auch Ihr Beruf ist: Den Baum gibt es wirklich! Was Sie auch suchen in Ihrer Arbeit – die Stadt, in der Gerechtigkeit und Frieden herrschen, die Welt der Schönheit, die große Geschichte, die neue Ordnung, die Heilung – es ist wirklich da! Es gibt einen Gott, und es gibt eine neue, heil gewordene Welt, die er schaffen wird, und durch Ihre Arbeit zeigen Sie Ihren Mitmenschen ein Stück davon. Selbst an Ihren allerbesten Tagen wird Ihre Arbeit für diese neue Welt nur Stückwerk sein, aber der ganze große Baum, den Sie suchen – die Schönheit, Harmonie, Gerechtigkeit, Freude und Gemeinschaft –, er wird einmal wahr werden. Und wenn Sie dies wissen, werden Sie nicht verzweifeln, weil Sie in diesem Leben nur ein, zwei Blätter fertigbringen. Sie werden mit Befriedigung und Freude arbeiten. Ihre Erfolge werden Ihnen nicht zu Kopf steigen, an Ihren Niederlagen werden sie nicht zerbrechen.
Ich habe gerade gesagt: „Wenn Sie dies wissen.“ Wenn Sie so arbeiten wollen, wenn Sie in Ihrer Arbeit den gleichen Trost und die gleiche Freiheit erfahren wollen, die Tolkien durch seinen christlichen Glauben bekam, müssen Sie die Antworten der Bibel auf drei Fragen kennen.
Erstens: Warum wollen wir arbeiten? (Warum brauchen wir Arbeit, um ein erfülltes Leben zu haben?) Zweitens: Warum ist das Arbeiten so schwer? (Warum kommt es uns oft so fruchtlos, sinnlos und schwierig vor?) Und drittens: Wie können wir mit den Schwierigkeiten fertigwerden und durch das Evangelium Befriedigung in unserer Arbeit bekommen? Der Rest dieses Buches versucht, Antworten auf diese drei Fragen zu geben, und ist entsprechend in drei Teile gegliedert.
Kapitel 1
Zum Arbeiten geschaffen
So waren nun Himmel und Erde erschaffen, und nichts fehlte mehr. Am siebten Tag hatte Gott sein Werk vollendet und ruhte von seiner Arbeit aus. Darum segnete er den siebten Tag und sagte: „Dies ist ein ganz besonderer, heiliger Tag! Er gehört mir.“ … Gott, der Herr, setzte den Menschen in den Garten von Eden. Er gab ihm die Aufgabe, den Garten zu bearbeiten und zu schützen. (1. Mose 2,1-15)
Am Anfang war die Arbeit
Gleich auf den allerersten Seiten äußert sich die Bibel zum Thema „Arbeit“ – so wichtig und fundamental ist das Arbeiten. Der Verfasser der Genesis (1. Buch Mose) beschreibt das gewaltige Projekt der Erschaffung der Welt durch Gott als Arbeit,20 und zwar eine Arbeit, die sich innerhalb einer normalen Arbeitswoche von sieben Tagen vollzieht.21 Und dann zeigt er uns die Menschen im Paradies – wie sie arbeiten. Diese Sicht der Arbeit – die Verbindung der Arbeit mit der Erschaffung der Welt durch Gott und dem Sinn des menschlichen Lebens – ist unter den großen Religionen und Glaubenssystemen der Welt einmalig.
Der ganze Schöpfungsbericht der Genesis ist einzigartig unter den antiken Schöpfungsgeschichten. Viele alte Kulturen haben Geschichten, die den Anfang der Welt und der Menschheitsgeschichte als Ergebnis eines Kampfes zwischen verschiedenen kosmischen Kräften darstellen. In dem babylonischen Schöpfungsmythos, dem Enuma Elisch, besiegt der Gott Marduk die Göttin Tiamat und erschafft aus ihren Überresten die Welt. In diesem und ähnlichen Texten befindet sich das sichtbare Universum in einer prekären Balance einander widerstreitender Mächte.22 In der Bibel dagegen ist die Schöpfung nicht das Ergebnis eines Konflikts, denn Gott hat keine Rivalen; alle Mächte und Wesen im Himmel und auf Erden sind von ihm erschaffen und von ihm abhängig.23 Die Schöpfung ist nicht das Ergebnis eines Kampfes, sondern der Plan eines genialen Meisters. Gott hat die Welt nicht wie ein Soldat geschaffen, der einen Schützengraben aushebt, sondern wie ein Künstler, der ein Meisterwerk fertigt.
Zur griechischen Schöpfungsmythologie gehört die Vorstellung, dass die Menschheit durch verschiedene „Zeitalter“ geht und dass das erste Zeitalter das „Goldene Zeitalter“ war, in welchem Menschen und Götter harmonisch zusammen auf der Erde lebten. Auf den ersten Blick erinnert dies vage an den Garten Eden, aber es gibt da einen gewichtigen Unterschied: Der griechische Dichter Hesiod schreibt, dass im Goldenen Zeitalter weder Menschen noch Götter arbeiten mussten, da es in diesem Urparadies Nahrung für alle in Hülle und Fülle gab.24 Der Gegensatz zur Bibel könnte nicht größer sein. Ihre ersten Kapitel beschreiben wiederholt Gott als „arbeitend“; sie benutzen dazu das hebräische Wort mlkh, das sonst ganz gewöhnliche menschliche Arbeit bezeichnet. „Es ist“, so Gordon Wenham in seinem Genesis-Kommentar, völlig „unerwartet, dass das außerordentliche göttliche Handeln bei der Erschaffung von Himmel und Erde so beschrieben wird.“25
Am Anfang – hat Gott gearbeitet. Arbeit ist also nicht ein notwendiges Übel, das erst später in die Welt kam, oder etwas, das halt für den Menschen bestimmt ist, aber unter der Würde des großen Gottes liegt. Nein, Gott selber hat gearbeitet – aus Spaß an der Freude, wenn man so will. Einen noch höheren Ursprung der Arbeit kann es nicht geben.
Wie Gott arbeitet
Es ist bemerkenswert, dass im 1. Kapitel der Genesis Gott nicht nur arbeitet, sondern auch Freude daran hat. „Dann betrachtete Gott alles, was er geschaffen hatte, und es war sehr gut! … So waren nun Himmel und Erde erschaffen, und nichts fehlte mehr“ (1. Mose 1,31–2,1). Gott findet das, was er gemacht hat, schön. Er inspiziert es anerkennend und sagt: „Das ist gut!“ Wie bei jeder Arbeit, die gut ist und uns befriedigt, sieht er sich selber in seinem Werk. „Das Ganze der Harmonie und Perfektion des vollendeten Himmels und der vollendeten Erde bringt das Wesen ihres Schöpfers angemessener zum Ausdruck, als die einzelnen Teile für sich dies tun könnten.“26
Das 2. Kapitel der Genesis zeigt uns, dass Gottes Arbeit nicht nur in der Erschaffung, sondern auch in der Erhaltung seiner Schöpfung besteht. Dies ist das, was die Theologen Gottes „Fürsorge“ nennen. Gott erschafft die Menschen und anschließend wirkt er als ihr Ernährer und Versorger. Er formt den ersten Menschen (1. Mose 2,7), pflanzt einen Garten für ihn, den er bewässert (2,6.8), und schafft ihm eine Frau (2,21-22). Der Rest der Bibel zeigt uns, wie Gott diese Arbeit der Fürsorge weiter tut; er gibt dem Boden Wasser und Wachstum, gibt all seinen Geschöpfen ihre Speise, hilft den Leidenden und sorgt für alles, was lebt (vgl. Psalm 104,10-22; 145,14-16).
Aber Gott arbeitet nicht nur selber, er beauftragt andere Arbeiter, sein Werk weiterzuführen. In 1. Mose 1,28 (LU) sagt er den Menschen: „Füllet die Erde und machet sie euch untertan.“ Das Wort „untertan machen“ deutet an, dass zwar alles, was Gott erschaffen hatte, gut war, dass es aber noch weitgehend unentwickelt war. Gott hat in seine Schöpfung ein gewaltiges Potenzial der Kultivierung und Vervollkommnung hineingelegt, das die Menschen durch ihre Arbeit zur Entfaltung bringen sollen.27 In 1. Mose 2,15 (LU) setzt Gott den Menschen in den Garten, „dass er ihn bebaute und bewahrte“. Dies bedeutet: Gott arbeitet, um uns zu versorgen und zu bewahren, aber auch wir arbeiten für ihn. Wobei eigentlich Gott es ist, der durch uns arbeitet. Der Satz „Wenn der Herr nicht das Haus baut, dann ist alle Mühe der Bauleute umsonst“ in Psalm 127,1 impliziert, dass Gott (der für uns sorgt) das Haus durch die Bauleute baut. Und Martin Luther versteht die Aussage in Psalm 145, dass Gott allen Lebewesen ihre Speise gibt, so, dass er uns durch die Arbeit der Bauern und anderer Menschen zu essen gibt.28
Unsere Arbeit ist etwas Gutes
Was wir im biblischen Schöpfungsbericht lesen, ist wahrlich erstaunlich: Zum Paradies gehörte die Arbeit. Der Theologe Ben Witherington resümiert in seinem Buch über die Arbeit: „Es ist vollkommen klar, dass es zu Gottes gutem Plan von Anfang an gehörte, dass die Menschen arbeiten – oder, genauer, in dem ständigen Kreislauf von Arbeit und Ruhe leben.“29 Wieder könnte der Gegensatz zu anderen Religionen und Kulturen nicht größer sein. Die Arbeit kam nicht nach einem goldenen Zeitalter des Müßiggangs in die Welt hinein, sondern sie gehörte zu Gottes vollkommenem Plan für die Menschen, denn wir sind nach Gottes Bild erschaffen, und zu seiner Herrlichkeit und Seligkeit gehört es, dass er arbeitet, wie auch sein Sohn, der gesagt hat: „Mein Vater wirkt bis auf diesen Tag, und ich wirke auch“ (Johannes 5,17 LU).
Dass