Krankheit vergiftet hat, die nur den Menschen trifft und die nur bei ihm die Fortpflanzungsorgane infiziert!
Es ist mit dieser Pest nicht so wie mit zahlreichen anderen Krankheiten, die eine Folge unserer Maßlosigkeit sind. Es ist mitnichten die Ausschweifung, die sie in die Welt gebracht hat. Phryne, Lais, Flora, Messalina* wurden nicht von ihr befallen, sie ist auf Inseln entstanden, wo die Menschen in Unschuld lebten, und hat sich von dort aus in der Alten Welt ausgebreitet.
Wenn es jemals einen Grund gab, die Natur anzuklagen, dass sie ihr eigenes Werk missachtet, ihrem eigenen Plan widerspricht, gegen ihre eigenen Absichten handelt, dann aus diesem Anlass. Ist dies die beste aller möglichen Welten? Wie das? Wenn jene Krankheit Cäsar, Antonius, Octavius nicht befiel, hätte es dann nicht sein können, dass sie auch François I verschonte? Nein, sagt man, die Dinge wurden so zum Besten eingerichtet: Ich möchte es glauben, aber es fällt schwer.
AMOUR NOMMÉ SOCRATIQUE – Sokratische Liebe (Homosexualität)
Wie hat es geschehen können, dass ein Übel, Vernichter des Menschengeschlechts, wäre es allgemein, ein schändliches Attentat auf die Natur, trotzdem so natürlich ist? Es scheint der letzte Grad bewusster Verderbtheit zu sein und ist doch übliche Praxis von Leuten, die noch gar nicht die Zeit hatten, verderbt zu werden. Es hat in ganz frische Herzen Eingang gefunden, die noch gar nicht Ehrgeiz, Täuschung noch Geldgier kannten; es ist die blinde Jugend, die sich gleich am Ausgang der Kindheit aus fehlgeleitetem Instinkt dieser Verwirrung hingibt.
Früh offenbart sich die Neigung der beiden Geschlechter zueinander; aber was man auch immer über Afrikanerinnen und die Asiatinnen des Südens gesagt haben mag, diese Neigung ist im Allgemeinen sehr viel stärker beim Mann als bei der Frau, dies ist ein Gesetz, das von Natur aus für alle Tiere gilt, es ist immer das Männchen, das das Weibchen angeht.
Die jungen Männchen unserer Art fühlen die Kraft, die die Natur in ihnen entfaltet, und finden, da sie gemeinschaftlich erzogen werden, kein natürliches Objekt für ihren Trieb; so begnügen sie sich mit dem, was ihm gleicht. Oft gleicht ein Knabe mit der Frische seines Teints, seinem plötzlichen Erröten, der Sanftheit seiner Augen zwei oder drei Jahre lang einem schönen Mädchen; wenn man ihn liebt, so geschieht das, weil die Natur einen Fehlgriff begeht; man huldigt dem Geschlechtlichen, indem man sich an das bindet, was dessen Schönheit aufweist, und wenn mit dem Alter diese Ähnlichkeit geschwunden ist, hat der Fehlgriff ein Ende.
Citraque juventam,
Atatis breve ver et primos carpere flores. *
Man weiß zur Genüge, dass dieser Fehlgriff der Natur im Süden viel verbreiteter ist als im eisigen Norden, weil dort das Blut hitziger ist und die Gelegenheit häufiger: daher ist, was beim jungen Alkibiades nur als Schwäche erscheint, eine widerliche Schändlichkeit bei einem holländischen Matrosen oder einem Moskauer Marketender.
Ich kann es nicht hinnehmen, dass man behauptet, die Griechen hätten diese Zügellosigkeit gutgeheißen. Man zitiert Solon, den Gesetzgeber, weil er in zwei schlechten Versen gesagt hat:
Zärtlich liebe einen schönen Knaben,
Solange er keinen Bart am Kinn trägt.
Aber wahrhaftig, handelte Solon als Gesetzgeber, als er diese beiden lachhaften Verse schrieb? Er war damals noch jung. Und als der Lüstling weise wurde, hütete er sich, seinen republikanischen Gesetzen eine derartige Schändlichkeit einzufügen. Es ist wie wenn man Théodore de Bèze bezichtigte, er habe in seiner Kirche die Knabenliebe gepredigt, weil er in seiner Jugend Verse für den jungen Candide verfasst hat, in denen es heißt:
Amplector hunc et illiam. *
Man missbraucht einen Text Plutarchs, der in den Plaudereien seines Dialog über die Liebe einen Gesprächspartner sagen lässt, dass die Frauen der wirklichen Liebe nicht wert seien, ein anderer Gesprächsteilnehmer jedoch unterstützt die Seite der Frauen, wie es seine Pflicht ist.
Es ist gewiss, soweit die Wissenschaft von der Antike es sein kann, dass die sokratische Liebe keineswegs schändlich war; hier hat der Begriff der Liebe getäuscht. Was man die Liebhaber eines jungen Mannes nannte, war genau das, was bei uns die Edelknaben der Fürsten sind, was die Ehrenkinder waren: junge Männer, die für die Erziehung einem Kind aus hohem Hause zur Seite gestellt wurden, gemeinsam dieselben Studien machten, dieselben militärischen Übungen, eine kriegerische und heilige Einrichtung, die man zu nächtlichen Festen und Orgien missbrauchte.
Das Heer der Liebenden, das Laios schuf,* war eine unbesiegbare Einheit junger Krieger, die durch Eid verpflichtet waren, ihr Leben füreinander zu geben; und es war das disziplinierteste Heer, das die Antike je hatte.
Sextus Empiricus und andere haben gut reden, wenn sie behaupten, die Knabenliebe sei von den Gesetzen Persiens empfohlen worden. Sie sollten den Text des Gesetzes zitieren, sie sollten das Gesetzbuch vorzeigen, und würden sie es vorzeigen, so glaubte ich es noch immer nicht und würde sagen, die Geschichte sei falsch, und zwar deshalb, weil sie unmöglich ist. Nein, in der Natur des Menschen liegt es nicht, ein Gesetz zu verfassen, das der Natur widerspricht und ihr Schimpf antut, ein Gesetz, welches das Menschengeschlecht auslöschte, würde es buchstabengetreu befolgt. Gewisse Leute haben beschämende Praktiken, die in einem Land toleriert wurden, für ein Gesetz des Landes ausgegeben. Sextus Empiricus, der an allem zweifelte, hätte sehr wohl an einer solchen Rechtsprechung zweifeln sollen. Würde er zu unserer Zeit leben und sehen, wie zwei oder drei junge Jesuiten einige ihrer Schüler missbrauchen, hätte er dann das Recht, zu sagen, dieses Spiel sei ihnen nach den Regeln Ignatius von Loyolas erlaubt?
Die Knabenliebe war in Rom derart verbreitet, dass man nicht darauf kam, diese Geschmacklosigkeit zu bestrafen, der alle Welt mit gesenktem Haupt nachging. Octavius Augustus, dieser lüsterne Mordbube und Feigling, der es wagte, Ovid zu verbannen, fand es sehr gut, dass Vergil den Alexis besang* und dass Horaz kleine Oden auf Ligurinus verfasste,* aber das alte Scantinia-Gesetz*, das die Knabenliebe verbot, bestand noch immer: Kaiser Philippus verhalf ihm wieder zur Geltung und hat alle kleinen Jungen, die diesem Metier nachgingen, aus Rom vergejagt. Schlussendlich glaube ich nicht, dass jemals eine zivilisierte Nation Gesetze gegen die guten Sitten gemacht hat.
AMOUR PROPRE – Eigenliebe
Ein Bettler aus der Gegend um Madrid bat mit edler Geste um Almosen. Ein Passant sagte zu ihm: »Schämen Sie sich denn nicht, diesem unwürdigen Beruf nachzugehen, wo Sie doch arbeiten können?« – »Mein Herr, antwortete der Bettler, ich bitte Sie um Geld, und nicht um Ratschläge«; dann drehte er ihm den Rücken zu und bewahrte so seine kastilische Würde. Das war schon ein stolzer Herr, dieser Bettler, ein Weniges genügte, um seine Eitelkeit zu verletzen. Aus Eigenliebe bat er um Almosen und duldete nicht, dass eine andere Eigenliebe ihn rügte.
Ein Missionar reiste durch Indien und traf auf einen Fakir, kettenbehängt, nackt wie ein Affe, der auf seinem Bauch lag und sich für die Sünden seiner indischen Mitbürger auspeitschen ließ, die ihm dafür einige Heller in Landeswährung gaben. »Welche Selbstverleugnung!«, sprach einer der Zuschauer – »Selbstverleugnung?«, erwiderte der Fakir; »Sie sollen wissen, dass ich mir in dieser Welt nur den Hintern versohlen lasse, um es Ihnen in einer anderen zurückzugeben, wenn Sie das Pferd sein werden und ich der Reiter.«
Diejenigen, die gesagt haben, dass die Eigenliebe die Grundlage all unserer Empfindungen und Handlungen sei, haben folglich absolut recht in Indien, in Spanien und auf der ganzen bewohnbaren Erde; und weil man nicht schreibt, um den Menschen zu beweisen, dass sie ein Gesicht haben, braucht man ihnen auch nicht zu beweisen, dass sie Eigenliebe besitzen. Diese Eigenliebe ist das Werkzeug unserer Selbsterhaltung und gleicht dem Werkzeug unserer Arterhaltung; es ist uns unentbehrlich, es ist uns teuer, es bereitet uns Vergnügen, und man muss es verbergen.
ANGE – Engel
Engel heißt auf Griechisch »der Abgesandte«; man ist auch nicht viel klüger, wenn man weiß, dass die Perser Peris hatten, die Hebräer Malachim, die Griechen ihre Daimonoi.
Aber was uns vielleicht klüger macht, ist, dass es schon immer einer der ersten Gedanken