James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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dabei, und sie kennen unsere Zahl und unsere Lage zu wohl, um die Jagd sobald aufzugeben. St! Seht nach dem Wasser dort oben, gerade wo es sich über den Felsen stürzt! Ich will kein Mensch seyn, wenn die satanischen Wagehälse nicht bis zur Spitze herab schwimmen: und wenn es unser Unstern so haben will, so haben sie die Vorderseite der Insel bereits erreicht! St! ruhig, Freund! oder das Haar ist von eurem Schädel weg, wie man ein Messer rückt!« Heyward hob den Kopf aus seinem Versteck empor und erschaute, was er mit Recht für ein Wunder von Geschick und Kühnheit halten mußte. Der Fluß hatte die Ecke des weichen Felsen so weit abgespült, daß sein erster Absatz nicht so abschüssig und senkrecht war, als es bei Wasserfällen gewöhnlich ist. Ohne einen andern Führer als die Strömung des Flusses, die nach der Spitze des Eilandes ging, hatte sich ein Theil dieser rachesüchtigen Feinde heran gewagt, und war auf diese Spitze zugeschwommen, von wo aus sie im glücklichen Falle den ausersehenen Schlachtopfern zu Leibe konnten.

      Kaum hatte Hawk-eye aufgehört zu sprechen, als sich vier Menschenköpfe über ein Paar Stämmen Treibholz zeigten, die sich an diesen nackten Felsen angelegt und die Wilden wahrscheinlich auf den Gedanken an die Ausführbarkeit des gefahrvollen Unternehmens gebracht hatten. Im nächsten Augenblick erschien noch ein fünfter an dem grünen Rande des Wasserfalls, ein wenig weiter von der Insel entfernt. Der Wilde kämpfte aus allen Kräften, die Sicherheitsspitze zu erreichen, und von den glänzenden Wellen begünstigt, streckte er schon einen Arm nach seinen Gefährten aus, die ihn herbeiziehen wollten, als er, von der wirbelnden Strömung fortgerissen, mit aufgehobenen Armen und starren Augen emporzuschießen schien und mit einem plötzlichen Sturze in den tiefen, gähnenden Abgrund, über dem er geschwebt, hinunterstürzte. Ein einziger wilder Schrei der Verzweiflung erscholl aus dem Schlunde, und alles war wieder so still wie ein Grab.

      Im ersten Drange des Edelmuths wollte Duncan zur Rettung des hülflosen Unglücklichen herbeieilen, fühlte sich aber durch den eisernen Griff des unbeweglichen Kundschafters festgehalten. »Wollt Ihr uns einem gewissen Tode entgegenführen, und den Mingos verrathen, wo wir verborgen liegen?« fragte Hawk-eye ernst; »‘s ist uns eine Ladung Pulver erspart, und Munition wird uns jetzt so nöthig, als einem gewürgten Wilde der Athem! Schüttet frisches Pulver auf die Zündpfanne eurer Pistolen – der Nebel vom Wasserfall verdirbt gern den Schwefel, und haltet euch zum Handgemeng bereit, während ich feure.«

      Mit diesen Worten fuhr er mit einem Finger in den Mund und that einen langen, schrillen Pfiff, der von den Felsen aus, wo die Mohikaner Wache hielten, beantwortet wurde. Duncan erblickte, als dieses Zeichen in der Luft erscholl, auf einen Augenblick über den zerstreuten Treibholzstämmen Köpfe, die aber ebenso plötzlich, als sie sich gezeigt hatten, wieder verschwunden waren. Ein leises Rascheln richtete seine Aufmerksamkeit nach hinten, und seinen Kopf wendend, erblickte er Uncas, der zu ihm herangekrochen kam. Hawk-eye sprach mit ihm in delawarischer Sprache, worauf der junge Häuptling mit besonderer Vorsicht und unerschütterlicher Kaltblütigkeit seine Stellung einnahm. Für Heyward war dies ein Augenblick fieberischer, ungeduldiger Erwartung: der Kundschafter hielt es aber für eine passende Gelegenheit, seinem jüngeren Kampfgenossen eine Vorlesung über den vorsichtigen Gebrauch des Feuergewehrs zu halten.

      »Unter allen Waffen« begann er, »ist die Büchse mit langem Lauf, wenn sie gut gebohrt und von weichem Metall ist, in geschickten Händen die gefährlichste, braucht aber einen starken Arm, ein scharfes Auge und viel Geschick beim Laden, um alle ihre Schönheiten zu zeigen. Die Büchsenmacher verstehen sich nur schlecht auf ihr Handwerk, wenn sie ihre Vogelflinten und Carab –«

      Er ward unterbrochen durch das leise, aber ausdrucksvolle »Hugh« des Uncas.

      »Ich sehe sie, Junge, ich sehe sie!« fuhr Hawk-eye fort: »sie sammeln sich zum Angriff, sonst würden sie ihre braunen Rücken unter dem Treibholze halten. Nun, laßt sie nur,« fuhr er fort, seinen Büchsenstein prüfend, »der Vordermann wenigstens läuft seinem Tod in die Arme, und wenn es Montcalm selbst wäre!«

      In diesem Augenblick wurden die Wälder von einem abermaligen Geschrei erfüllt, und auf dieses Zeichen sprangen vier Wilde aus dem Verstecke des Treibholzes hervor. Heyward empfand eine brennende Begierde, ihnen entgegenzustürzen, so mächtig wirkte die Ungeduld des Augenblicks; aber er wurde durch das Beispiel der Besonnenheit von Seiten des Kundschafters und Uncas’ zurückgehalten. Als ihre Feinde über die schwarzen Felsen, die sie trennten, in hohen Sprüngen, mit dem wildesten Geheul daherstürzten, und nur noch wenige Ruthen entfernt waren, erhob sich Hawk-eye’s Büchse langsam unter dem Gestrüpp und entlud ihren Inhalt. Der vorderste Indianer machte einen Sprung, wie ein angeschossener Hirsch und stürzte häuptlings in die Felsenklüfte der Insel.

      »Jetzt, Uncas!« rief der Kundschafter, sein langes Messer ziehend, während seine Augen vor Kampflust erglühten, »nimm den letzten der heulenden Satane; der andern zwei sind wir gewiß!« Uncas that, wie ihm befohlen wurde, und nur noch zwei Feinde blieben übrig. Heyward hatte eine seiner Pistolen Hawk-eye gegeben, und sie stürzten zusammen die kleine Anhöhe hinab, ihren Feinden entgegen. Zu gleicher Zeit gaben sie Feuer, aber Beide ohne Erfolg.

      »Das wußt’ ich und hab’ es vorausgesagt!« murmelte der Kundschafter, indem er die verachtete kleine Waffe mit bitterem Hohn in den Wasserfall hinabwarf. »Kommt, ihr blutgierigen Höllenhunde! Ihr kriegt einen Gegenmann von unverfälschtem Blut!«

      Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so war er mit einem Wilden von gigantischem Wuchs und wutschnaubender Miene im Kampf. In demselben Augenblick fand sich Duncan von dem zweiten angegriffen und war mit ihm in Handgemeng. Mit gleicher Gewandtheit hatten Hawk-eye und sein Gegner einander die aufgehobene, mit dem tödtlichen Messer bewaffnete Hand aufgefangen. Fast eine Minute standen sie da, einander starr in’s Auge blickend und alle Muskelkraft anstrengend, um obzusiegen. Endlich gewannen die zähen Sehnen des Weißen über die Glieder des weniger geübten Eingebornen die Oberhand. Der Arm des Letztern wich allmählig der wachsenden Kraft des Kundschafters, welcher plötzlich die bewaffnete Hand dem Griff des Feindes entriß und die scharfe Waffe ihm durch die nackte Brust in das Herz stieß. Mittler Weile war Heyward in einem noch gefahrvolleren Kampfe begriffen. Sein schwacher Degen war bei dem ersten Angriff zerbrochen. Da er jetzt jedes andern Vertheidigungsmittels beraubt war, so hing seine Rettung ganz von seiner Körperstärke und Entschlossenheit ab. Obgleich es ihm an keiner von beiden fehlte, so hatte er doch einen Feind gefunden, der ihm durchaus gewachsen war. Glücklicher Weise gelang es ihm bald, seinen Gegner zu entwaffnen, dessen Messer auf den Felsen zu ihren Füßen hin fiel. Von diesem Augenblick an entstand ein wildes Ringen, welcher von beiden den Andern von der schwindelnden Höhe in den nahen Abgrund des Wasserfalls hinabzustürzen vermöchte. Jeder Erfolg des Einen oder Andern brachte sie dem Rande näher, wo, wie Duncan wohl einsah, die letzte Anstrengung über den Sieg entscheiden mußte. Jeder der Ringenden bot alle seine Kräfte auf, und jeder neue Versuch brachte sie dem Rande des Absturzes näher. Heyward fühlte den Griff des Andern an seiner Kehle, und las in seinem wilden Lächeln die rachsüchtige Hoffnung, daß der Feind dem gleichen Schicksale entgegen gehe. Da fühlte er, wie sein Körper einer unwiderstehlichen Kraft zu unterliegen begann; und der junge Mann empfand die flüchtige Todesangst eines solchen Augenblicks in ihrer ganzen Furchtbarkeit. In dieser höchsten Gefahr fuhr plötzlich eine dunkle Hand und ein glänzendes Messer zwischen ihn und den Gegner. Der Indianer ließ los, als das Blut in vollen Strömen um die durchschnittenen Sehnen seines Handgelenks floß. Uncas’ rettender Arm riß Duncan zurück, während sein entzücktes Auge noch auf den wilden, verzweiflungsvollen Zügen seines Feindes ruhte, der rettungslos in den vernichtenden Abgrund stürzte.

      »In’s Versteck! in’s Versteck!« schrie Hawk-eye, der so eben seinen Gegner abgefertigt hatte; »in’s Versteck, wenn euer Leben euch lieb ist! die Arbeit ist nur halb gethan!«

      Der junge Mohikaner erhob ein lautes Triumphgeschrei und glitt, von Duncan gefolgt, die Anhöhe hinan, von der sie zum Kampfe herabgekommen waren, nach dem freundlichen Schutze der Felsen und Gesträuche zurück.

       Inhaltsverzeichnis

      – – Sie säumen noch,