Sawyer Bennett

Codename: Ghost


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werden und nicht mal an die Regierung gelangen darf, die uns beauftragt hat.

      „Kein Problem“, sage ich. „Danach werde ich meinen schriftlichen Bericht auch schnell fertig haben.“

      Kynan nickt, reibt sich das Kinn und sieht mich prüfend an. „Corinne wird dabei sein.“

      Ich beiße die Zähne zusammen. „Das gehört nicht zum Standardablauf.“

      „Vielleicht nicht beim Militär, aber das hier ist meine private Firma“, antwortet er, ohne den Tonfall zu verändern.

      Verfickt noch mal.

      Corinne Ellery ist die Psychologin für Jamesons Mitarbeiter. Bevor ich den Job hier angenommen habe, musste ich mich von ihr testen lassen. Ich bin nicht blöd … er will, dass sie dabei ist, um zu beurteilen, wie ich mit der Gefangenschaft umgehe.

      „Zusätzlich“, fährt Kynan fort, und ich spüre, dass noch mehr kommt, was mir nicht gefallen wird, „wirst du für eine Weile bei Corinne in Therapie gehen. Bis sie bestätigt, dass du wieder am aktiven Dienst teilnehmen kannst, wirst du zum Schreibtischhengst.“

      „Du willst mich wohl verarschen“, schnaube ich. „Ich brauche keinen Irrenarzt und bin voll in der Lage, wieder normal zu arbeiten.“

      „Verleugnung.“

      Mehr sagt er nicht. Nur dieses eine Wort, und er glaubt, dass es mich völlig beschreibt.

      „Ich will nichts leugnen“, knurre ich. In dem Versuch, mich nicht darüber aufzuregen und zu beweisen, wie gesund ich bin, lehne ich mich bequem in den Sessel zurück und versuche, entspannt zu wirken. „Ich bin gut erholt, nehme an Gewicht zu und bin innerlich total im Reinen mit dem, was mir passiert ist.“

      „Und was ist mit dem, was Jimmy und Sal passiert ist?“

      Ich kann meine körperliche Reaktion nicht verbergen. Unfreiwillig zucke ich zusammen und verziehe das Gesicht. Ich spüre es und weiß, dass er es sieht. Es ist dasselbe, wie wenn jemandem die Rippen gebrochen wurden und er hartnäckig behauptet, fit für den Dienst zu sein, aber wenn man ihm den geringsten Pikser verpasst, klappt er schmerzerfüllt vorn über und verrät seine Schwäche.

      Er gibt mir keine Gelegenheit, mich zu verteidigen, sondern erhebt sich lediglich. „Wenn du weiter für Jameson arbeiten willst, musst du bei Corinne in Therapie gehen, bis sie bestätigt, dass du dich mit deinen Gefühlen über die Gefangenschaft und dem Versagen der Mission adäquat auseinandergesetzt hast. Mir ist egal, ob es dir gefällt oder nicht, ich will nur, dass du es tust. Ich kann es kaum erwarten, dich wieder im vollen Dienst zu sehen. Wenn du es nicht willst, dann gebe ich dir eine nette Abfindung, wir schütteln uns die Hände und gehen getrennte Wege. Das sind deine einzigen beiden Optionen.“

      Gottverdammt, der Mann ist knallhart. Dennoch kann ich nicht anders, als ihn zu respektieren. Das Militär hat sich nie sehr um die mentale Gesundheit gekümmert, was ich meistens nicht gut fand. Komisch, wie sich die Dinge ändern können, wenn es um mich selbst geht.

      Etwas über zwei Wochen ist es her, dass mein Flugzeug in New York gelandet ist. Ich erwartete meine Familie am Gate. Und sie war auch da. Meine Eltern und meine drei Geschwister. Doch auch Kynan stand bei ihnen, was mich überraschte. Auf seine Art zeigte er mir, dass ich zu seiner Familie gehöre. Er blieb nur so lange, bis er mir eine brüderliche Umarmung gegeben und mir auf den Rücken geschlagen hatte, und noch ein paar Minuten, während ich mit meiner Familie aus dem Terminal ging. Draußen verließ er uns und versprach, mich freudig wieder bei Jameson zu erwarten, sobald ich dazu in der Lage wäre. Später erfuhr ich, dass er meine Eltern in einem teuren Hotel untergebracht hatte, damit wir etwas Zeit miteinander verbringen konnten, bevor unser Flug nach Hause ging.

      Der Mann kümmert sich – daran besteht kein Zweifel.

      Und ich habe etwas zu beweisen, also ist es keine Option, Jameson zu verlassen.

      „Gut“, sage ich zögerlich. Ich stehe auf und reiche Kynan die Hand. Er schüttelt sie und sein Ausdruck wirkt stolz.

      „Ich weiß, dass es schwer ist, sich dem Scheiß zu stellen“, sagt Kynan, nachdem er meine Hand losgelassen hat. Er geht zur Tür und ich folge ihm. „Aber glaube mir, du musst das verdauen, und die gesündeste Weise ist, mit einem Profi darüber zu reden.“

      „Verstanden.“

      „Also dann, bis morgen beim Debriefing“, sagt er und klopft mir auf die Schulter. „Ich bin wirklich froh, dass du wieder bei uns bist, Malik. Du bist ein wichtiges Mitglied unseres Teams.“

      Nachdem Kynan gegangen ist und ich die Tür hinter ihm verschlossen habe, lehne ich mich dagegen und denke an Corinne Ellery. Sie ist ein kluges Köpfchen. Eine exzellente Ärztin. Wie viel ich ihr wohl vormachen kann? Mit anderen Worten, wie wenig kann ich sagen, dass sie mich trotzdem wieder gesundschreibt?

      Kapitel 4

      Anna

      Es klopft an meiner Tür. Mit einem schnellen Blick auf Averys Stubenwagen, den ich in die Küche geschoben habe, gehe ich durchs Wohnzimmer, um zu öffnen.

      Wie erwartet steht Cage mit einem Sechserpack Bier in einer Hand und einem Teddybären in der anderen vor der Tür. Kurz lächelt er mich an, und sein Blick geht an mir vorbei in die Küche, wo er den Stubenwagen sieht.

      „Da ist ja mein Mädchen“, schnurrt er mit funkelnden Augen. Er drückt mir das Bier in die Hand und steuert direkt auf Avery zu.

      Die meisten Frauen wären beleidigt, wenn ein Mann zum Essen kommt und sie dann wegen eines niedlichen Babys ignoriert. Doch so ist es nicht zwischen Cage und mir. Wir sind nur Freunde, und das wird auch immer so bleiben.

      Allerdings gute Freunde. Wir sind uns unglaublich nah gekommen, und ich weiß nicht wirklich, warum. Er hat seine Kumpels, vor allem die Jungs bei Jameson, und seinen besten Freund Bodie, der in der Jameson-Filiale in Vegas arbeitet. Ich habe meine Freundinnen und meine beste Freundin Delaney aus der Highschool, die immer noch in Pittsburgh lebt. Wir treffen uns ein paarmal im Monat auf einen Drink, und sie war mir eine enorme Unterstützung, als Jimmy gestorben war. Ich habe Bettruhe halten müssen, weil der Stress mir Krämpfe und Blutungen verursacht hatte. Dank Mom und Delaney habe ich während der ganzen Trauerzeit und Schwangerschaft konstante Hilfe gehabt.

      Also ja, wir haben unsere eigenen Freundeskreise, aber wir haben auch einander.

      Vielleicht fühlt er sich mit mir verbunden, weil ich in der Army war. Cage war in der Navy. Schon immer habe ich gute Beziehungen zu Männern aufbauen können, wohl weil ich keine allzu mädchenhafte Frau bin. Zwar kann ich mich gut zurechtmachen, aber ich fühle mich genauso wohl in Jeans und Flanellhemd bei einem Bier. Auch kann ich mit Waffen umgehen, was irgendwie ein Vorteil für eine Freundschaft mit dem männlichen Geschlecht zu sein scheint.

      Wer weiß das schon, aber in den vergangenen fünf Monaten waren Cage und ich oft zusammen und sind uns nähergekommen. Außerdem ist Cage total begeistert von Avery. Er wird einmal ein gutes Vorbild für ihr Männerbild in ihrem Leben sein.

      Wir versuchen, einmal pro Woche zusammen zu essen. Normalerweise gehen wir irgendwo in ein Restaurant, bevor ich Avery von Mom abhole, aber da mein Geschirrspüler undicht ist, habe ich Cage gebeten, ihn sich anzusehen, und ihm dafür ein Abendessen bei mir angeboten. Ich kann gut kochen, also ist es ein fairer Tausch.

      „Was immer du gekocht hast, es riecht fantastisch“, sagt Cage über die Schulter hinweg. Er beugt sich über den Stubenwagen. Ohne zu zögern, hebt er Avery heraus, schnüffelt an ihrem Kopf und inhaliert ihren Babyduft. „Verdammt, sie riecht auch fantastisch. Warum riechen Babys nur immer so gut?“

      Lachend gehe ich zum Ofen und werfe einen Blick auf die Enchiladas. Sie brauchen noch ungefähr zehn Minuten. Ich nehme zwei Bier aus dem Sechserpack und stelle die restlichen in den Kühlschrank.

      Ich öffne das Bier. „Sie ist frisch