von Huysburg war an den Fluss Doubs geeilt, um die Interessen seines Fürsten zu vertreten. Bevor er jedoch mit dem Kaiser sprechen konnte, kam es zu einem Schauspiel, wie er es noch nicht gesehen hatte, und er genoss es, denn ein Skandal war allemal das Süßeste.
Es begann damit, dass Kardinal Roland, der päpstliche Legat, eine Rede hielt, und zwar auf Latein, was nur wenige der Anwesenden verstanden. Es fiel auch das Wort beneficium, was der Reichskanzler Rainald von Dassel, einer der engsten Vertrauten Friedrichs, mit »Lehen« übersetzte, und das führte dazu, dass ein Teil der deutschen Fürsten rot sah, denn sie verstanden das so, als sei das Kaisertum als Lehen und der Kaiser Friedrich I. als bloßer Lehnsmann des Papstes definiert worden, und das empfanden sie als skandalös und so nicht hinnehmbar. Es kam zu tumultartigen Szenen, und der bayerische Pfalzgraf Otto von Wittelsbach wollte mit dem Schwert auf den Abgesandten des Papstes eindringen.
»Halt, so nicht!«, rief der Kaiser und fiel dem Bayern in den Arm.
»Ich habe mit beneficium nicht Lehen, sondern Wohltat gemeint!«, schrie der Legat.
So blieb er erst einmal körperlich unversehrt, aber die Sache war damit noch lange nicht erledigt. Denn bei der Durchsuchung seines Gepäcks fand man Papiere, die auf Versuche Roms schließen ließen, die Kirchenhoheit des Kaisers zugunsten des Papstes zu unterlaufen. Man beschloss, Druck auf den Papst Hadrian IV. auszuüben, und es wurde von einem zweiten Zug nach Italien gesprochen.
Der Kaiser hatte keine Zeit für Ulric von Huysburg, und der war schon ziemlich verzweifelt, als ihm eines Abends in einer Schenke jemand auf die Schulter klopfte. »
– Hallo, mein Lieber, wie geht es dir?«Ulric von Huysburg fuhr herum und erkannte Ahmad at-Tawil, den Mann, den er im Lager der Wilzen befreit hatte. Sie freuten sich über das Wiedersehen, und Ulric schilderte dem Araber seine Schwierigkeiten, zum Kaiser vorgelassen zu werden.
Ahmad at-Tawil schmunzelte. »Jede gute Tat rächt sich einmal. Manchmal aber kann es auch anders kommen. Ich sehe Barbarossa heute und werde einmal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.«
So saß denn Ulric von Huysburg am 3. Oktober beim Kaiser und informierte ihn über das, was sich im Sommer dieses Jahres in der Nordmark zugetragen hatte. »Ihr könnt diesen Teil Eures Reiches nur dauerhaft sichern, wenn Ihr eine Mark Brandenburg schafft und Albrecht den Bären zum Markgrafen macht.«
Der Kaiser sah das ein und ließ noch am selben Tage eine dementsprechende Urkunde ausfertigen. Adelbertus Die gratia marchio in Brandenborch war darin zu lesen.
Ulric dankte dem Kaiser und machte sich auf, Besançon näher zu erkunden. Als er über den Marktplatz schlenderte, entdeckte er dort den Händler Nebojša aus Jutribuc.
»Wo ist Miluša?«, fragte er, nachdem er den Slawen begrüßt hatte.
»Sie steht hinter Euch.«
Ulric von Huysburg fuhr herum, und wenig später konnte er die Dame seines Herzens in den Armen halten.
Dû bist mîn, ich bin dîn:
des solt dû gewis sîn.
dû bist beslozzen
in mînem herzen:
verlorn ist daz slüzzelîn:
dû muost ouch immer drinne sîn.
Wahrheit und Dichtung
Wahr an dieser Geschichte – und in jedem Geschichtsbuch nachzulesen – sind die Entscheidungsschlacht um die Brandenburg und der Sieg von Albrecht dem Bär im Jahre 1157, der als Geburtsstunde der Mark Brandenburg betrachtet wird.
Historisches Personal
Personen
Pribislaw-Heinrich (um 1122–1150), Hevellerfürst
Petrissa, seine Frau
Albrecht I., auch Albrecht der Bär (um 1100–1170), Askanierfürst und Markgraf von Brandenburg
Otto I. (um 1130–1184), Albrechts Sohn und Nachfolger
Siegfried, Adalbert, Dietrich, Bernhard, Hedwig und Gertrud, weitere Söhne und Töchter Albrechts
Otto der Reiche (1125–1190), Markgraf von Meißen, Schwiegersohn Albrechts
Jaxa von Cöpenick, Sprewanenfürst
Heinrich der Löwe (1129/30–1195), Welfenfürst
Wichmann (1116–1192), Erzbischof von Magdeburg
Friedrich I., auch Barbarossa (1122–1190), deutscher Kaiser
Bolesław III. Schiefmund und Bolesław IV. der Kraushaarige, polnische Fürsten
Niklot, Fürst der Obotriten
Wertislaw, sein Sohn
Herrscherhäuser und Stämme
Askanier, ostsächsisches Fürstengeschlecht, dessen Name sich von dem latinisierten Namen Ascharia ihres Sitzes in Aschersleben ableitet
Sprewanen, slawischer Stamm im Gebiet der Spree
Heveller, slawischer Stamm an der mittleren Havel Obotriten, elbslawischer Stamm
Zamzizi, slawischer Stamm nördlich Berlins
Welfen, ein ursprünglich fränkisches Fürstengeschlecht Piasten, polnische Herrscherdynastie
Wettiner, Fürstengeschlecht auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen
Liutizen, Wilzen, slawische Stämme
Fiktives Personal
Im Umfeld von Albrecht dem Bär
Ulric von Huysburg, Ritter
Lynhardt von Schleibnitz, Ritter
Adelhayt, seine Gemahlin
Mertin von Freckleben, Ritter Hayntz von Helsungen, Ritter
Wiprecht von Wandsleben, Ritter
Hancz von Crüchern, Ritter
Eberlin von Mölz, Ritter
Ottin von Strenznau, Ritter
Cuntz, Knappe bei Ulric von Huysburg
Bogdan-Otto, Knappe bei Ulric von Huysburg
Zlata, Beiköchin auf Burg Brandenburg
Im Umfeld von Jaxa
Radogost, Ritter
Ciril, Ritter
Česćimér, Gefolgsmann Jaxas
Bohuměr, Wachposten
Nebojša, Sprewane und Kaufmann
Miluša, seine Tochter
Vuk, Knecht
Sonstige
Mickel, Jäger im Bereich der Brandenburg
Ahmad at-Tawil, arabischer Historiker
Berbelin und Linus, Urberliner
Milegost, Cealadrag und Liub, Wilzen
Anno 1190
Mord im Kloster Lehnin
Im Jahre 1190 betritt der liebestolle venezianische Händler Ricario Accorsi die Szenerie und schafft sich mit seiner Fähigkeit, allein durch seine Blicke Frauen zu verführen, beileibe nicht nur Freunde. Aus Magdeburg, wohin seine Geschäfte