Helmut Neuhold

Die großen Eroberer


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Untertänigkeit zu bezeugen und keinen Tribut zu liefern, Krieg führten – in der Kraft der großen Götter, meiner Herren, kämpfte ich mit ihnen. 27.280 Einwohner nebst Streitwagen und den Göttern, auf die sie vertrauten, rechnete ich als Beute … Leute aus Ländern, die ich mit meiner Hand erobert hatte, ließ ich darin einziehen. Einen General stellte ich als Statthalter über sie ein und zählte sie zu den Bewohnern Assyriens.“

      Vielleicht starb Salmanassar sogar während der Kämpfe gegen die Israeliten, was den Machtwechsel in Assyrien zu dieser Zeit erklären würde. Tatsache ist jedenfalls, dass Sargon in der Bibel keinen guten Ruf genießt.

      Im Jahre 711 v. Chr. musste Sargon einen neuen Aufstand in Palästina niederschlagen, er eroberte das Land der Philister und verleibte es als Provinz Asdod dem Assyrischen Reich ein. In seinen Aufzeichnungen zum Jahr 709 v. Chr. berichtet Sargon, er habe die „Sieben Königreiche“ auf der Insel Ia im Gebiet von Atnana (vermutlich Zypern) bezwungen.

      Der assyrische König verwirklichte einen sehr ambitionierten Plan, als er sich eine neue, eigene Hauptstadt erbauen ließ. Die Arbeiten an Dur-Scharrukin („Die Burg des Sargon“) hatten bereits 717 v. Chr. begonnen und konnten mit Hilfe der Beute aus Sargons Kriegszügen laufend fortgeführt werden. Der König hatte die Besitzer des für den Bau vorgesehenen Gebietes nicht enteignet, sondern ihnen Grund und Boden ordnungsgemäß abgekauft. Als Arbeiter wurden in erster Linie Kriegsgefangene und Deportierte eingesetzt. Die reichlich vorhandenen Urkunden zur Baugeschichte dieser neuen Stadt lassen erkennen, wie groß der logistische Aufwand dabei war und wie perfekt die Administration funktioniert haben muss. Allein die Versorgung der vielen Arbeiter dürfte eine ähnlich große Anstrengung erfordert haben wie beim Bau der ägyptischen Pyramiden.

      Als die neue Residenz im Jahre 706 v. Chr. eingeweiht wurde, überführte man die Kultbilder der bedeutendsten Götter von Assur in die neue Hauptstadt. Alle hochrangigen Persönlichkeiten des Reiches und viele Abgesandte ausländischer Herrscher nahmen an dieser prunkvollen Zeremonie teil. Der König hatte die neue Kapitale als Abbild des Kosmos entworfen. Die einzelnen Tore und Mauerabschnitte waren nach Göttern benannt, der Königspalast und die Tempel der wichtigsten Gottheiten standen auf einer künstlichen Terrasse hoch über der Stadt. Die Ausstattung der Hauptgebäude zeigte alles an Pracht, was zu jener Zeit nur möglich war. Doch hatte die Stadt ein trauriges Schicksal: Nach dem Tod Sargons sank sie zum Sitz des Provinzgouverneurs herab und verlor rasch viel von ihrem Glanz.

      Im Jahre 705 v. Chr. unternahm Sargon II. einen Feldzug gegen die Kimmerer im Iran. Dabei wurde er, anscheinend aus dem Hinterhalt, getötet und konnte von seinen eigenen Leuten nicht geborgen und bestattet werden, was nach assyrischem Glauben bedeutete, dass dem Toten der Eintritt in die Unterwelt verwehrt blieb. Diese offensichtliche Schmach, mit dem das Leben des ruhmreichen Kriegerkönigs endete, war für Sargons Gegner offenbar eine große Genugtuung. So spielt auch das „Triumphlied über den Sturz des Weltherrschers“ in Jesaja 14 darauf an.

      Sargons Sohn Sanherib, der die Thronfolge antrat, gab die neue Hauptstadt, deren Bau noch nicht ganz vollendet war, auf und machte Ninive zu seiner Residenz. Er scheint ein fähiger Nachfolger gewesen zu sein, war er doch schon zu Lebzeiten seines Vaters häufig als dessen Stellvertreter tätig geworden und hatte in dessen Auftrag viele Herrscherfunktionen erfüllt. Er galt als tatkräftig, sorgsam und umsichtig. So folgte auf einen großen und fähigen Herrscher ein ebenso fähiger Sohn, was in der Geschichte relativ selten ist.

      ALEXANDER DER GROßE

      (356 v. Chr.–323 v. Chr.)

      Auf die Frage nach dem erfolgreichsten Eroberer aller Zeiten wird sehr oft der Name Alexanders III. von Makedonien genannt. Ohne Zweifel geht von dem wagemutigen Makedonenkönig, der innerhalb weniger Jahre Eroberungen in einem bis dahin unvorstellbarem Ausmaß machte und ein riesiges Reich hinterließ, eine ganz eigene Faszination aus. Mit ihm tritt für uns der Typus des großen Eroberers endgültig in das Rampenlicht der Geschichte.

      Alexander wurde im Jahre 356 vor Christus geboren. Sein Vater Philipp war seit 359 v. Chr. König von Makedonien. Er hatte in einer der dunkelsten Stunden Makedoniens die Macht übernommen und seinen Staat zu bisher nie gekannter Größe geführt. Dazu schuf er eine sehr schlagkräftige und verhältnismäßig große Armee. Man könnte ihn mit gutem Grund einen „Soldatenkönig“ nennen. Er sollte nach seinem Tod ein Heer hinterlassen, das dem Sohn als perfektes Instrument für seine Eroberungen diente. Und er hinterließ Alexander ein Makedonien, das die Vorherrschaft innerhalb der griechischen Staatenwelt errungen hatte.

      Abgesehen von einigen Legenden ist nur wenig über die Kindheit und Jugend Alexanders bekannt. Er wurde jedenfalls, gemeinsam mit einigen Gleichaltrigen, von dem berühmten Philosophen Aristoteles in Philosophie, Kunst und Mathematik unterrichtet, was wohl mit ein Grund dafür war, dass Alexander die griechische Kultur sehr bewunderte.

      Alexanders Mutter, Olympia, hatte großen Einfluss auf ihren Sohn. Sie war eine sehr starke Persönlichkeit, die auch vor Intrigen und Mord nicht zurückschreckte, um ihren Sohn auf den Königsthron zu bringen. Durch seinen Feldzug nach Asien konnte sich Alexander schließlich ihrer Einflussnahme zu entziehen.

      Alexander zeichnete sich militärisch schon in recht jungen Jahren aus, als er mit seinem Vater in den Krieg um die Vorherrschaft in Griechenland zog, der in der Entscheidungsschlacht von Chaironeia am 2. August 338 v. Chr. seinen Höhepunkt erreichte. In dieser Schlacht zeigte der junge Prinz, an der Spitze der adeligen Reiterei, großes militärisches Geschick und Mut im persönlichen Einsatz. Er hat sich damit wohl auch in den Augen der mächtigen Kriegerkaste Makedoniens als Thronfolger qualifiziert.

      Die weitere Entwicklung verlief für Alexander nicht unproblematisch. Sein Vater heiratete 337 v. Chr. eine weitere Frau, Kleopatra, was für makedonische Verhältnisse kein ungewöhnlicher Schritt war. Bei einem Bankett provozierte deren Vater, Attalos, den jungen Alexander, was zu einem offenen Konflikt zwischen diesem und seinem Vater führte. Alexander floh, gemeinsam mit seiner Mutter, nach Illyrien, kehrte jedoch nach einem halben Jahr wieder zurück.

      Im Sommer 336 v. Chr. wurde König Philipp auf der Hochzeit seiner Tochter Kleopatra mit dem König von Epeiros von einem Leibgardisten ermordet. Die Gründe dürften persönlicher Natur gewesen sein, doch konnten Alexander und seine Mutter den Verdacht nie ganz ausräumen, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein.

      Als Alexander mit 20 Jahren seinem Vater auf dem Thron nachfolgte, was relativ reibungslos vor sich ging, da das Heer auf seiner Seite stand, ließ er sehr rasch alle Mitglieder des Hofstaates, denen er nicht wohlgesonnen war, liquidieren. Auch sein Gegner Attalos wurde dabei auf der Flucht getötet.

      Die von König Philipp aufgebaute Armee bestand im Kern aus den adeligen Kriegern, den Hetairen (Gefährten), die normalerweise zu Pferde kämpften. Daneben gab es die Pezhetairen, die „Kampfgefährten zu Fuß“. Sie hatten als Hauptwaffe die Sarisse, eine ungefähr fünf Meter lange Lanze, die mit beiden Händen geführt wurde. Daneben gab es die Hypaspisten, eine Fußtruppe, die ähnlich wie griechische Hopliten mit einem kürzeren Spieß und einem großen Schild bewaffnet waren. Dazu kamen noch Spezialeinheiten wie Bogenschützen, Schleuderer und Speerwerfer. Alle diese Einheiten hatten eine erstklassige militärische Ausbildung hinter sich. Mit dieser Armee war Philipp zum Herrn Griechenlands geworden und sein Sohn Alexander schickte sich nun an, Herr der damals bekannten Welt zu werden.

      Der erste Einsatz dieser Armee unter Alexander erfolgte im Jahre 335, als Völker von Thrakien und Illyrien versuchten, sich von der makedonischen Herrschaft zu befreien. Alexander handelte entschlossen, überquerte die Donau und warf die thrakische und schließlich die illyrische Revolte nieder. Als auch die Stadt Theben den Aufstand wagte, zeigte der junge König exemplarische Härte. Er marschierte von Illyrien nach Theben, eroberte die Stadt, ließ sie zerstören, 6.000 Einwohner töten und die übrigen 30.000 in die Sklaverei verkaufen. Die anderen griechischen Städte unterwarfen sich daraufhin und versicherten Alexander ihre Gefolgschaft. Der junge König wandte sich nun dem bereits geplanten persischen Feldzug zu.

      Die große Auseinandersetzung mit dem Persischen Reich hatte schon zu König Philipps Zeiten begonnen. Der Krieg war von ihm bewusst herbeigeführt