James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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Die Ansiedler von Connecticut sprechen zwar viel von ihrem Versammlungshaus in Wethersfield, aber ich glaube ihnen kaum die Hälfte davon; denn sie sind heillose Prahlhänse. Kaum hat man etwas zustande gebracht, dessen Wert sie anerkennen müssen, so kommen sie gleich mit etwas dazwischen; und dann ist zehn gegen eins zu wetten, daß sie sich die Hälfte, wo nicht gar das Ganze des Ruhms zueignen. Du erinnerst dich noch, Aggy, wie ich das Schild des kühnen Dragoners für den Kapitän Hollister malte; da kam denn ein Kerl, der im Dorf die Häuser mit Rötel anstrich, eines Tages zu mir und erbot sich, mir das Haarschwarz, das ich so nenne, weil es gerade wie Roßhaar aussieht, für den Schwanz und die Mähne zu mischen. Hinterdrein geht er hin und erzählt aller Welt, daß das Schild von ihm und Squire Jones gemalt worden sei. Wenn Marmaduke diesen Schuft nicht aus dem Patent jagt, so kann er meinetwegen in Zukunft sein Dorf mit eigenen Händen ausschmücken.«

      Richard hielt einen Augenblick inne und klärte seine Kehle durch ein lautes Hem, während der Neger, der die ganze Zeit über mit der Zurichtung des Schlittens beschäftigt gewesen war, sein Geschäft mit respektvollem Schweigen fortsetzte. Entsprechend den religiösen Bedenklichkeiten des Richters war Aggy nur Richards zeitweiliger Sklave, weshalb indes der Gebieter natürlich mit Recht die Achtung des jungen Negers beanspruchen konnte. Doch wenn irgendein Streit zwischen seinem gesetzlichen und seinem eigentlichen Herrn vorfiel, so fühlte der Schwarze zuviel Verehrung für beide, um einer eigenen Meinung Worte zu leihen. Inzwischen fuhr Richard fort, den Neger zu beobachten, wie dieser eine Schnalle nach der andern anzog, bis er mit einem Blick nach seinem Gehilfen, in dem sich einiges Schuldbewußtsein aussprach, fortfuhr:

      »Nun, wenn der junge Mann, der in jenem Sleigh war, ein echter Ansiedler aus Connecticut ist, so wird er jedermann erzählen, daß er meine Pferde gerettet habe, obgleich ich sie mit der Peitsche und dem Zügel weit besser vorwärts gebracht hätte, und zwar, ohne umzuwerfen, wenn er mich nur noch eine halbe Minute hätte gewähren lassen; denn ein Pferd hat’s nicht gerne, wenn man ihm eins auf den Kopf gibt. Es sollte mich nicht wundernehmen, wenn mir durch diesen Schlag der ganze Zug so verdorben wäre, daß ich die Rosse samt und sonders verkaufen müßte.«

      Richard hielt inne und hustete abermals; denn sein Gewissen schlug ihm stärker wegen des Tadels über einen Mann, der ihm eben das Leben gerettet hatte.

      »Wer ist der junge Mensch, Aggy?« fügte er bei. »Ich kann mich nicht erinnern, ihn je vorher gesehen zu haben.«

      Der Schwarze gedachte der Hindeutung auf den Santaclaus und erstattete einen kurzen Bericht, wie sie die fragliche Person auf dem Gipfel des Berges getroffen, wobei er es aber vermied, die zufällige Verwundung zu erwähnen, und nur beifügte, daß er glaube, der Jüngling sei ein Fremder. Richard war mit dieser Erklärung völlig zufrieden; denn es kam oft vor, daß Leute von hohem Rang Fremde, die sie im Schnee hinwaten sahen, in ihre Schlitten nahmen. Er hörte Aggy mit großer Aufmerksamkeit an und bemerkte dann:

      »Nun, wenn der junge Mensch nicht durch die Leute in Templeton verdorben worden ist, so läßt er sich vielleicht bescheiden an, und da seine Absicht ohne Zweifel eine gute war, so will ich einige Notiz von ihm nehmen. Vielleicht ist er ein Landjäger, Aggy – meinst du nicht?«

      »Ei, ja, Massa Richard«, entgegnete der Schwarze ein wenig verwirrt; denn ihm schwebte bereits die Peitsche seines Gebieters vor, die einen nicht geringen Schrecken in ihm weckte: – »ja, Sir, ich glaube, er so sein.«

      »Hatte er einen Rucksack und eine Axt?«

      »Nein, Sir, nur eine Büchse.«

      »Büchse?« rief Richard, als er die zum Entsetzen sich steigernde Verwunderung des Schwarzen gewahrte. »Beim Jupiter, so hat er den Hirsch erlegt! Ich wußte ja, daß Marmaduke keinen Bock im Sprung schießen kann. Wie war es Aggy? Erzähle mir alles! Wie ich meinen Vetter aufziehen will! Heraus damit, Aggy – nicht wahr, der junge Mensch hat den Bock geschossen und der Richter ihn gekauft? Ha, ha, ha! Nicht wahr? – und jetzt nimmt er ihn mit hinunter, um ihm das Geld auszuzahlen?«

      Die Freude über diese Entdeckung versetzte Richard in eine so gute Laune, daß die Furcht des Negers einigermaßen verschwand und er sich wieder an die Strümpfe des Santaclaus erinnern konnte. Nach einigem Würgen schickte er sich zu der Erwiderung an:

      »Ihr vergeßt, daß zwei Schuß da sein, Sir.«

      »Lüge nicht, du schwarzer Schlingel!« rief Richard, indem er auf den Schneedamm stieg, um den Rücken des Negers mit seiner Peitsche erreichen zu können. »Sprich die Wahrheit, oder du sollst mir’s büßen.«

      Mit diesen Worten erhob Richards Rechte langsam den Peitschenstock, und er wichste die Schnur mit der Linken, wie es der Profoß macht, ehe er die ›Katze‹ wissenschaftlich appliziert, worauf Agamemnon, nachdem er jede Seite seines Körpers seinem Herrn zugewendet, aber nicht für rätlich gefunden hatte, eine derselben der beabsichtigten Züchtigung auszusetzen, nachgab. Er bekannte in wenigen Worten den wahren Sachverhalt, indem er zugleich Richard dringend beschwor, ihn gegen den Unwillen des Richters in Schutz zu nehmen.

      »Das will ich, Junge – das will ich«, rief der andere, sich entzückt die Hände reibend. »Sage nichts und überlasse es mir, meinen Vetter zu bearbeiten. Ich hätte gute Lust, den Hirsch hier liegenzulassen und den alten Knaben selbst heraufzuschicken, um ihn abzuholen. Doch nein, Marmaduke soll mir zuvor ein bißchen dicktun, ehe ich über ihn her will. Beeile dich, Aggy, ich muß den jungen Mann verbinden helfen. Dieser Yankeedoktor versteht nichts von der Chirurgie, – habe ich doch auch des alten Milligans Bein halten müssen, während er es amputierte.«

      Richard setzte sich nun wieder auf den Bock, der Schwarze nahm den Hintersitz ein, und die Pferde trabten der Heimat zu. Während sie so den Berg hinunterfuhren, wandte der Rossebändiger sein Gesicht von Zeit zu Zeit nach dem Schwarzen zurück und fuhr fort zu sprechen; denn ungeachtet ihres kürzlichen Zerwürfnisses herrschte doch jetzt wieder die vollkommenste Eintracht zwischen Herr und Diener.

      »Ein neuer Beweis, daß ich mit meinen Zügeln die Pferde in das rechte Geleise brachte; denn ein Mensch, der in seinen rechten Arm geschossen ist, hat unmöglich Kraft genug, solche störrische Teufel herumzubringen. Ich wußte es gleich anfangs, aber ich wollte gegen Marmaduke nicht so viele Worte darüber verlieren. – Was, du willst beißen, Bestie? – Hü! Und noch der alte Natty dazu, das ist das beste an der ganzen Geschichte! – Nun, nun – Duke soll mir nur wieder etwas von meinem Hirsch sagen! Feuert er da beide Läufe ab, ohne etwas anderes zu treffen als einen armen Jungen, der hinter einer Tanne steht, und hinterdrein muß ich dem Quacksalber die Rehposten herausnehmen helfen.«

      In dieser Weise langte Richard im Tal an. Die Schellen klingelten, und Herrn Jones’ Zunge schwatzte, bis sie das Dorf erreichten, wo der Rossebändiger seine ganze Aufmerksamkeit auf eine gehörige Entfaltung seiner Kutscherkünste verwendete, um die Bewunderung aller gaffenden Weiber und Kinder auf sich zu ziehen, die sich an die Fenster gedrängt hatten, um Zeugen der Ankunft des Richters und seiner Tochter zu sein.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Rock Nathanaels war noch nicht fertig

       Und Gabriels Schuhabsatz nicht zugeschnitten

       Kein Band war da zu Peters Hutkokarde,

       Und Walters Dolch war ins Besteck gerostet.

       Nur Adam, Ralph und Gregor waren gut.

      Shakespeare

      Der Weg, der sich an der Seite des Berges hinuntergewunden hatte, führte zu einer sanfteren Steigung am Fuß desselben, wo er in rechtem Winkel abbog und auf einer geneigten Fläche unmittelbar in das Dorf von Templeton führte. Über den bereits erwähnten reißenden kleinen Strom war aus Baumstämmen eine Brücke gebaut, die durch ihre rohe Konstruktion und das übertrieben dichte Strebewerk sowohl den Wert der Arbeit als auch den Überfluß an Baustoff bekundete. Das Flüßchen, dessen dunkle Wogen über den Kalkfels seines Beckens dahinschossen, war nichts anderes als eine von den vielen Quellen des Susquehanna, – eines Flusses, zu dessen Bewillkommnung