oberflächlicher Schnickschnack.
Eigentlich war ich mir sogar ziemlich sicher, dass Emilia Brown von mir dasselbe dachte, nur umgekehrt.
Nämlich, dass ich eine langweilige Leseratte war, dessen mausbraunes Haar ihr träge über die Schultern fiel und die bei so ziemlich jeder Gelegenheit, etwas Süßes in ihren Mund zu stecken schien.
Ich konnte es niemandem verübeln, der so über mich dachte.
Denn wirklich spannend war ich nicht, nicht für die Leute, die die Lancaster School besuchten.
Aber das war okay, denn ich hatte mich längst daran gewöhnt, langweilig zu sein.
Ich hoffte, dass meine Zimmergenossin dieses Jahr etwas spannender war. Vielleicht eine Prinzessin auf der Flucht vor ihren Verwandten? Dann musste sie hier untertauchen und ich müsste sie verstecken, weil sie sonst für immer und ewig der Gefangenschaft verdammt war...
Ich grinste.
Wieso ähnelte diese Geschichte dem Buch, das ich gerade las?
Gähnend betrachtete ich das Zimmer. Es war genauso eingerichtet wie die anderen, mit großen Schreibtischen, dunklen Schränken und einem separaten Bad. Für Außenstehende muss sich das nach Luxus für ein Internat anhören, aber für den Preis, den man hier zahlte, war das nur angebracht.
Bis zum Abendessen dauerte es noch fast eine Stunde und ich hatte keine Lust, danach auch noch die Schnarchnasen-Rede von Direktor Taylor anzuhören.
Als mir dann die Augen zufielen, war ich schon halb im Land der Träume.
-Owen-
Ethan und ich grinsten uns an.
Wir saßen im großen Salon des Internats, einem hohen Raum mit Wänden in feinste Tapete gekleidet und runden, sich in die Höhe windenden Marmorsäulen.
Es waren viele Stuhlreihen aufgestellt, welche auf ein großes Pult gerichtet waren, an dem der Direktor gerade seine Rede beendet hatte. Endlich, er hielt jedes Jahr die Gleiche.
„Er hat sie auswendig gelernt und spult das Band jedes Jahr von Neuem ab.“ flüsterte Ethan mir zu und ich nickte mit gespielt ernster Miene.
„Es ist natürlicher wichtiger, dass er es einfach hat, aber dass seine Schüler jedes Jahr an Langeweile sterben, ist völlige Nebensache.“ Er blickte mich an und verkniff sich sein Lachen.
„…Herzlich Willkommen an der Lancaster School.“ endete er und ein höflicher Applaus belohnte ihn für sein aufgesagtes Gedicht. Als sich alle Zuhörer erhoben, machten Ethan und ich uns gemeinsam auf den Weg in den Aufenthaltsraum im Erdgeschoss der Burg.
Das Gebäude war ursprünglich ein Wohnsitz des britischen Landadels, diente nun aber reichen Familien dazu, ihren Kindern die beste Ausbildung Englands zu ermöglichen.
Der Aufenthaltsraum war gut besucht, der Billardtisch besetzt und die Musikanlage aufgedreht. Wir ließen uns auf der Ledercouch vor dem Kamin nieder und ich lehnte mich zurück.
Endlich hatte ich Zeit zum Aufatmen.
Meine Mutter hatte mich und meinen jüngeren Bruder herfahren lassen. Sie selbst, eine bekannte Filmschauspielerin, hatte es sich nicht nehmen lassen, mitzukommen und sich die Zimmer ihrer Söhne persönlich zeigen zu lassen.
Demzufolge hatte ich keine freie Minute, bis sie endlich weg war, da sie alles selbst inspizierte, obwohl Mrs. Chansbury ihr mehrmals versichert hatte, dass sie alles zu unserer Zufriedenheit tun würde.
Ich seufzte, manchmal meinte meine Mutter es zu gut.
Genau das war auch der Grund, weshalb ich einverstanden war, ein Internat zu besuchen.
Louie, mein kleiner Bruder, hatte nun sein zweites Jahr hier, ich war bereits in der elften Klasse. Hoffentlich würden wir uns nicht allzu oft sehen, denn ich wusste, dass er ständig eine Gelegenheit suchte, um mich zu nerven.
Er versuchte, sich noch immer zu rächen, da ich ihm in unserer Kindheit den einen oder anderen fiesen Streich gespielt hatte. Dabei fand ich Ameisen im Bett noch immer nicht so schlimm, wie er es damals aufgenommen hatte. Aber zu der Zeit war ich erst zehn Jahre alt gewesen und hatte eine kleine rebellische Phase, da meine Mutter sich gerade von meinem Vater scheiden ließ.
„Du hast doch sicher auch wieder vor, ins Rugbyteam zu kommen, oder?“ riss Ethan mich aus meinen Gedanken. Ich nickte.
Natürlich würde ich es wieder ins Team schaffen, keine Frage. Ethan und ich waren beide sehr sportlich, was automatisch zu Beliebtheit führte. Ich grinste.
„Na klar. Ohne uns können die die nächste Saison doch vergessen. Außerdem hast du eh keine andere Wahl.“
Er schaute mich irritiert an.
„Wenn du es nicht ins Team schaffst, dann hast du auch keine Chance bei den Mädchen mehr, mit diesem Gesicht.“
Er stieß mir den Ellenbogen in die Rippen und lachte.
„Halt die Klappe. Nur weil zwischen dir und Jenna was läuft, musst du dich nicht so aufspielen.“
Mein Grinsen verschwand. Jenna Olsen war eines der Mädchen, die man als sehr beliebt bezeichnen würde. Sie war die Kapitänin der Cheerleader und im letzten Jahr wirklich an mir interessiert gewesen.
Allerdings hatte ich die Ferien über nichts mehr von ihr gehört und hatte keine Ahnung, wie wir jetzt noch zueinanderstanden.
„Mal sehen.“ sagte ich vage und strich mir die Haare aus der Stirn. Ethan zog belustigt die Augenbrauen nach oben und jetzt war ich daran, ihm einen Seitenhieb zu verpassen. Lachend hielt er sich die schmerzende Stelle.
„Okay, ich gebe zu, wir sollten das Thema Mädchen für´s erste zur Seite schieben.“
„Einverstanden.“
Später am Abend, als wir wieder in unseren Zimmern waren, begann ich, meine Sachen in die Schränke einzuräumen. Ich hatte das ganz gerne hinter mir, denn im Schulalltag hatte man oft keine Lust mehr dazu.
Ethan hatte sich derweil bereits in sein Bett verkrümelt und schaute irgendeine Serie auf seinem Handy. Ich war erleichtert, als ich erfahren hatte, dass Ethan und ich wieder in einem Zimmer sein würden. Wir hatten es extra angegeben, aber trotzdem wurden manche Wünsche nicht berücksichtigt, beispielsweise, wenn die Mitbewohner im letzten Jahr durch schlechtes Benehmen aufgefallen waren.
Aber anscheinend waren unsere nächtlichen Ausflüge keiner Aufsichtsperson aufgefallen. Andererseits waren wir auch keine Anfänger mehr, denn mit der Zeit lernte man, den Lehrern geschickt zu entgehen.
Ethan und ich hatten uns in unserem ersten Jahr auf dem Internat, mit zwölf Jahren, kennengelernt und uns sofort super verstanden. Als wir dann auch noch viel Zeit durch das Rugbyteam miteinander verbrachten, wurden wir richtig gute Freunde.
Im nächsten Jahr gaben wir dann an, in dasselbe Zimmer zu wollen und seitdem gab es kein Jahr, an dem wir getrennt waren.
Nachdem ich meine Taschen ausgeräumt hatte, zog ich mich schnell um und ließ mich ebenfalls auf das Bett fallen.
Von Ethan hörte man nur noch ein Schnarchen. Er hatte nicht einmal begonnen, seine Sachen auszupacken. Ich grinste zufrieden. Das Jahr hatte perfekt angefangen, alles war so wie immer.
Der Alltag konnte beginnen.
-Liz-
Als ich mich am nächsten Morgen für den Unterricht fertig machte, bemerkte ich, dass meine Mitbewohnerin noch immer nicht da war.
Zumindest standen keine neuen Koffer vor dem unbenutzten Bett. Ich war gestern vor dem Abendessen eingeschlafen, weshalb ich nun großen Hunger verspürte.
Dass ich die Rede vom Direktor verpasst hatte, tat mir nicht im mindesten leid, denn ich hatte sie eh schon viermal gehört.
Als ich mich im Speisesalon am Buffet bedient hatte und an einem Tisch saß, verzehrte ich genüsslich mein Rührei.
Ich