Daniel Allemann

Was GOTT ADAM und EVA nicht sagte


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rosig ist, statt den Mythos einer idyllischen Liebe aufrechtzuerhalten, die in Wirklichkeit in über der Hälfte der Fälle in einem trostlosen Knast endet. Vorsicht ist besser als Nachsicht: Nur wenn man der Realität der Beziehung zwischen Mann und Frau ins Auge sieht, hat man die größten Chancen, weniger Enttäuschungen zu erleben ...“

      Überzeugt, mich in die Enge treiben zu können, unterbrach mich die Moderatorin: „Sie sprechen von der Realität der Beziehung zwischen Mann und Frau ... Kann es sein, dass es sich dabei eher um ganz persönliche, verbitterte, demoralisierende Vorurteile handelt?“

      Sie hatte mich herausgefordert, also gab ich es ihr postwendend zurück: „Dann sehen Sie sich doch mal um! Sie sind weder blind noch taub! Die Tatsachen sprechen für sich: Noch nie hat es so viele Scheidungen und Trennungen gegeben! Jeder von uns hat dafür Beispiele in seinem Umfeld. Und die ganzen Patchworkfamilien, von denen es auch immer mehr gibt, sind auch nicht meine Erfindung!“

      Aber sie wollte nicht lockerlassen: „Werfen Sie jetzt bloß nicht alles durcheinander! Das ist die Zeit, in der wir leben, mit der Liebe hat das gar nichts zu tun!“

      „Dann erzählen Sie das mal den Frauen und Männern, die aufrichtig an ihre Gefühle geglaubt haben, aber nur eines dafür bekommen haben: große seelische Einsamkeit, unter der sie jeden Tag zu leiden haben!“

      Während die Moderatorin noch nach einer Antwort suchte, ergriff der Hörer wieder das Wort: „Aber trotzdem gibt es ja auch glückliche Paare!“

      „Ich behaupte ja auch gar nichts Gegenteiliges, aber Sie müssen zugeben, dass sie selten sind. Wenn Sie die Scheidungen, die Trennungen und die Paare zusammenrechnen, die resigniert haben und zusammen ein mittelmäßiges Leben führen, oder die gezwungenermaßen aus materiellen Gründen zusammenbleiben, dann bleibt nicht mehr viel Platz für das Glück zu zweit ...“

      Er war ein aufrichtiger Mensch und stimmte mir am Ende zu: „Ja, da haben Sie leider recht ...“

      Eine weitere Hörerin ergriff das Wort: „Ich gebe Sandrine Rochas vollkommen recht, und alle meine Freundinnen auch. Ich bin seit 12 Jahren verheiratet, und wenn die Kinder nicht wären, hätte ich mich schon längst scheiden lassen. Für mich lässt sich unser glückliches Leben zu zweit auf drei idyllische Monate zusammenfassen ... Seitdem ist es katastrophal. Jeden Tag Streit. Liebe, Harmonie und Glück zu zweit, ich weiß gar nicht, was das überhaupt ist! Ich finde mich in Ihren Artikeln vollkommen wieder ... Ich habe gehört, dass Sie an einem Buch schreiben. Stimmt das?“

      „Ja. Ich kann Ihnen sogar schon den Titel nennen: Die Liebe: eine einzige Katastrophe!“

      „Ich bin gespannt darauf. Ab wann kann man es kaufen?“

      „Nach den Sommerferien.“

      Ein weiterer Anruf eines sehr wütenden Hörers kam herein: „Sie haben recht: Die Liebe ist eine verdammte Katastrophe! Man muss völlig blind oder bewusstlos sein, um daran zu glauben!“

      „Das habe ich nie gesagt!“

      „Nein, aber ich bin mir sicher, dass Sie so denken!“

      „Das stimmt so nicht! Ich sage, dass wir sehr wenig über die Liebe wissen. Das ist nicht dasselbe. Und wenn wir so wenig wissen, dann deshalb, weil man uns von klein auf mit Ammenmärchen indoktriniert, so sieht es aus!“

      „Kann sein. Aber wenn Sie schon behaupten, für die Wahrheit einzustehen, dann seien Sie auch konsequent!“

      „Und das heißt?“

      „Geben Sie zu, dass Frauen Liebe und Gefühle in Wahrheit komplett egal sind. Sie haben nur eines im Kopf: einen Dummen zu finden, der ihnen materielle Sicherheit gibt!“

      „Da haben Sie aber vergessen, dass heute die meisten Frauen arbeiten und ihren Teil zum gemeinsamen Budget beitragen ...“

      „Ja, das ist genau das, was die feministischen Schlampen immer erzählen!“

      Hier zeigte der Starmoderator die richtige Reaktion: „Bleiben Sie bitte anständig! Sonst kann ich Sie leider nicht weiterreden lassen!“

      Mitten in den Tumult kam ein weiterer Anruf. Eine Frau, nach der Stimme zu urteilen sehr jung:

      „Also wissen Sie, man muss nicht besonders tief graben, um den Macho zu finden, der in jedem Mann schlummert! Aber deswegen rufe ich gar nicht an. Auch ich stimme Sandrine Rochas zu: Die Liebe ist einfach nur Unsinn! Man muss wirklich total naiv sein, um daran zu glauben!“

      „Bitte erklären Sie uns das ...“

      „Der Anrufer gerade hat gesagt, dass Frauen nur an eines denken. Und was ist mit den Männern? Sie sind doch geradezu besessen von Sex! Ihr ganzes schönes Gerede hat doch nur einen Zweck: Frauen ins Bett zu kriegen! Danach geben sie einem entweder den Laufpass oder betrachten einen als Möbelstück. Dann ist man nur noch das Dienstmädchen für alles, jederzeit verfügbar für die schnelle Nummer, wenn ihnen danach ist! Nennen Sie das etwa Liebe?“

      Die Moderatorin, die beim Zuhören kritisch den Mund verzogen hatte, warf ein: „Finden Sie nicht, Sie übertreiben da jetzt etwas?“

      Aber die junge Frau ließ sich nicht von ihrer Meinung abbringen: „Übertreiben? Auf keinen Fall! Fragen Sie mal die Frauen in Ihrem Umfeld, die allermeisten werden mir recht geben: Dauerhaft glückliche Paare gibt es nicht! Man muss schon wirklich dumm sein, um daran zu glauben!“

      Und sie fügte hinzu: „Bravo, Sandrine! Kämpfen Sie weiter, um den Frauen endlich mal die Augen zu öffnen. Dann bewahren Sie sie vielleicht davor, die Ammenmärchen zu glauben, die ihnen schon viel zu lange aufgetischt werden!“

      Mein Interviewer schien sich selbst für sehr witzig zu halten, als er bemerkte: „Jetzt kommt man sich hier schon fast wie auf einer Feministinnentagung vor ...“

      Da ich keinen Mucks von mir gab, beeilte er sich, einen weiteren Anruf entgegenzunehmen.

      Diesmal behielt er seinen Unmut für sich. Was die Hörerin zu sagen hatte, war nicht dazu geeignet.

      „Ich habe mir die komplette Sendung bis jetzt angehört. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich Ihnen nicht zustimme; ich bin empört, was Sie hier sagen. Ich glaube an die Liebe! Ich bin 48. Als ich meinen Partner kennenlernte, war ich 26. Wir waren immer glücklich und haben uns sehr geliebt, das garantiere ich Ihnen! Leider starb er vor sechs Jahren bei einem Verkehrsunfall. Er fehlt mir unendlich. Seit seinem Tod komme ich fast um vor Einsamkeit, es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke.“

      Der Moderator antwortete prompt mit der übertrieben traurigen Stimme eines schlechten Schauspielers: „Seien Sie überzeugt, dass wir alle aus tiefstem Herzen bei Ihnen sind.“

      Die Hörerin fuhr fort: „Vielen Dank, das berührt mich. Aber ich möchte gerne wissen, was die ‚Liebes-Spezialistin‘ Sandrine Rochas von meiner Meinung hält.“

      Mit einem spöttischen Lächeln wandte sich die Moderatorin an mich: „Sandrine, was antworten Sie dieser Hörerin, deren bewegender Fall Ihre systematische Abwertung der Liebe widerlegt?“

      Sie glaubte, mich endlich in die Enge getrieben zu haben. Ihr Lächeln war triumphierend.

      „Zuerst einmal möchte auch ich ihr mein aufrichtiges Mitgefühl versichern. Aber dann möchte ich ihr auch sagen, dass man aus vergangenem Glück nicht schließen kann, dass es die Liebe gibt ...“

      „Warum?“, fragte der Starmoderator, ausnahmsweise mal ernst und aufmerksam.

      „Weil ihre Aussage meiner Meinung nach nur eines beweist ...“

      „Und das wäre?“, fragten meine beiden Interviewer im Chor.

      „Das, was wir Liebe nennen, ist lediglich ein Ausdruck der Angst vor Einsamkeit, die in jedem Menschen vorhanden ist. Oder zumindest bei der großen Mehrheit. Ich werde nur eine einzige Tatsache anführen, obwohl ich Ihnen noch viele weitere nennen könnte: Die Hörerin sagt selbst, dass sie seit dem Tod ihres Partners vor Einsamkeit fast umkommt. Es ist genau diese Einsamkeit, wegen der sie leidet, nicht der Verlust einer Liebe, die einfach