Martina Meier

Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1


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des Weihnachtsmannes und wispert: „Weihnachtsmann, wir müssen nun aber wirklich weiter. Die anderen Kinder warten schon.“ Der Angesprochene kramt eine goldene Taschenuhr hervor und überprüft die Uhrzeit.

      „Sehr richtig, es ist schon spät. Aber sag, Christina, möchtest du vielleicht eine Runde mit dem Rentierschlitten fahren? Keine Angst, ich bringe dich rechtzeitig zurück, sodass deine Eltern nichts merken.“ Fast hätte ich laut aufgeschrien vor Freude, doch ich kann mich noch rechtzeitig beherrschen.

      „Ja, das würde ich sehr gerne.“ Die Wichtel sitzen bereits wieder im Schlitten und der Weihnachtsmann hebt mich durch das Fenster, ehe er selbst hindurchkommt und auf dem Kutschbock seinen Platz einnimmt.

      Nur wenig später setzt sich der Schlitten in Bewegung und die Glöckchen fangen wieder an zu klingeln. Als der Weihnachtsmann die Rentiere nach einer Weile zügelt und vor einem weiteren Fenster anhält, sagt er zu mir: „So, Christina, du bleibst hier, hörst du? Ich kann dich nicht einfach in fremde Weihnachtszimmer mitnehmen. Das gehört sich nicht, weißt du?“ Ich nicke nur strahlend. Durch das Fenster kann ich den Weihnachtsmann und die Wichtel dennoch gut beobachten.

      Später, als der Weihnachtsmann mich wieder nach Hause gebracht hat und ich mit meinen Verwandten zusammensitze, will ich meiner Familie von meinem kleinen Abenteuer berichten. Doch keiner hört mir wirklich zu. Alle sind sie mit ihren neuen Geschenken beschäftigt. Ich gehe zu meiner Mutter und erzähle ihr: „Mama, ich bin mit dem Weihnachtsmann in seinem Rentierschlitten durch die Luft geflogen. Ehrlich, das war ganz große Klasse.“

      Meine Mutter sieht mich an, hebt die Augenbrauen und meint: „Chrissie, hör auf, irgendwelche Geschichten zu erfinden.“

      Ich bin sauer, denn keiner nimmt mich wirklich ernst. So setze ich mich in eine Ecke des Zimmers. Meine Geschenke lasse ich links liegen. Sie interessieren mich nicht mehr. Auf einmal fliegt der Schlitten des Weihnachtsmannes noch einmal am Fenster vorbei. Niemand bemerkt ihn. Ich renne hin, öffne das Fenster und winke ihm. Er winkt zurück, während der Schlitten immer kleiner und kleiner wird.

      Nun bin ich wieder glücklich, denn ich weiß ganz genau, dass es wahr ist, und widme mich endlich meinen Geschenken. Mit meinen Cousinen spiele ich noch ein paar Spiele und unser Opa liest uns Weihnachtsmärchen vor.

      Als es schon sehr spät wird, gehen unsere Gäste nach und nach. Nachdem der letzte gegangen ist, muss ich ins Bett. Wieder einmal ist ein Weihnachtsabend Vergangenheit. Aber ich bin mir sicher, dass dieser der beste Weihnachtsabend meines Lebens sein wird und ich ihn niemals wieder vergessen werde.

      Bettina Huchler wurde am 08.01.1981 in Berlin geboren und schreibt schon seit über zehn Jahren Geschichten und Gedichte. Schreiben ist neben Lesen und Computer ihr größtes Hobby. Sie hat bisher drei ihrer Werke veröffentlichen können. Dies ist die vierte Veröffentlichung.

      *

      Melinda und das Pony

      Seit Tagen schneite es beinahe ununterbrochen. Die waldigen Hügel, die Melinda von ihrem Fenster aus sehen konnte, waren weiß und die Bäume bogen sich unter ihrer schweren Last. Eigentlich war das ja wirklich schön, dachte Melinda, aber ausgerechnet jetzt kam ihr der Schnee ganz ungelegen, denn sie konnte nicht zum Ponyhof, weil Autofahren so problematisch war. Aber es waren nicht nur der Ponyhof und ihre Reitstunden, die Melinda fehlten. Da war auch noch das graue Pony, das nicht weit von ihnen auf der Weide stand. Es sah gar nicht gut aus: Es war abgemagert, sein Fell war struppig und glanzlos, es hinkte und ließ traurig den Kopf hängen. Der Besitzer war ein unfreundlicher Kerl, der sie schon ein paar Mal verscheucht hatte. Seit die kleine Stute auf der Weide stand, sparte Melinda ihr Taschengeld, um sie zu kaufen, aber das würde noch lange dauern.

      Irgendwann hielt sie es einfach nicht mehr aus. Sobald ihre Mutter außer Sichtweite war, schlüpfte Melinda in ihre Winterstiefel und die warmen Sachen und machte sich auf den Weg. Es war anstrengend, durch den Schnee zu marschieren. An manchen Stellen war der Gehweg geräumt, an anderen nicht und ab und zu gab es gar keinen Gehweg. Als sie endlich bei der Weide ankam, war diese leer. In der Nähe konnte sie den Hof sehen. Eine Weile zögerte sie und überlegte, ob sie es wagen konnte, aber dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und schlich sich heran. Zwischen den großen Gebäuden gab es auch einen kleinen, halb verfallenen Schuppen. Melinda duckte sich und huschte zu dessen Eingang hinüber.

      Das Pony war tatsächlich hier untergebracht, aber Melinda lief es kalt den Rücken hinunter, als sie sich umsah. Der Schuppen war dunkel und eisig, überall waren Ritze und Öffnungen in den Wänden, durch die der Wind hereinblies, und im Dach war ein großes Loch, durch das es sogar hereinschneite. Das Pony stand in einem schmalen Verschlag auf dem nackten Steinboden. Es war mit einer kurzen Leine angebunden, sodass es sich kaum bewegen konnte, und es hatte weder etwas zu fressen noch etwas zu trinken zur Verfügung. Es sah einfach erbärmlich aus, ganz apathisch und halb erfroren und verhungert. Melinda schob sich nach vorne zum Kopf des Tieres durch und fütterte ihm alles, was sie dabei hatte. Sie musste die arme Stute praktisch dazu überreden, etwas zu fressen. Sie weinte, als sie nach Hause ging.

      Mitten in der Nacht, als es schon lange dunkel war und ihre Eltern sie schlafend im Bett glaubten, kam sie zurück. Das war nicht leicht, denn sie musste warten, bis ihre Eltern zu Bett gegangen waren, um sich hinausschleichen zu können, und natürlich war es riskant. Wenn einer der beiden auf die Idee kam, nach ihr zu sehen, würden sie bemerken, dass sie nicht da war. Melinda wollte sich gar nicht erst vorstellen, was dann passieren würde.

      Allein bei Nacht durch den Schnee zu stapfen, war sonderbar. Sie fürchtete sich eigentlich nicht, fühlte sich aber die ganze Zeit beobachtet und sah immer wieder über ihre Schulter, ob da jemand war. Doch es war nur ihre Einbildung und schließlich erreichte sie den Schuppen vollkommen außer Atem, weil sie sich so beeilt hatte. Während sie versuchte, den Knoten des Strickes zu lösen, redete sie dem Pony beruhigend zu, aber eigentlich wollte sie hauptsächlich sich selbst beruhigen. Was sie da tat, war Wahnsinn, aber sie ertrug es nicht, das arme Geschöpf noch einen Tag länger in den Klauen dieses Mannes zu lassen!

      Die nächste Woche war hart für Melinda. Sie hatte das Pony im geräumigen Gartenhaus untergebracht, das weit hinten auf dem Grundstück gelegen war und außerdem zu dieser Jahreszeit so gut wie nie aufgesucht wurde. Trotzdem zitterte sie jeden Tag, dass ihre Mutter oder ihr Vater aus irgendeinem Grund hineingehen könnte. Sie hatte sorgfältig die Hufspuren verwischt. Morgens stahl sie sich in aller Frühe zum Gartenhaus. Sie hatte Eimer dorthin gebracht und schmolz Schnee zum Trinken für das Pony. Sie kaufte säckeweise Karotten und Äpfel von ihrem gesparten Taschengeld, außerdem Heu in Tüten und schleppte alles zu ihrem neuen Schützling. Sie ging sogar außen herum zum Gartenhaus, damit nicht ein Trampelpfad vom Haus dorthin sie verriet. Es war unglaublich anstrengend, für das Pony zu sorgen, aber nach ein paar Tagen sah es schon fröhlicher aus und beschnupperte sie neugierig. Sie putzte es regelmäßig und entsorgte seinen Mist auf einem Feld in der Nähe. Einen Namen für ihre Freundin hatte sie auch schon: Cinderella. Sie fand, dass die kleine Stute wie eine Prinzessin war, die bisher im Elend leben musste und nun endlich zu ihrer höheren Bestimmung gefunden hatte.

      Endlich war Heiligabend gekommen. Melinda und ihre Eltern gingen zur Kirche und wie jedes Jahr hatten sie einen wunderschön geschmückten Baum, unter dem die bunt und glänzend verpackten Geschenke lagen. Als Melinda zur Bescherung ins Wohnzimmer kam, war nur ihre Mutter da. Wenig später kam ihr Vater herein, blass und ernst starrte er sie an, als hätte er einen Geist gesehen. Melinda bekam weiche Knie, weil sie ahnte, was nun geschehen würde.

      Ihre Mutter musterte besorgt ihren Mann. „Michael, ist dir nicht gut?“

      Er schüttelte eine Weile stumm den Kopf, dann sagte er: „In unserem Gartenhaus steht ein Pferd!“

      „Was hast du denn dort zu suchen gehabt?“, rief Melinda verzweifelt aus.

      Die Blicke ihrer Eltern richteten sich auf sie. „Melinda“, sagte ihre Mutter streng, „was hat das zu bedeuten?“ Was blieb ihr anderes übrig, als die ganze Geschichte zu beichten? Als sie fertig erzählt hatte, saß sie mit hängendem Kopf da und ihre Eltern waren fassungslos.

      „Ich kann nicht glauben, dass