James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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ich an dieser Küste das Kommando hätte, wie es bei Euer Gestrengen der Fall ist, ei, so sollte er mir dafür jetzt noch auf die Laufplanke; da steht ein gar hübscher Pfahl vor den Blöcken, und was die Katze anbelangt, so wollte ich ihre neun Schwänze recht hübsch eigenhändig zusammendrehen – ja, und in Ermangelung eines Besseren auch führen.«

      »Ihr müßt nicht allem, was Ihr über Natty hört, Glauben beimessen. Er hat eine Art natürliches Recht, sich seinen Unterhalt in diesen Bergen zu suchen, und wenn die Müßiggänger des Dorfes ihm eine Unbill zufügen wollten, wie sie es hin und wieder bei anerkannten Landstreichern machen, so werden sie finden, daß er unter dem Schutz des starken Armes der Gesetze steht.«

      »Die Büchse schützt besser als das Gesetz«, sagte der Major lakonisch.

      »Ich gebe nicht so viel für seine Büchse«, rief Richard, mit seinen Fingern schnippend. »Ben hat recht, und ich …«

      Hier wurde ihm durch das Läuten einer gewöhnlichen Schiffsglocke halt geboten, die vom Glockenturm der Akademie herunterbimmelte und der Gemeinde anzeigte, daß die Stunde für den Gottesdienst gekommen sei.

      »›Für diesen und jeden anderen Beweis Seiner Güte‹ – ich bitte um Verzeihung, Herr Grant, wollen Sie so gefällig sein und das Dankgebet sprechen? Es ist Zeit zum Aufbruch, da wir die einzigen Bischöflichen in der Gegend sind – das heißt ich, Benjamin und Elisabeth; denn ein Halbgläubiger wie Marmaduke ist so schlimm wie ein Ketzer.«

      Der Geistliche stand auf und sprach in demutsvoller Andacht das Gebet, worauf sich die ganze Gesellschaft zu dem Gang nach der Kirche – oder vielmehr nach der Akademie anschickte.

       Inhaltsverzeichnis

      Und zum Gebet ruft Evas sündige Kinder

       In ernsten Tönen der metallne Mund.

      Scotts Bürger

      Richard und Monsieur Le Quoi schlugen, von Ben begleitet, einen mit Schnee bedeckten Fußpfad nach der Akademie ein, während der Richter, der Geistliche und der Major den zwar weiteren, aber betreteneren Weg durch das Dorf wählten.

      Der Mond war aufgegangen, und seine Scheibe goß ihren Lichtstrom über die dunklen Umrisse der Fichten, die das östliche Gebirge krönten. Der Himmel war so klar und rein wie in manchen anderen Gegenden zur Mittagszeit. Die Sterne blinkten in der leuchtenden Atmosphäre wie das letzte Flimmern eines ersterbenden Feuers, und die Strahlen des Mondes, die sich auf der weißen, glatten Oberfläche des Sees und der Felder brachen, warfen ein Licht zurück, das durch die fleckenlose Farbe der unermeßlichen Schneemassen, welche die Erde bedeckten, noch erhöht wurde.

      Während der Sleigh sich leicht und stetig durch die Hauptstraße bewegte, beschäftigte sich Elisabeth mit dem Lesen der Inschriften, die fast über jeder Tür angebracht waren. Mit jedem Schritt, den die Pferde machten, begegneten ihre Augen nicht nur neuen Gewerben, sondern auch Namen, die ihr fremd waren. Sogar die Häuser schienen verändert. Das eine harte einen neuen Anbau erhalten, das andere war frisch angestrichen, und ein drittes stand an der Stelle eines bekannten, das ebenso schnell von der Erde wieder verschwunden war, wie man es aufgebaut hatte; aber alle schienen sich ihrer Bewohner entledigt zu haben, denn Männer, Weiber und Kinder strömten nach der Stelle, wo ihrer ein Schaugericht aus Richards und Benjamins Kunstküche harrte.

      Nachdem unsere Heldin die Gebäude, welche sich allerdings in dem heilen und weichen Mondlicht ziemlich vorteilhaft ausnahmen, genugsam betrachtet hatte, wandte sie ihre Blicke nach den verschiedenen vorbeieilenden Gestalten, ob sie nicht irgendeinen Bekannten fände. In ihre Mäntel, Kapuzen, Überröcke und Kragen gehüllt, schienen sich jedoch alle zu gleichen, und Elisabeths Augen spähten um so vergeblicher, da die schnell dahingleitenden Personen großenteils hinter den Schneehaufen, die man vor den Häusern aufgeschaufelt hatte, um einen Weg zu bahnen, verborgen waren. Ein-oder zweimal kam es ihr vor, als bemerke sie einen bekannten Gang oder eine Figur, deren sie sich erinnern konnte, aber dann verlor sich diese schnell wieder hinter einem jener ungeheuren Holzhaufen, die fast vor jeder Türe lagen. Erst als sie von der Hauptstraße in eine zweite einbog, welche die erstere in einem rechten Winkel kreuzte und geradezu nach dem Versammlungsplatz führte, traf sie auf ein Gesicht und ein Gebäude, die ihr beide nicht fremd waren.

      Das Haus stand an einer der Hauptecken des Dorfes und bekundete sich durch den zertretenen Weg vor dem Eingang sowohl als durch das Schild, das unter den vom See herkommenden Windstößen mit ächzenden Tönen hin und her pendelte, als eines der besuchtesten Wirtshäuser der Gegend. Das Gebäude war nur einen Stock hoch, aber die Dachfenster, der Anstrich, die Fensterläden und das lustige Feuer, das durch die Tür sichtbar war, gaben ihm ein behagliches Aussehen, dessen sich nicht viele seiner Nachbarn erfreuten Das Schild hing an einem gewöhnlichen Bierhausbalken und stellte auf einem Roß, das sich bäumte, einen mit Säbel und Pistolen bewaffneten Reiter vor, der eine Bärenmütze auf dem Kopf trug.

      Alle diese Einzelheiten sowie eine etwas unleserliche schwarzgemalte Inschrift, aus der jedoch Elisabeth, die mit der Sache vorher schon vertraut war, ohne Mühe die Worte ›Zum kühnen Dragoner‹ entziffern konnte, ließen sich im Mondlicht leicht unterscheiden.

      Als der Sleigh vorüberfuhr, traten eben ein Mann und eine Frau aus der Tür des Hauses. Der erstere schritt in einer steifen militärischen Haltung, die durch ein hinkendes Bein noch auffallender gemacht wurde, einher, während die Frau sich mit einer Miene vorwärts bewegte, die keine sonderliche Ehrfurcht vor dem, was ihrer wartete, ausdrückte. Die Strahlen des Mondes fielen gerade auf ihr rotes, breites und volles Gesicht und ließen unter einer lächerlich verzierten Haube, welche die Linien eines nicht gerade ängstlichen Gesichtes mildern sollte, ziemlich männliche Züge erkennen. Hinten auf ihrem Kopf saß ein kleiner, schwarzer, seidener Hut, ohne jedoch das liebenswürdige Antlitz zu beschatten, das sich im Mondlicht fast wie eine im Westen aufgehende Sonne ausnahm. Sie eilte mit männlichen Schritten vorwärts, um den Sleigh einzuholen; der Richter befahl daher dem Namensvetter des griechischen Königs, der die Zügel hielt, mit den Pferden zu halten, worauf sich nun folgendes Gespräch entspann:

      »Wünsche Glück und guten Willkomm in der Heimat, Richter«, rief das Weib mit hartem, irischem Akzent, »mir wenigstens seid Ihr immer willkommen. Und da ist auch Miss Lizzy – aber was das für ein hübsches Frauenzimmer geworden ist! Welch ein Herzweh würde sie nicht den jungen Männern machen, wenn wir so etwas wie ein Regiment im Orte hätten! Doch sollte man nicht von solchen eitlen Dingen reden, wenn uns die Glocke zur Kirche ruft, da sie einen, ehe man sich’s versieht, zur letzten Rechenschaft abrufen kann. Guten Abend, Major! Soll ich Euch diesen Abend eine Bowle Wacholderpunsch bereithalten, oder wollt Ihr die erste Nacht Eures Hierseins, die noch obendrein die Weihnacht ist, in dem großen Hause zubringen?«

      »Es freut mich, Euch zu sehen, Frau Hollister«, sagte Elisabeth, »ich habe mich durch das ganze Dorf nach einem bekannten Gesicht umgesehen und kein einziges außer Eurem gefunden. Auch Euer Haus ist noch das alte, während alle übrigen so verändert sind, daß ich sie nur noch an ihren Plätzen zu erkennen vermag. Ihr scheint auch das Schild sehr in Ehren zu halten, das ich meinen Vetter Richard malen sah, und auch den Namen untenherum, über den es, wie Ihr wißt, zwischen Euch und ihm zum Streit kam.«

      »Ah, Ihr meint den kühnen Dragoner? Und welchen Namen wollte er denn haben, da mein seliger Mann nie unter einem anderen bekannt war, wie mein Mann da, der Hauptmann, bezeugen kann? Er machte sich ein Vergnügen daraus, die Gäste zu bedienen, und war immer der vorderste, wo es galt. Aber ach, das hat alles ein plötzliches Ende genommen. Ich hoffe indes, daß er Gnade gefunden hat, wenn es mir der Pfarrer Grant auch hundertmal in Abrede stellen will. – Ja, ja, der Squire wollte das Schild malen, und da hielt ich es für das beste, das Gesicht des Verstorbenen zu verewigen, der so oft Gutes und Schlimmes mit uns geteilt hatte. Freilich sind die Augen nicht so groß und so feurig wie die seinen, aber Bart und Mütze gleichen sich wie ein Ei dem andern. Doch ich will Euch nicht länger mit Schwatzen in der Kälte aufhalten, sondern morgen nach dem Gottesdienst einkehren und mich nach Eurem Befinden erkundigen. Es ist unsere Pflicht,