es nicht – ich wagte nicht zu sprechen. Wir haben sie lebendig in den Sarg gelegt! Sagte ich nicht, dass meine Sinne scharf sind? Jetzt sage ich dir, dass ich ihre ersten schwachen Bewegungen in dem hohlen Sarg gehört habe. Ja, gehört – vor vielen, vielen Tagen schon – und doch wagte ich es nicht – wagte nicht zu sprechen! Und jetzt – heute Nacht – Ethelred – haha! – das Krachen der Tür des Einsiedlers, und das Todesröcheln des Drachen, und der Klang des Schilds! – sag lieber das Knirschen des Sargdeckels, und das Kreischen der Eisenangeln ihres Gefängnisses, und ihr Kampf mit dem kupfernen Bogengang des Gewölbes! Wohin soll ich fliehen? Wird sie nicht jeden Augenblick hier sein? Kommt sie nicht, um mir Übereilung vorzuwerfen? Höre ich nicht ihren Schritt auf der Treppe? Kann ich nicht das schwere, furchtbare Schlagen ihres Herzens hören? WAHNSINNIGER!« Er sprang heftig auf und schrillte seine Worte heraus, als wolle er in diesem Ausbruch die Seele aufgeben. »WAHNSINNIGER! ICH SAGE DIR, SIE STEHT JETZT VOR DER TÜR!«
Als hätte die übermenschliche Kraft der geschrienen Worte die Macht eines Zaubers – so öffnete die Tür mit den hohen altertümlichen Füllungen, auf die Usher deutete, in diesem Augenblick langsam die schweren, ebenholzdunklen Kiefer. Es war vielleicht das Werk eines gewaltigen Windstoßes – aber da stand die schlanke, in Weiß gehüllte Gestalt Lady Madeline Ushers unter der Tür. Blutflecken waren auf dem Leichentuch und Spuren verzweifelter Anstrengungen auf dem abgezehrten Körper. Einen Augenblick verharrte sie zitternd und schwankend auf der Schwelle, dann stürzte sie mit einem leisen, schmerzlichen Stöhnen nach innen auf ihren Bruder, der während ihres schweren, endgültigen Todeskampfs leblos mir ihr zu Boden sank, Opfer des Entsetzlichen, das er vorausgefühlt hatte.
Gehetzt floh ich aus dem Zimmer und diesem Haus. Der Sturm tobte noch in voller Wut, als ich mich auf dem alten Weg wiederfand. Mit einmal flutete ein Schimmer darüber hin. Ich drehte mich um, um zu sehen, wovon der ungewöhnliche Schein ausgehen mochte, denn hinter mir waren nur das mächtige Haus und seine Schatten. Das Leuchten kam von einem Teil des untergehenden blutroten Vollmonds, der hell durch den einst kaum wahrnehmbaren, bereits erwähnten Riss schien, der vom Dach des Hauses im Zickzack zum Fundament gelaufen war. Während ich darauf starrte, erweiterte er sich rasch. Wieder ein heftiger Windstoß, und das ganze Rund des Satelliten stand vor meinen Augen. Mir schwindelte der Kopf, als ich sah, dass die mächtigen Mauern auseinanderbarsten. Ein langes, lautes Getöse wie das Brausen von tausend Wasserfällen, und der tiefe dunkle Teich schloss sich düster über den Trümmern des HAUSES USHER.
1839 Übersetzung von Otto Weith
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