Harry Voß

Flucht aus dem Adventskalender


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      Flucht aus dem Adventskalender

      Eine Weihnachtsgeschichte

      © 2016 Verlag Bibellesebund, Gummersbach

      © 2020 der E-Book-Ausgabe

      Bibellesebund Verlag, Marienheide

      Alle Rechte vorbehalten

       https://shop.bibellesebund.de/

      Autor: Harry Voß

      Illustrationen und Covergestaltung: Thomas Georg, Münster

      ISBN 978-3-95568-411-2

      Hinweise des Verlags

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      Inhalt

       Titel

       Impressum

       1. Dezember

       2. Dezember

       3. Dezember

       4. Dezember

       5. Dezember

       6. Dezember

       7. Dezember

       8. Dezember

       9. Dezember

       10. Dezember

       11. Dezember

       12. Dezember

       13. Dezember

       14. Dezember

       15. Dezember

       16. Dezember

       17. Dezember

       18. Dezember

       19. Dezember

       20. Dezember

       21. Dezember

       22. Dezember

       23. Dezember

       24. Dezember

      1. Dezember

      „Achtung, er kommt!“

      Alle in dem großen Haus hockten hinter ihren geschlossenen Türen und lauschten. Der große Hausbesitzer kam. Sie waren mehr als aufgeregt. Heute ging es los! Jeden Tag würde einer von ihnen vom Hausbesitzer höchstpersönlich in das gelobte Land geführt werden. Das Land, nach dem sich alle sehnten und für das allein es sich zu leben lohnte. Nur darum waren sie in dieses Haus eingezogen, ein viel zu enges und dunkles Haus, in dem hinter jeder Tür nicht viel mehr Platz war als für ein kleines Bett, in das man gerade so hineinpasste. Das nahm hier aber jeder gern in Kauf. Denn nur wer es bis hierhin geschafft hatte, konnte sicher sein, Teil des ewigen Reiches des großen Schokoladengenießers werden zu können. Und das garantiert innerhalb der nächsten 24 Tage.

      Eine riesige Kinderhand legte sich auf das Haus und drückte gleich vier Türen auf einmal ein. Die Bewohner, die mit eingezogenem Bauch hinter den Türen standen, hielten die Luft an.

      „Hm, mal sehen“, murmelte eine Jungenstimme. „Die Eins.“

      Es knirschte. Das Haus wackelte. Die Bewohner mussten sich in ihren Betten festhalten, um nicht hinausgeworfen zu werden. Einige von ihnen hingen nur sehr locker in ihrem Schlafplatz.

      „Ah, da!“, gluckste der Besitzer fröhlich. Er drückte mit seinem Finger die Tür zur Nummer Eins ein. Herr Ball, der dahinter bereits auf den Besitzer wartete, schnaufte aufgeregt. Er bemühte sich, seinen Bauch noch mehr einzuziehen, um nicht schon platt gedrückt zu werden, bevor er dem großen Hausbesitzer gegenübertreten würde. Herr Ball schwitzte am ganzen Körper.

      „Alles Gute“, flüsterte Frau Ente, die Nachbarin. „Ich beneide Sie, dass Sie als erstes in den Genuss des großen Schokoladengenießers kommen.“

      „Ich freu mich auch“, keuchte Herr Ball. „Dies ist der größte Tag meines Lebens. Aber jetzt fürchte ich, dass unser Besitzer die Tür nicht aufkriegt.“

      Es knarrte. Das ganze Haus bebte. Einige Bewohner hielten sich mit letzter Kraft an ihren Liegeplätzen fest. Der Besitzer stach mit dem Fingernagel seines Zeigefingers in die Türritze von Herrn Ball und säbelte grob die Seiten der Tür auf.

      Alle im Haus schrien auf. Herr Ball wäre garantiert aus seinem Bett gefallen, hätte er sich nicht im letzten Augenblick noch so aufgeblasen, dass er sich mit seinem dicken Bauch zwischen Tür und Bett einklemmen konnte. Aber Frau Stern aus dem zweiten Stock hielt nichts mehr. Sie fiel aus ihrem Lager, stürzte zwei Stockwerke nach unten und landete mit großem Gepolter und einem lauten Schmerzensschrei im Keller.

      Die Tür zu Herrn Ball wurde aufgerissen. Zwei Kinderfinger griffen hinein und zogen Herrn Ball aus dem Haus.

      „Auf Wiedersehen!“, rief Frau Ente ihm nach. „Wir sehen uns am Siebzehnten!“

      Das Haus beruhigte sich. Licht fiel durch die geöffnete Tür von Herrn Ball. Frau Stern im Keller stöhnte leise.

      „Ein Ball“, hörten die Bewohner den Jungen vor dem Haus sagen. Es klang etwas enttäuscht.

      „Prima, Florian.“ Das war eine neue Stimme. Eine weibliche, erwachsene Stimme. Sicher die der Mutter.

      „Genau so einen Ball wie der, den Herr König uns abgenommen hat“, klagte der Junge.

      „Ach, Flo“, tröstete die Mutter, „er gibt ihn euch bestimmt wieder zurück.“

      „Macht er sowieso nicht. Der kann nur schimpfen.“

      „Ich rede nachher noch mal mit ihm.“

      Im Rausgehen fragte der Junge die Mutter: „Wieso hängt der Adventskalender eigentlich im Gästezimmer und nicht bei mir?“

      „Damit du gar nicht erst auf die Idee kommst, mehrmals am Tag ein Türchen zu öffnen. Einmal am Tag rein ins Adventszimmer, Türchen auf, Schokolade raus, raus aus dem Zimmer. Schaffst du das?“

      „Klar.“

      „Das ist ja ein grober Kerl“, beschwerte sich Herr Stiefel, als die Menschen wieder draußen waren.

      Frau Stern lag im Keller des Adventskalenders und rieb sich die Hüfte: „Kann mir einer verraten, wie ich jetzt wieder in mein Zimmer zurückkommen soll?“

      Nein, das konnte keiner. Ein normales Schokoladentäfelchen im Adventskalender hatte keine Lust, einem anderen zu helfen. Immerhin wartete jeder hier auf nichts anderes als auf seinen großen Tag: Den Einlass in das große, ewige Reich des Schokoladengenießers.

      2.