James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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in York drunten ein gewisser Roschamboh mit uns«, rief die Wirtin, »ein ganz prächtiger Mann, der einen stattlichen Reiterzug anführte. Damals war’s auch, als der Sergeant von den englischen Batterien – Gott verdamm sie – einen Schuß ins Bein bekam.«

      »Ah! mon pauvre roi!« flüsterte Monsieur Le Quoi.

      »Der Kongreß hat Gesetze erlassen«, fuhr Marmaduke mit Ernst fort, »die das Land sehr nötig hatte. Unter anderem ist es verboten worden, in gewissen Strömen und kleineren Seen anders als zu den geeigneten Jahreszeiten mit Schleppnetzen zu fischen und den Hirsch zur Tragzeit zu schießen. Das sind Gesetze, die jeder umsichtige Mann schon lange für nötig erachtete; ich hoffe, es wird auch noch so weit kommen, daß Strafen auf das unzeitige Fällen des Holzes gesetzt werden.«

      Der Jäger horchte auf diese Mitteilung mit atemloser Aufmerksamkeit, und als der Richter geendet hatte, lachte er laut hinaus.

      »Mag man da Gesetze machen, soviel man will, Richter«, rief er, »aber wer wird in den langen Sommertagen die Berge und des Nachts die Seen bewachen? Wild ist Wild, und wenn einer welches findet, so darf er auch schießen. Ich erinnere mich schon seit vierzig Jahren her, daß dieses Recht in den Wäldern herrscht, und ich denke, ein altes Gesetz ist ebensoviel wert als zwei neue. Nur ein unerfahrener Jäger wird eine Geiß mit dem Kitzchen an der Seite schießen wollen, wenn nicht allenfalls seine Mokassins alt und seine Beinkleider zerrissen sind; denn das Fleisch ist zu solcher Zeit nicht zu genießen. Aber eine Büchse knallt unter den Felsen am Seeufer hin oft so laut, daß man meint, fünfzig seien zumal abgeschossen worden: – es würde da wohl schwer sein zu sagen, wo der Mann steht, der den Drücker berührt hat«

      »Mit dem Ansehen des Gesetzes bewaffnet, Meister Bumppo«, erwiderte der Richter ernst, »kann eine wachsame Obrigkeit viele Übelstände verhindern, die bisher obgewaltet und das Wild bereits so selten gemacht haben. Ich hoffe, noch den Tag zu erleben, wo das Eigentumsrecht des einzelnen an seinem Wild ebenso geachtet wird wie der Anspruch auf seine liegenden Gründe«

      »Diese Eigentumsrechte und Ansprüche sind lauter Neuerungen«, rief Natty, »und vor dem Gesetz soll keiner dem andern gegenüber ein Vorrecht haben. Letzten Dienstag waren es vierzehn Tage, daß ich einen Hirsch anschoß, der jedoch über die Schneedämme und einen Heckenzaun wegsetzte. Ich eile hinterdrein; das Schloß meiner Büchse fängt sich in den Zweigen, daß ich es nicht gleich wieder losmachen kann, und ehe ich mich’s versehe, ist das Tier auf und davon Nun möchte ich auch wissen, wer mir diesen Bock zahlen soll, der noch obendrein ein ganz herrliches Tier war? Wäre der Zaun nicht dagewesen, so hätte ich wohl noch einmal schießen können, und ich habe meine Lebtage nie auf etwas, das nicht Flügel hatte, dreimal abgedrückt. Nein, nein, Richter, die Ansiedlungen machen das Wild selten, nicht die Jäger.«

      »Der Hirsch ist allerdings nicht mehr so häufig wie zur Zeit des alten Kriegs, Bumppo«, sagte der Major, der aus seinen Tabakswolken heraus aufmerksam zugehört hatte, »aber das Land ist nicht geschaffen für das Wild, sondern für Christenmenschen.«

      »Ei, Major, ich glaube, Sie sind ein Freund des Rechtes und der Gerechtigkeit, obgleich Sie so oft in das große Haus gehen; aber ist es nicht hart, wenn einem Manne sein ehrliches Gewerbe, von dem er lebt, durch Gesetze gehemmt wird? Wenn’s nach dem Rechte geht, so muß einer jeden Tag der Woche im ganzen Patent fischen und jagen dürfen, wenn er Lust dazu hat.«

      »Ich verstehe Euch, Lederstrumpf«, entgegnete der Major, indem er seine schwarzen Augen mit einem bedeutungsvollen Blick auf den Jäger heftete, »aber Ihr seid doch sonst nie so klug gewesen, Euch allzusehr um das zu kümmern, was kommen könnte?«

      »Vielleicht hatte ich nicht so viel Anlaß dazu«, sagte der Jäger ein wenig verdrießlich und versank darauf in ein Schweigen, das er geraume Zeit nicht wieder brach.

      »Der Richter hat vorhin von den Franzosen erzählen wollen«, bemerkte Hiram, da die Unterhaltung jetzt ein wenig stocken wollte.

      »Ja, Sir«, versetzte Marmaduke, »die Jakobiner von Frankreich scheinen sich von einem Akt der Zügellosigkeit in den anderen zu stürzen. Sie führen ihr Schlächtergewerbe unter dem Titel ›Gesetzesvollstreckung‹ fort, und Ihr habt wohl gehört, daß sie der langen Liste ihrer Greueltaten auch die Ermordung ihrer Königin beigefügt haben.«

      » Les monstres!« murmelte Monsieur Le Quoi abermals, indem er sich plötzlich mit einem konvulsivischen Zucken auf seinem Stuhl umwandte.

      »Die Vendee ist verheert durch die Truppen der Republik; und die Einwohner, die es mit dem König halten, werden zu Hunderten auf einmal erschossen. – Die Vendee ist ein Distrikt im Süden Frankreichs, der noch mit vieler Treue an der Familie der Bourbonen hängt. Ohne Zweifel kennt ihn Monsieur Le Quoi und kann uns denselben genau beschreiben.«

      » Non, non, non, mon eher ami«, versetzte der Franzose mit unterdrückter Stimme, aber in raschen Worten, indem er zugleich mit der rechten Hand wie abwehrend gestikulierte und mit der linken seine Augen bedeckte.

      »In der letzten Zeit sind viele Schlachten geschlagen worden«, fuhr Marmaduke fort, »und leider blieben die wütenden Republikaner nur zu oft Sieger. Übrigens tut es mir nicht gerade leid, daß sie den Engländern Toulon abnahmen; denn es ist ein Platz, auf den letztere durchaus kein Recht hatten.«

      » Ah – ha!« rief Monsieur Le Quoi aufspringend und in großer Lebhaftigkeit mit beiden Armen die Luft durchschneidend, » ces Anglais!«

      Der Franzose ging unter Wiederholung dieser Ausrufe einige Minuten lang mit größter Hast in der Stube auf und ab und eilte sodann, wie übermannt von dem Sturm seiner innern Erregungen, plötzlich aus dem Hause. Man sah ihn durch den Schnee seinem Laden zuwaten und mit den Armen in der Luft fuchteln, als wolle er die Ehre seiner Nation aus dem Mond herunterholen. Seine rasche Entfernung erregte nur wenig Erstaunen, da die Dorfbewohner seine Weise bereits kannten; nur der Major Hartmann lachte, das erstemal während seines Besuches, laut heraus, erhob sodann den Krug und bemerkte:

      »Der Franzmann ist toll, aber vom Trinken gewiß nicht. Er müßte nur vor Freude trunken sein.«

      »Die Franzosen sind gute Soldaten«, meinte Kapitän Hollister, »sie haben uns bei York drunten manchen guten Dienst geleistet. Ich verstehe mich zwar nicht sonderlich auf die großen Bewegungen der Armee, aber ich glaube nicht, daß Seine Exzellenz imstande gewesen wäre, ohne ihren Beistand gegen Kornwallis zu marschieren.«

      »Da hast du recht, Sergeant«, unterbrach ihn sein Weib, »und ich wollte nur, du hättest dich gleichfalls stets wie sie gehalten. Prächtige Leute, die Franzosen! Ich hatte eben mit meinem Karren haltgemacht, wie Ihr vorwärts rücktet, um die Regulären zu unterstützen, als ein Regiment von diesen Herren vorbeimarschierte; so bediente ich sie ganz nach ihrem Gefallen. Und wie sie auszahlten! ja, in lauter guten, vollwichtigen Kronen – kein Fetzen von dem verwünschten Papiergeld drunter. Gott vergebe mir, daß ich fluche und so Eitles rede; aber das muß ich den Franzosen nachsagen, daß sie in gutem Silber zahlten. Sie konnten weit mit einem Glas reichen; denn sie ließen immer noch ein Tröpfchen drin, wenn sie es zurückgaben. Da lobe ich mir das Geschäft, Richter, wo man gut ausblecht und die Leute nicht gar so eigen sind.«

      »Dabei kann man’s allerdings auf einen grünen Zweig bringen, Frau Hollister«, bemerkte Marmaduke. »Aber was ist aus Richard geworden? Sprang er doch, sobald er sich gesetzt hatte, wieder auf und ist nun schon so lange abwesend, daß ich Sorge trage, er möchte erfroren sein.«

      »Hast nichts zu fürchten, Vetter Duke«, rief der genannte Ehrenmann in eigener Person. »Geschäfte können einen bisweilen warm halten, und wäre es der kälteste Abend, der je das Gebirge eingeeist hat. Betty, Euer Mann sagte mir, als wir die Kirche verließen, Eure Schweine würden schäbig. Ich habe daher ein wenig nach dem Stall gesehen und mich überzeugt, daß dem so ist, weshalb ich nach Eurem Hause lief, Doktor, und mir von Eurem Jungen ein Pfund Bittersalz abwägen ließ, um es unter ihre Tränke zu mischen. Ich wette einen Hirschziemer gegen ein graues Eichhörnchen, daß sie schon in einer Woche besser sein werden. Und nun, Frau Hollister, bin ich der Mann für ein Glas zischenden Flips.«

      »Dacht’ ich mir’s doch, Ihr könntet eines brauchen«,