James Fenimore Cooper

Der Kettenträger


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für den Gedanken, Dirck, und wir wollen Mordaunt das Loos wählen und uns die Beschreibung davon schicken lassen, damit wir die Schenkungsurkunde vorbereiten.«

      »Ihr vergeßt, General, daß der Kettenträger seinen militärischen Loostheil Land als Kapitän hat oder bekommen wird,« wagte ich zu bemerken. »Zudem wird das Land ihm von wenig Nutzen seyn, außer etwa, um es zu messen. Ich zweifle, ob nicht der alte Mann lieber ungegessen bliebe, als daß er einen Kartoffelhaufen hackte.«

      »Andries hatte drei Sklaven, so lang er bei uns war; einen Mann, ein Weib und ihre Tochter,« versetzte mein Vater. »Er wolle sie unter keinen Umständen verkaufen, sagte er; und ich habe erfahren, daß er wirklich Noth litt aus Mangel an Geld, da er zu stolz war, von seinen Freunden Etwas anzunehmen, und zu menschenfreundlich, sich von Familiensklaven zu trennen, um es aufzubringen. ›Sie sind geborene Coejemans,‹ sagte er, ›so wie ich selbst einer bin, und sie sollen auch als Coejemans sterben.‹ Ohne Zweifel hat er diese Leute bei sich in Mooseridge, wo Ihr sie Alle gelagert finden werdet, in der Nähe einer kleinen Quelle Gartengemüse und anderes Zeug der Art ziehend, wenn er offenes Land genug finden kann zu diesem Behufe. Er hat Erlaubniß, nach Gutdünken auszuhauen und zu pflanzen.«

      »Das ist mir eine angenehme Nachricht, General,« erwiederte ich, »da ich mir hienach eine Art von Heimwesen versprechen darf. Wenn der Kettenträger wirklich diese Schwarzen bei sich hat, und mit Verstand eine Hütte angelegt hat, so werden wir es gewiß so behaglich haben, als wir es oft im Lager miteinander gehabt haben. Dann werde ich meine Flöte mit mir nehmen, denn Miß Priscilla Bayard hat in mir die Erwartung erweckt, ein ganz wunderbares Geschöpf zu finden an Dus, der Nichte, von welcher der alte Andries viel zu schwatzen pflegte. Ihr erinnert Euch gewiß, Sir, den Kettenträger von einer solchen Person sprechen gehört zu haben, denn es war seine Liebhaberei, von ihr zu schwatzen.«

      »Ganz vollkommen gut; Dus Malbone war zu einer gewissen Zeit eine Art von Toast unter den jungen Männern des Regiments, obgleich Keiner von Allen ihrer je, auf geraden oder krummen Wegen, ansichtig zu werden im Stande war.«

      Wie ich mich in diesem Augenblick zufällig umkehrte, sah ich, daß meiner lieben Mutter Auge neugierig und fragend auf mir ruhte, vermuthlich, bilde ich mir ein, in Folge der Erwähnung von Toms Schwester.

      »Was weiß Priscilla Bayard von dieses Kettenträgers Nichte?« fragte meine geliebte Mutter, sobald sie merkte, daß ihr Blick meine Aufmerksamkeit erregt hatte.

      »Sehr viel, wie es scheint, denn sie sagt mir, sie seyen vertraute Freundinnen; so vertraut, sollte ich schließen nach der Miß Bayard Sprache und Wesen, als sie selbst und Kate sind.«

      »Das kann kaum seyn,« erwiederte meine Mutter, leicht lächelnd, »da dort der Hauptgrund der Freundschaft fehlen muß. Und dann kann jene Dus doch kaum die Ebenbürtige von Priscilla Bayard seyn.«

      »Man weiß so etwas nie, Mutter, bis man Gelegenheit gehabt hat, Vergleichungen anzustellen; doch sagt Miß Bayard selbst, Dus sey ihr in vielen Stücken überlegen. Ich bin überzeugt, ihr Oheim ist mir in vielen Stücken überlegen, im Meßkettentragen ganz besonders.«

      »Ja, aber schwerlich im Rang und Stand, Mordaunt.«

      »Er war der älteste Kapitän im Regiment.«

      »Wahr, aber Revolutionen sind Revolutionen. Was ich meine, ist, daß euer Kettenträger doch kaum ein Gentleman seyn kann.«

      »Das ist ein Punkt, der sich nicht in einem Athem entscheiden läßt. Ja oder nein! Der alte Andries ist von achtbarer Familie, obwohl ziemlich vernachlässigt in der Erziehung und Bildung. Leute, die weit unter ihm stehen der Geburt, den Lebensgewohnheiten, den allgemeinen Begriffen einer höhern Lebenssphäre nach, in den Staaten von Neu-England, sind ihm an Kenntnissen sehr überlegen. Dem ungeachtet glaube ich, während wir Alle zugeben müssen, daß ein gewisser Grad von Erziehung und Bildung heutzutage ein nothwendiges Erforderniß zu einem Gentleman ist, wird doch jeder Gentleman gestehen, hunderte von uns haben Grade in der Tasche, mit geringen Ansprüchen, zu der Klasse gerechnet zu werden. Vor drei oder vier Jahrhunderten, dafür wollte ich stehen, wäre der alte Andries ein Gentleman gewesen, obgleich er das Wachs mit den Zähnen hätte beißen und ein Kreuz machen müssen in Ermanglung einer bessern Namensunterschrift.«

      »Und der Mann ist ein Kettenträger, Mordaunt!« rief meine Schwester aus.

      »So wie auch vor kurzem ältester Kapitän in Eures Vaters Regiment, Miß Littlepage. Aber, dies bei Seite gesetzt, Andries und Dus sind so wie sie nun einmal sind, und ich werde froh seyn, sie diesen Sommer zur Gesellschaft zu haben. Jaap gibt Signale, und ich muß Euch Alle verlassen. Ach ja wohl! Es ist gar angenehm hier unter dieser Linde, und die Heimath beginnt mein Herz mit ihren Fäden zu umflechten. Nun, es thut nichts, es wird bald Herbst seyn, und ich werde hoffentlich Euch Alle, so wie ich Euch verlasse, gesund und vergnügt in der Stadt wieder sehen.«

      Meine liebe gute Mutter hatte Thränen in den Augen stehen, als sie mich umarmte, ebenso Kate, die, obgleich sie Tom Bayard am meisten liebte, doch auch mich sehr lieb hatte. Tante Mary küßte mich in ihrer ruhigen aber liebevollen Art, und ich schüttelte die Hände mit den Gentlemen, die mich zu dem Boot hinunter begleiteten. Ich bemerkte, daß mein Vater bewegt war. Hätte der Krieg noch fortgedauert, so würde er an diese Trennung gar nicht gedacht haben, aber in dieser gelinden, behaglichen Friedenszeit schien sie ihm ungelegen zu kommen.

      »Nun, vergeßt mir nicht die großen Loostheile für Anneke und Katrinke,« sagte Oberst Dirck, als wir an die Küste hinabstiegen. »Laßt Andries von dem besten Lande herauslesen, das gut bewässert ist und gut bewachsen, und dann wollen wir die Loose nach den Mädchen benennen. Das ist eine gute Idee, Corny.«

      »Eine treffliche, mein Freund. Mordaunt, mein Sohn, wenn Du auf Stellen stößest, welche wie Gräber aussehen, so wünsche ich daß Du Merkzeichen daselbst anbringest, woran man sie erkennen kann. Es ist wahr, ein Vierteljahrhundert oder mehr bewirkt manche Veränderungen in den Wäldern, und es ist ganz wohl möglich, daß keine solche Spuren sich mehr finden.«

      »Ihr werdet Euch erinnern, Mordaunt, daß ich keine Yankees zu Pächtern auf meinem Gute haben will. Euer Vater mag die eine Hälfte eines Looses an sie verleihen, wenn er Lust hat, aber ich will nicht die andre Hälfte an sie verleihen.«

      »Da Ihr gemeinschaftliche Inhaber seyd, Gentlemen,« erwiederte ich mit Lächeln, »wird es nicht leicht seyn die Interessen auf diese Weise zu sondern. Ich glaube Euch jedoch zu verstehen: ich soll die Ländereien von Mooseridge verkaufen oder Verkaufsverträge abschließen, als Euer Bevollmächtigter und Sachwalter, während ich, meines Großvaters Mordaunt Ideen folgend, die noch nicht verliehenen Ländereien auf meinem eignen Gut verleihe. Dadurch wird wenigstens den Ansiedlern die Wahl gelassen, und diejenigen, welchen die eine Art, ihre Ländereien zu erwerben, nicht gefällt, können zu der andern greifen.«

      Jetzt schüttelte ich noch einmal mit den Gentlemen die Hände, stieg in das Boot und wir stießen vom Ufer ab. Jaap hatte bei guter Zeit sein Signal gegeben und den Aufbruch veranlaßt, und wir mußten eine Viertelmeile den Fluß hinab rudern, bis wir die Schaluppe trafen. Der Wind, obgleich vollkommen günstig, war doch nicht so stark, daß Mr. Bogert Lust hatte umzuwenden; man warf uns ein Seil zu, das wir faßten, worauf wir mit Sack und Pack aus das Deck des Adlers hinübergeschafft wurden.

      Kapitän Bogert rauchte am Steuer, als er meinen Gruß erwiederte. Nach ein paar Zügen nahm er die Pfeife aus dem Munde, deutete mit dem Rohr auf die Gruppe an der Küste, und erkundigte sich, ob ich ihnen Lebewohl zu sagen wünschte.

      » Allponny,« so pflegten die Holländer den Namen ihrer Stadt im vorigen Jahrhundert auszusprechen, »ist eine weite Strecke Weges von hier entfernt,« sagte er, »und vielleicht würdet Ihr Eure Freunde gern noch einmal sehen.«

      Die