den lauernden Feinden weniger gehört werden konnte, »Ihr seyd so weit von der Fährte, als ein Hund, wenn der Horican zwischen ihm und dem Wilde liegt! William Henry, Mann! Wenn ihr Freunde des Königs seyd, und ein Geschäft bei dem Heere habt, so thätet ihr besser, am Flusse hinab nach Edward zu gehen, und eure Sache Webb vorzulegen, der dort liegen bleibt, statt in die Engpässe vorzudringen und den frechen Franzmann über den Champlain in sein Nest zurückzutreiben.«
Ehe der Fremde auf diesen unerwarteten Vorschlag etwas erwiedern konnte, sprengte ein anderer Reiter durch das nahe Gebüsch sein Roß auf den Pfad, seinem Begleiter gegenüber.
»Wie weit mögen wir denn von Fort Edward seyn?« fragte der neue Sprecher. »Den Platz, nach dem ihr uns weiset, verließen wir diesen Morgen und unsre Bestimmung geht nach der Quelle des Sees.«
»Dann müßt Ihr euern Gesichtssinn früher als den Weg verloren haben: der Weg über den Trageplatz ist gute zwei Ruthen breit ausgehauen und eine so breite Straße, denk’ ich, als irgend eine in London, oder selbst vor dem Königspalast.«
»Wir wollen uns jetzt nicht über die Vortrefflichkeit des Weges streiten,« versetzte Heyward lächelnd: denn er war es, wie der Leser bereits entnommen haben wird. »Es ist genug, wenn ich euch sage, daß wir uns einem indianischen Führer anvertrauten, der uns einen nähern, wiewohl geheimeren Weg führen wollte, und daß wir durch seine vermeintliche Ortskenntniß getäuscht worden sind. Mit einem Wort: wir wissen nicht, wo wir uns befinden.«
»Ein Indianer in den Wäldern verirrt!« sprach der Kundschafter, bedenklich den Kopf schüttelnd: »wenn die Sonne auf die Baumgipfel brennt, und die Ströme ihre Bette füllen, und das Moos an jedem Baume ihm sagen muß, in welcher Richtung der Nordstern in nächster Nacht leuchten wird, wenn die Wälder voll von Fährten des Wilds sind, welche zu den Strömen führen, Punkte, die Jedermann kennt! Und noch sind nicht alle Gänse nach den Canadagewässern fort! Es ist seltsam, daß sich ein Indianer zwischen dem Horican und der Krümmung des Flusses verirrt haben soll? Ist er ein Mohawk?«
»Nicht von Geburt, obgleich in diesen Stamm aufgenommen; ich glaube, seine Heimath liegt weiter nördlich, und er ist einer von denen, die ihr Huronen nennt.«
»Hugh!« riefen die zwei Begleiter des Kundschafters, die bis zu diesem Theile des Gesprächs unbeweglich und anscheinend gleichgültig gegen das, was vorging, dagesessen hatten, jetzt aber überrascht mit einem Ungestüm und einer Theilnahme, die offenbar über ihre Zurückhaltung gesiegt hatte, emporsprangen.
»Ein Hurone!« wiederholte der kecke Kundschafter, noch einmal voll Mißtrauen den Kopf schüttelnd; »dies ist ein diebisches Geschlecht, und ich frage nicht viel darnach, von wem er aufgenommen wurde. Ihr könnt ihn zu Nichts als zum Wegelagern und Herumstreichen brauchen. Da Ihr euch der Sorge Eines aus dieser Nation anvertraut habt, so wundert es mich nur, daß Ihr nicht noch mit Mehreren zu thun bekommen!«
»Das hat keine Gefahr, da William Henry so viele Meilen vor uns liegt. Ihr vergesset, was ich euch vorhin sagte; unser Führer ist jetzt ein Mohawk und dient als Freund bei unserm Heer.«
»Und ich sage euch, daß, wer als Mingo geboren wird, als Mingo stirbt,« entgegnete zuversichtlich der Andere. »Nein, da lob’ ich mir einen Delawaren oder Mohikaner: die sind ehrlich; und wenn sie fechten wollen, wozu jedoch nicht Alle Lust bezeigen, da sie sich von ihren listigen Feinden, den Maquas, zu Weibern machen ließen – aber wenn sie überhaupt fechten wollen, so schaut mir einen Delawaren oder Mohikaner an, wenn Ihr einen Krieger haben wollt.«
»Genug davon,« sprach Heyward ungeduldig, »ich will nicht den Charakter eines Mannes untersuchen, den ich kenne, und dem Ihr fremd seyn müsset, Ihr habt mir noch nicht auf meine Frage geantwortet: wie weit sind wir von dem Hauptheer zu Edward? »Das kommt, scheint mir, darauf an, wer euer Führer ist. Ein Pferd, wie das da, dürfte eine gute Strecke Landes zwischen Sonnenauf-und Untergang zurücklegen, sollte Einer meinen.«
»Ich wünsche keinen Streit mit eiteln Worten gegen euch, mein Freund,« bemerkte Heyward, sein Mißvergnügen unterdrückend, in höflicherem Ton; »wenn Ihr mir die Entfernung von Fort Edward sagt und mich dahin führt, so soll eure Bemühung nicht unbelohnt bleiben.«
»Und wenn ich das thue, wer bürgt mir dafür, daß ich keinen Feind und Spion Montcalm’s nach den Festungswerken des Heeres führe? Nicht Jeder, der englisch sprechen kann, ist darum ein Ehrenmann.«
»Wenn Ihr bei dem Heere dient, von dem Ihr, wie ich schließe, ein Kundschafter seyd, so solltet Ihr das sechzigste Regiment des Königs kennen.«
»Das sechzigste Regiment! Ihr könnt mir wenig von den königlichen Amerikanern sagen, das ich nicht schon wüßte, obgleich ich ein Jagdhemd und seinen Scharlachrock trage.«
»Gut, dann kennt Ihr vielleicht unter Anderem den Major desselben.«
»Seinen Major!« unterbrach der Jäger, sich emporrichtend, wie Einer, der stolz auf das ihm geschenkte Vertrauen ist. »Wenn ein Mann im Lande ist, der Major Effingham kennt, so steht er vor euch.«
»Das Corps hat mehrere Majors. Der von euch genannte ist der älteste; aber ich spreche von dem allerjüngsten, der die Compagnien in William Henry befehligt.«
»Ja, ich habe gehört, daß ein sehr reicher junger Mann, aus einer Provinz weit im Süden, diesen Posten erhalten hat. Er ist jung für einen solchen Rang, wo er über Männern steht, deren Köpfe zu bleichen beginnen, und doch sagen sie, er sey ein geschickter Soldat und ein ritterlicher Herr.«
»Was er auch seyn mag, und wie er für seinen Posten sich eignet, er spricht jetzt mit euch und Ihr habt daher keinen Feind in ihm zu fürchten.« »Der Kundschafter betrachtete Heyward erstaunt, lüpfte dann seine Mütze und antwortete in einem minder freien, obgleich noch immer argwöhnischen Tone –
»Ich habe gehört, daß eine Abtheilung diesen Morgen aus dem Lager nach dem Ufer des Sees abgehen sollte.«
»Da habt Ihr recht gehört, ich wählte lieber einen nähern Weg, wobei ich mich auf den vorerwähnten Indianer verließ.«
»Und er täuschte euch und lief davon.«
»Keines von Beiden, wie ich glaube, wenigstens das letztere nicht; denn er ist in meinem Gefolge.«
»Ich möchte mir diesen Menschen etwas näher ansehen. Wenn es ein ächter Irokese ist, so erkenn’ ich ihn an seinem schelmischen Blick und an der Farbe seines Gesichts,« sprach der Kundschafter, indem er an Heyward’s Pferde vorbeischritt und den Weg hinter des Singmeisters Stute betrat, deren Füllen den Stillstand benützte, um die Mutter in Kontribution zu setzen. Nachdem er das Gebüsch bei Seite geschoben hatte, traf er einige Schritte weiter auf die Frauen, welche das Ergebniß der Besprechung mit Ungeduld und nicht ohne Furcht erwarteten. Hinter diesen lehnte der Läufer an einem Baum, die genaue Prüfung des Kundschafters mit unveränderter Miene aushaltend, aber mit einem so finstern und wilden Blick, daß schon dieser an sich Furcht erregen konnte. Zufrieden mit dem Resultat seiner Forschungen, verließ ihn der Jäger. Als er an den Frauen vorüberging, hielt er einen Augenblick, um ihre Schönheit zu betrachten, das Lächeln und Nicken Alicens mit augenfälligem Vergnügen erwiedernd. Von da trat er der Stute zur Seite und nachdem er einen Augenblick vergeblich den Charakter des Reiters zu erforschen gesucht hatte, schüttelte er den Kopf und kehrte zu Heyward zurück.
»Ein Mingo ist und bleibt ein Mingo, und da ihn Gott einmal so erschaffen hat, so können ihn weder die Mohawks noch andere Stämme anders machen,« sprach er nachdem er seine frühere Stellung wieder eingenommen hatte, »Wenn wir allein wären und Ihr wolltet das edle Roß der Willkühr der Wölfe überlassen, so könnte ich euch selbst den Weg nach Edward in einer Stunde zeigen: denn weiter ist es nicht von hier entfernt; aber mit den Frauen in eurem Gefolge ist es unmöglich.«
»Warum? Sie sind zwar ermüdet, aber für einen Ritt von ein paar Meilen weiter noch kräftig genug.«
»Es ist eine offenbare Unmöglichkeit!« wiederholte der Kundschafter, »für die beste Büchse in den Kolonien möchte ich in Gesellschaft des Läufers nach Einbruch der Nacht keine Meile in diesen Wäldern machen. Sie sind voll von lauernden