Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Alles nur Theater


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      Jerry Cotton

      Privatdetektiv Joe Barry

      Alles nur Theater

      SAGA Egmont

      Privatdetektiv Joe Barry - Alles nur Theater

      Copyright © 1961, 2017 Joe Barry Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711668610

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1. Kapitel

      Das Stadion von Kent war bis auf den letzten Platz besetzt. Bei dem sportbegeisterten Publikum waren zwei Gruppen klar zu unterscheiden.

      Auf der Nordseite saßen die Studenten und Lehrer des College von Kent, dessen weiße Gebäude unmittelbar dahinter lagen. Die meisten von ihnen trugen Sweater mit den schwarz-gelben Farben von Kent, auf die in großen schwarzen Buchstaben der Name ihres College aufgemalt war.

      Auf der gegenüberliegenden Seite saßen die Anhänger von Mitchham. Das College von Mitchham lag in Maine, unweit Boston, und war noch um einige Grad exklusiver als Kent, was besonders auf den Parkplätzen deutlich wurde. Die Wagen aus Maine, mit denen die meisten Studenten gekommen waren, waren im Schnitt einen halben Meter länger als die aus New York.

      Auch sonst gab es noch einige Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Auf der Seite von Kent hatte sich jeder mit einem Lärminstrument bewaffnet, um die eigene Mannschaft damit zu ermuntern. Die Mitchham-Partei dagegen schwenkte rote Papierfahnen. Rot war die traditionelle Farbe von Mitchham. Die Studenten von Mitchham verhielten sich auch wesentlich ruhiger als die von Kent. Während des Spieles würde sich das allerdings ändern. Dann würden sie ihren Schlachtruf ertönen lassen, ein tiefes Röhren aus tausend Kehlen, das sich bis zur höchsten Lautstärke steigern würde. Die Schlachtenbummler aus Kent würden mit einem schrillen Schrei antworten, bei dem man mit der Hand schnell hintereinander gegen den Mund schlug. Es klang wie das Triumphgeschrei eines Siouxstammes auf dem Kriegspfad.

      Das alles war lange festgelegte Tradition. Das Fußballspiel zwischen Kent und Mitchham fand seit zehn Jahren jeden Sommer statt. Bislang stand die Bilanz für Mitchham günstiger – sechs zu fünf. Der heutige Tag würde darüber entscheiden, ob Kent ausgleichen konnte oder ob Mitchham auf den noch nie dagewesenen Vorsprung von sieben zu fünf davonziehen würde. Da Mitchham, das auch mehr Geld hatte, damit dann für zwei Jahre vorn liegen würde, wäre ein solches Ergbnis für Kent eine Katastrophe schlechthin gewesen. Entsprechend gespannt War die Atmosphäre.

      Kent hatte bereits einen taktischen Fehler begangen. Man hatte die Gäste auf die Sonnenseite des Stadions gesetzt. Es war ein heißer Sommertag, und die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel. Auf der Seite von Mitchham wurde die Stimmung immer feindseliger, je näher die Eröffnung des Spiels rückte. Mitchham war entschlossen, seiner Mannschaft jede Unterstützung zu geben und zu gewinnen.

      Keiner konnte in diesem. Augenblick ahnen, daß dieses Spiel nie stattfinden würde.

      *

      In Kent wurde nicht Rugby gespielt, sondern Soccer Football europäischer Fußhall. Das kam daher, daß John Baldon, ein reicher Theaterbesitzer aus New York, vor zehn Jahren einen Pokal gestiftet und zur Bedingung gemacht hatte, daß kein Rugby gespielt wurde. Der Theatermann hatte eine gründlich Abneigung gegen Rugby und gehörte zu den Leuten, die versuchten, dieses Spiel durch den Fußball europäischer Prägung zu ersetzen. Und er ließ sich dieses Hobby etwas kosten. Sämtliche mit dem Spiel zusammenhängenden Ausgaben wurden von ihm bezahlt, und da außerdem eine große Feier sich an das Match anschloß, gehörte Baldon zu den beliebtesten Leuten in Kent.

      Ein Zuschauer jedoch war an diesem Tag nicht wegen des Fußballs gekommen.

      Lieutenant Antony Starr von der New York Citizen Police lehnte an dem Geländer, das die Aschenbahn des Stadions von den Zuschauerrängen trennte. Neben ihm stand Leutnant Moore, ebenfalls aus New York.

      Starr sah auf die Uhr.

      „In fünf Minuten wird Baldon das Spiel anstoßen. Danach werden wir ihn aufsugchen.“

      Der Leutnant sah Starr zweifelnd an.

      „Glauben Sie wirklich, daß John Baldon jetzt Interesse für diese Sache haben wird?“

      Starr zuckte die Achseln.

      „Es wird ihm nichts anderes übrigbleiben. Unsere Informationen sind ziemlich eindeutig, Baldon besitzt eines der erfolgreichsten Theater am Broadway. Er ist auf dem besten Wege, das ,Farewest Theater’ und das ,Dunhill Theater‘, die beide unmittelbar daneben liegen, kaputt zu machen. Ich glaube nicht, daß die Konkurrenz da einfach zusieht.“

      Moore sah den Captain ungläubig an.

      „Ich kann mir schwer vorstellen, daß man zu derart massiven Mitteln greift. Dunhill ist doch kein Gangster.“

      Starr war anderer Meinung.

      „Ich kenne Dunhill, und ich kenng Bill Joyce, den Inhaber vom, Farewest‘, Beide sind skrupellose Geldleute, die lange genug versucht haben, John Baldon auf legale Weise fertig zu machen. Jetzt haben sie gemerkt daß sie es nicht schaffen, und ich bin sicher, daß sie jetzt rücksichtsloser vorgehen werden. Das letzte Stück von Baldon war ein Kassenschlager. Es hat über zweihundert Vorstellungen erlebt.“

      „Ich weiß“, nickte Moore. „Dunhill dagegen hat zur Zeit ein Musical laufen, das nur halbvolle Häuser bringt, und Joyce hat eben den zweiten Versager in dieser Saison vom Programm abgesetzt. Grob geschätzt beträgt sein Verlust zweihunderttausend Dollar.“

      „Ungefähr das, was Baldon mit seinem letzten Stück verdient hat“, sagte Starr.

      „Ich sehe deswegen noch keine akute Gefahr!“

      „Aber ich“, erklärte der Captain. „In einer Woche beginnt die neue Saison. Man erzählt sich, daß Baldon einen großen Knüller mit berühmten Stars aus Hollywood bringt. Von seinen Konkurrenten weiß ich, daß sie höchst mittelmäßige Stücke auf dem Spielplan haben. Wenn sie wieder einen Reinfall erleben, werden sie Baldon die Schuld in die Schuhe schieben. Deshalb versuchen sie, Baldon zu erledigen. Ich habe einige sichere Informationen, daß demnächst eine große Sache steigen soll.“

      „Da kommt Baldon“, sagte Moore und deutete auf das Spielfeld. Der Leutnant mußte schreien, um sich verständlich zu machen, denn inzwischen waren die beiden Mannschaften eingelaufen, und im Stadion erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm.

      „Hübsches Bild“, sagte Moore. „Baldon als Fußballstar!“

      Der Theatermann stand in der Mitte des Spielfeldes. Er trug einen weißen Leinenanzug. Eine Golfmütze beschattete ein fleischiges Gesicht. Er genoß sichtlich den Augenblick. Sprechchöre ertönten, die immer wieder seinen Namen riefen. Auch das war in Kent so Tradition.

      Inzwischen hatten die Mannschaften Aufstellung genommen. Der Schiedsrichter erschien und legte den Lederball genau in die Mitte des Platzes. Baldon stand etwa zehn Meter davon entfernt.

      „Ich glaube, für diesen Augenblick würde er zehntausend Dollar bezahlen“, sagte Moore. „Fünftausend Menschen, die ihm zujubeln. Ein eitler Bursche.“

      „Dabei müßte er Applaus aus seinem Theater gewohnt sein. Diese Theaterleute können nie genug bekommen.“

      „Nun ja“, grinste Moore. „Andere verlangen es in bar.“:

      Um sie herum war es ruhig geworden. Erwartungsvolle Stille legte sich über das weite Rund des Stadions.

      Auf dem Spielfeld visierte John Baldon den