Miriam Rademacher

Die Farben des Mörders


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Teilnehmer des Kurses wirklich schon seine Gehirnzellen ins Jenseits vorausgeschickt? »Und Sie malen jeden Tag? Aber doch nicht ausschließlich Obst?«

      Die Dame kicherte wieder fröhlich und versah ihre hellblauen Bananen mit dunkelblauen Klecksen. »Ich male viele verschieden Dinge. Das liegt an meinem immer schlechter werdenden Gedächtnis, verstehen Sie?«

      »Nein«, gab Jasper zu.

      Fiona ließ den Pinsel sinken und sah ihn an. »Zuerst habe ich mir zur Erinnerung Notizen auf so kleinen gelben Klebezetteln gemacht. Wie heißen die noch gleich?«

      »Post-it?«, versuchte Jasper sein Glück.

      »Ganz genau! Das war furchtbar. Überall klebten diese kleinen Zettel. Am Spiegel, am Telefon, am Kleiderschrank! Und überall standen nur wenige Worte drauf. Ich wurde ganz nervös davon. Können Sie das verstehen, Herr Pfarrer?«

      »Ich gebe mir Mühe.«

      »Da habe ich angefangen, mir meine Notizen zu malen. Das sieht viel hübscher aus. Ich male auf diese kleinen Klebezettel oder einfach auf eine Serviette. So, wie es sich ergibt. Das verleiht meinem Zimmer einen ganz eigenen Charakter.« Das glaubte Jasper ihr sofort.

      Nun mischte sich der Toupetträger ein, der Jasper schon am Tage zuvor aufgefallen war. Mr Biggles, wie er nun wusste. »Leider hinterlässt sie ihre Bildchen nicht nur in ihrem eigenen Zimmer, sondern überall. Gestern hatte ich das Portrait einer Waschmaschine an meinem Bademantel kleben. Umweltverschmutzung nenne ich diese Zettelwirtschaft«, meckerte er.

      »Du bist nur verärgert, weil sie dir besagtes Portrait auch schon einmal unbemerkt an dein pelziges Mützchen geklebt hat«, ließ sich nun wieder der Herr mit dem Halstuch vernehmen.

      In der Hoffnung auf irgendetwas ganz und gar Gewöhnliches warf Jasper einen Blick auf das Bild des Mannes und er wurde nicht enttäuscht. »Das Meer. Wie schön. So ein entspannendes Motiv.«

      »Nicht wahr? Ich bin jahrelang zur See gefahren. Für mich gibt es nichts Schöneres als die Weite des Meeres«, sagte der Mann.

      Jasper nahm ihn genauer in Augenschein. »Sie sind zur See gefahren? Sind Sie sicher?« Jetzt war es Jasper, der einen verwirrten Blick erntete. »Ich meine damit, dass man den meisten Seebären die Arbeit unter freiem Himmel und die raue See ansieht. Ihre Gesichter sind meist tiefbraun und schon in jungen Jahren sehr runzelig. Sie hingegen …« Jasper sprach nicht weiter, weil es ihm unnötig erschien. Der Mann sah nicht nur fit und agil aus, hatte eine tolle Figur und volles weißes Haar, er hatte auch noch recht wenig Falten.

      »Oh, vielen Dank, Herr Pfarrer. Das war wohl so etwas wie ein Kompliment. Tatsächlich habe ich keinen Fischkutter durch die Wellen geschaukelt. Ich war Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff. Mein ganzes Leben lang. Ich bin genau der Typ, den die Damenwelt beim Kapitänsdinner sehen will, verstehen Sie?« Er zwinkerte Jasper zu. »Meine schwere Arbeit bestand darin, ein schwimmendes Hotel sicher von einer Attraktion zur nächsten zu geleiten. Und auf der Brücke eines Luxusliners weht der Wind meist nicht übermäßig stark. Aber die Verantwortung für all die Menschen auf meinem Schiff, die wog manchmal schwer.«

      Jasper schmunzelte. »Sie haben sicher viel erlebt, Kapitän.«

      »Aber sicher. Soll ich Ihnen mal von dem Pinguin erzählen, der einen Schlittenhund verdroschen hat? Oder von dem einen Mal, wo ich als junger Offizier beim Anlegemanöver einen Knoten in die dicke Ankerkette gemacht habe? Das war vielleicht ein Ärger … So eine Kette mit einem Riesenknoten lässt sich ja nicht wieder einziehen. Wir mussten den Anker auf einem Kutter zwischenlagern, wo man dann mühevoll …«

      »Das interessiert doch keinen Menschen, Gilles«, warf Veera ein und spritzte orange Farbe quer über den Tisch. Die alte Dame war immer noch verstimmt.

      Gilles, der Kapitän, verstummte und zupfte nervös an seinem akkurat gestutzten Schnurrbart. Schließlich fragte er vorsichtig: »Nicht?« Dann seufzte er und sein Blick bekam einen traurigen Ausdruck. »Du hast vermutlich recht, entschuldige.« Er griff nach seinem Pinsel und widmete sich wieder schweigend dem Meer auf seinem Papier in all seinen Facetten.

      Fiona sah zu ihm herüber und krähte: »Ich würde wahnsinnig gerne die Geschichte von dem Pinguin und dem Hund hören.«

      »Natürlich würdest du das. Nur hättest du sie zwei Minuten später wieder vergessen«, zischte Veera und begann mit einer zweiten Lage Orange auf ihren Blumen. Doch der Kapitän schwieg und nichts schien daran für die nächste Zeit etwas ändern zu können.

      In diesem Moment hielt Biggles, der mürrische Toupetträger, sein Machwerk hoch, das einem großen Tintenklecks auffallend ähnlich sah. »Herr Pfarrer? Wie finden Sie denn das hier?«

      »Ergreifend«, antwortete Jasper und registrierte, dass Fiona nicht nur kichern und krähen, sondern auch prusten konnte.

      Da hörte er etwas auf dem Flur, das eindeutig nach Macarena klang. Auch die fleißigen Maler hielten inne und sahen jeder mit einem anderen Gesichtsausdruck in Richtung Tür: Veera verkniffen, Gilles mit offenem Erstaunen, Fiona, als erwarte sie gleich eine Geburtstaggesellschaft mit kerzenüberhäufter Torte im Türrahmen, und Mr Biggles einfach nur brummig.

      Jasper ging zur Tür und öffnete sie mit einem Ruck. Er sah eine singende und tanzende Polonaise in Richtung Eingangshalle verschwinden. Ihm gegenüber lehnte Colin in der offenen Tür zum Gymnastikraum und grinste breit.

      »Ich glaube, ich habe endlich meinen ganz eigenen Weg durch die Tanztherapie gefunden. Und wie lief es bei dir?«

      Hinter sich hörte Jasper das Aufschlagen eines gefüllten Wasserglases auf Linoleum und einen spitzen Schrei. Er rollte entnervt mit den Augen.

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