Ein Traumbild von einem Mann, wie sie selbst beschrieb, »so wie ich mir das immer vorgestellt hab.«36 Maria nahm daraufhin öfter den Weg über die Josefstädter Straße um ihren Traummann auf sich aufmerksam zu machen. Nach einigen Begegnungen lud Klimt das hübsche Mädchen tatsächlich in sein Atelier in der Josefstädter Straße 21 ein. Mizzi wurde sein Modell: »… wie viel künstlerische Inspiration und Anregung danke ich Ihnen, wie viel schöne Bilder entstanden in meinem Kopfe, im Geiste, beim Anblick Ihrer schönen Gestalt, welche ich ahnen konnte, mit dem schönen Hals, dem lieben Kopf darauf, mit dem prachtvollen Haar, wie oft habe ich davon gesprochen«37 schrieb Klimt in einem Brief an sie.
Tatsächlich fand sich ihr Porträt in dem1899 im Zuge der Ausstattung des Palais Dumba fertig gestellten Bildes »Schubert am Klavier II«, das 1945 in Schloss Immendorf verbrannte.38
Aus der zunächst platonischen Beziehung scheint erst nach ungefähr zwei Jahren eine Liebesbeziehung geworden zu sein, die auch bald Folgen zeigte – Mizzi wurde schwanger. Klimt, der nur höchst ungerne Briefe schrieb und seine Korrespondenz vorwiegend in knappen Postkarten abwickelte, begann einen intensiven Briefwechsel mit Mizzi. Die an sie geschriebenen Briefe schildern nicht nur Klimts liebevolles Verhältnis zu seiner Geliebten, sondern auch die alltäglichen Nöte und Sorgen, die ihre ungewollte Schwangerschaft bei ihm auslösten.
Gustav Klimt, Schubert am Klavier, links Mizzi Zimmermann. Das Bild verbrannte 1945
Liebe Mizzi!
Voll von Kümmernis kann ich fast nicht schreiben.
In dumpfer Verzweiflung brüte ich hin … ich bin verzweifelter als Sie jemals glauben können … immer erschien mir drohend die Gestalt ihrer armen lieben Mutter, ihres kranken Vaters, den ich nur einmal gesehen, immer und immer Ihre eigene liebe Gestalt, vorwurfsvoll in tiefer Kümmernis – das Herz wollte mir zerspringen vor Weh!
Wie schön wäre alles gewesen unter normalen Umständen … Von Ihrem ersten Kommen an fühlte ich Sie als eine Art Verhängnis, ich ahnte es wäre besser Sie kämen nicht, aber ich konnte Sie nicht missen – der Künstler kam mit dem Menschen in Widerspruch …
Aber auch die Bestie im Menschen rührte sich – aber ich hielt sie nieder, wir hielten uns tapfer.
Sie kamen jahrelang (2 Jahre) zu mir, dann sind Sie ausgeblieben, Sie waren rein von mir gegangen – vor der Jungfrau hatte ich heilige Scheu – wir waren gerettet.
Sie kamen wieder, kamen verändert wieder, das Unheil nahm seinen Lauf.
Seitdem verfluche ich den Träumer, welcher, bethört, so ganz vergaß, dass das irdische Leben weitab von einem erträumten liegt …39
Das aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Mädchen, ihr Vater war Haustischler die Mutter Weißnäherin, hatte offenbar große Angst vor der Reaktion ihrer Eltern auf ihre uneheliche Schwangerschaft und schien sie zunächst geheim gehalten zu haben:
Sollte Ihre liebe gute Mutter so gar keine Ahnung haben?
Liebe Mizzi vielleicht finden Sie den Muth ihr alles zu sagen – Mütter sind auch im Verdammen gütig – Ihre Mutter ist eine verständige intelligente Frau – vielleicht verurtheilt sie uns gnädiger als wir fürchten müssen, wenn sie unsere Reue, unsere Buße, unsere Leiden sieht – vielleicht findet sie es nicht so gräßlich unnatürlich – ist es denn auch so unnatürlich, so unbegreiflich, Mizzi?
Ist es das Scheußlichste, was über zwei Menschenkinder kommen kann, muß ich hier unstet und flüchtig irren auf Erden?
Bringen Sie mir ein wenig Trost indem Sie mir sagen, dass Sie mir ein wenig verzeihen, dass Ihre Mutter mich nicht ganz ganz verflucht – bringen Sie mir den