Hubert Weitensfelder

Die großen Erfinder


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href="#u9c887552-2f8c-5254-95d0-6109f03fe8ba">Eli Whitney (1765-1825)

       Wilbur und Orville Wright (1867-1912 bzw. 1871-1948)

       Anhang

       Bibliografie

       Kontakt zum Verlag

      Einleitung

      Die Begriffe des Erfinders wie auch des Erfindens haben sich im Lauf der Zeit sehr gewandelt. Erst seit dem hohen Mittelalter werden beide allmählich greifbar. In vorindustriellen Gesellschaften wurden erfinderische Geister im heutigen Sinn eher stigmatisiert, weil sie Bestehendes und vermeintlich Bewährtes zugunsten einer dynamischen Entwicklung aufs Spiel setzten. Seit dem 18. Jahrhundert wird die »Erfindung« zunehmend mit technischer Neuerung gleichgesetzt. Darüber hinaus erfolgt eine Unterscheidung von der »Entdeckung«, mit der etwas bereits Vorhandenes, aber bisher Unbekanntes bezeichnet wird. Die Stadien einer Erfindung lassen sich gliedern in die Invention (technische Konzipierung), die Innovation (technisch-wirtschaftliche Realisierung) und die Diffusion (gesellschaftliche Verwendung). Der Technikforscher Günter Ropohl nennt sie auch Erfindung, Neuerung und Verbreitung und fügt als mögliche, aber nicht notwendige erste Phase die Kognition bzw. Erkenntnis ein, welche auf wissenschaftlicher Forschung beruht (Ropohl 2001, vgl. das Literaturverzeichnis).

      Es gibt auf dem Büchermarkt viele Lexika und Darstellungen zur Geschichte der Erfindungen. Die Lebensläufe von Erfindern haben dagegen weniger Aufmerksamkeit erfahren, und wenn, dann tendenziell eher aus regional- oder nationalgeschichtlicher Perspektive. Für diesen Band habe ich in 44 Kapiteln 45 Erfinder ausgewählt, die Gebrüder Wright als die »siamesischen Zwillinge« der Erfindungsgeschichte wurden gemeinsam berücksichtigt. Als gemeinsamer Raster waren mir folgende Informationen wichtig: Geburtsort, Namen der Eltern, Beruf des Vaters und gegebenenfalls der Mutter, Zahl und Geschlecht der Geschwister, Name der Ehefrau(en) sowie Zahl und Geschlecht der Kinder. Damit entfielen jene Personen der Antike, die als wichtige Erfinder gelten, über deren Leben aber wenig oder fast nichts bekannt ist, wie Archimedes, Heron und Ktesibios. Für das späte Mittelalter steht Gutenberg als Beispiel, die Renaissance vertritt Leonardo, der Übergang vom Barock zur Aufklärung findet sich im Lebenslauf Böttgers wieder. Den zeitlichen Schwerpunkt habe ich aber für die Spanne von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg angesetzt, also für das »klassische« Zeitalter der Industrialisierung, in welchem dem Erfinden als individueller Tätigkeit eine besondere Bedeutung zukam.

      Bereits für diesen, wie man meinen möchte, gut dokumentierten Zeitraum stieß ich öfters auf erstaunliche Probleme, den einen oder anderen Lebenslauf in der angestrebten Zuverlässigkeit, Ausführlichkeit und inhaltlichen Dichte rekonstruieren zu können. Aus diesem Grund musste ich auf einige von mir zunächst geplante Biografien verzichten, beispielsweise auf jene von Nicolas-Louis Robert (Papiermaschine), Alois Senefelder (Steindruck), Nicolas Leblanc und Ernest Solvay (Sodaherstellung) und von Friedrich Hoffmann (Ringziegelofen).

      Die Auswahl für diesen Band kann nur subjektiv sein, daran ändert auch die im Titel vorgegebene Ausrichtung auf die »großen« Erfinder nichts. Die Einzigen, auf die das zutrifft, wären meines Erachtens Leonardo da Vinci und Thomas Alva Edison. Was macht aber die Größe eines Erfinders aus? Sicher hängt sie mit der Bedeutung einer Erfindung zusammen; doch lassen sich viele von diesen nicht einer bestimmten Person zuordnen, darunter so bekannte wie Fahrrad und Computer. Ist es die Idee? Leonardo wurde aufgrund seiner Zeichnungen lange die Urheberschaft für viele Neuerungen zugesprochen, bis sich die nüchterne Betrachtungsweise durchsetzte, dass er vielfach lediglich eine Reihe bereits bestehender Gedanken als Erster zu Papier gebracht hat. Das meiste wurde von ihm auch gar nicht realisiert, manches erst Jahrhunderte später nachgebaut und dabei auf seine Funktionalität getestet. Auch die Fähigkeit, eine Erfindung zur wirtschaftlich rentablen Innovation zu machen und zu verbreiten, reicht als Indikator nicht aus, gelten doch die Sympathien oft eher den Vorläufern und den mitunter dramatisch Gescheiterten denn jenen, welche den materiellen Erfolg für sich beanspruchen konnten. Legt man wiederum charakterlich-moralische Maßstäbe an die »Größe« an, so würden sich manche an der Aufnahme des cholerischen und geldgierigen Frauenhelden Isaac Merritt Singer stoßen, andere an Samuel Colt und Alfred Nobel mit ihren todbringenden Produkten, weitere an Ferdinand Porsche und seiner intensiven Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Regime. Am Beispiel der Nähmaschine habe ich mit dem gescheiterten Josef Madersperger und dem erfolgreichen Singer zwei Aspekte dieses unsicheren Faktors »Größe« berücksichtigt.

      Auch die hier angelegten Kriterien für die regionale bzw. nationale Herkunft der Erfinder scheinen eine Erläuterung wert. Der Schwerpunkt liegt im angelsächsischen und deutschsprachigen Raum. Von England ging die Industrielle Revolution aus, die Vereinigten Staaten zeichneten sich durch erhebliche Innovationsfreude aus und bildeten schon früh einen großen und kaufkräftigen Markt für Neuerungen. Ferner habe ich in hohem Maß deutsche und österreichische Erfinder berücksichtigt. Die Auswahl ist unter anderem der zur Verfügung stehenden Literatur geschuldet. So existiert mit dem herausragenden Band von Harold Evans für die Vereinigten Staaten ein höchst reichhaltiges und zuverlässiges Kompendium (Evans 2004), während es für Großbritannien – was mich überraschte – nichts Entsprechendes gibt. Nach dem Land ihres Wirkens scheinen zwölf US-Amerikaner, zehn Deutsche, neun Engländer, acht (Alt-)Österreicher, drei Franzosen, zwei Italiener und ein Schwede auf. Gemessen an den Geburtsorten, sind nach den heute gültigen Grenzziehungen zehn Staaten vertreten. Die eher geringe Gesamtzahl dieser Biografien mag das Ergebnis nach Ländern etwas verzerren, für eine größere Grundmenge an Erfindern wären aus meiner Sicht vor allem Frankreich und die Schweiz, aber auch der osteuropäische Raum stärker zu berücksichtigen. Asien ist indirekt präsent, handelt es sich doch bei Gutenbergs beweglichen Lettern für den Buchdruck und bei Böttgers Porzellan gewissermaßen um europäische Nacherfindungen.

      Die Tätigkeit des Erfindens stellt im Allgemeinen keinen definierten Beruf dar, als »professionelle Erfinder« können am ehesten Bessemer und Edison betrachtet werden. Ein gutes Drittel der hier ausgewählten Personen lässt sich als Erfinder-Unternehmer charakterisieren. An weiteren Kombinationen treten auf: Erfinder-Unternehmer-Naturwissenschaftler (z.B. Auer), Erfinder-Konstrukteure (Porsche), Erfinder-Professoren (Kaplan), Erfinder-Priester (Hahn) sowie Erfinder-Offiziere (Siemens in den Anfängen seiner Karriere). Als Erfinder-Dilettanten im positiven Sinn des Begriffs können Marconi und Talbot gelten, die aus begüterten Familien stammten.

      Was die Kategorie des Geschlechts betrifft, so spielten Frauen offenbar bei den Erfindungen von Babbage, Benz und Whitney eine wichtige Rolle. In vielen Fällen mag der Anteil weiterer Frauen von den Erfindern und ihren Biografen unterschlagen worden sein. Wie unlängst dokumentiert wurde (Jaffé 2008), traten Frauen in den vergangenen Jahrhunderten durchaus in der einen oder anderen Form als Erfinderinnen auf, wobei viele Verbesserungen die ihnen zugewiesenen Sphären wie Körperpflege und Mode, Haushalt und Kinder betrafen. Bekannt ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der Name von Melitta Bentz, einer Leipziger Hausfrau, die sich 1908 eine neue Methode der Zubereitung von Kaffee mit einem Gebrauchsmuster schützen ließ. Doch verhinderten mentale, soziale und rechtliche Rahmenbedingungen über Jahrhunderte die Anerkennung der diesbezüglichen Leistungen von Frauen, offenbar noch stärker als in den Naturwissenschaften: Es gibt unter den Erfinderinnen keine Marie Curie.

      Sucht man Verbindendes in den hier vorgestellten Lebensläufen, so finden sich nicht allzu viele Gemeinsamkeiten. Immerhin jeder dritte erhielt eine Ausbildung an einer technischen Schule oder an einer Hochschule, während einige gar keinen regulären Schulunterricht genossen. Drais und Talbot waren adeliger Herkunft, aber wenige entstammten ausgeprägt reichen oder armen Familien. Bei manchen spielten offenbar die Berufe und Leistungen der Väter (Auer, Bessemer, Goodyear, Nobel) oder auch der Mütter (Baekeland, Edison, Tesla, Brüder Wright) eine gewisse Rolle für ihre Erfinderlaufbahn, bei anderen wie den Brüdern Wright fällt eine Häufung erfinderischer Begabung unter Geschwistern auf. Vielfach klingt in den Biografien der Aspekt des sozialen Ansehens an, der über individuelle Absichten