Petra Rassmann

Mentalcoaching


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als einmal gelesen haben, wissen Sie nun, welche Stärken Sie haben und wie toll Sie sind. Richtig? Ich nehme an, Ihr Nicken und Ihr »Ja, ich weiß, wie toll ich bin« fällt noch etwas verhalten aus. Nicht schlimm, denn genau das trainieren wir jetzt!

      Eventuell haben Sie bereits Familie und Freunde um Unterstützung bei der letzten Aufgabe gebeten, als Sie nach Ihren Stärken gesucht haben? Wenn nicht, tun Sie es jetzt! Leider bekommen wir alle häufiger gesagt oder gezeigt, was wir nicht können, als dass uns jemand lobt, für das, was wir können. Und wir selbst sind meist unsere ärgsten Kritiker. Und genau das ändern wir ab heute! Denn in unserem heutigen Kapitel geht es darum, die gefundenen Stärken zu verinnerlichen und stolz darauf sein zu können und zu dürfen. Also Kopf hoch, Brust raus und Bauch rein! Jetzt ist ein bisschen Mut gefragt! Sie bekommen heute nämlich gleich zwei Aufgaben. Zum einen bitten Sie ab heute jemanden oder mehrere in Ihrer Familie, Ihrem Freundeskreis oder Ihre lieben Kollegen um Unterstützung. Denn ab jetzt befriedigen wir unser aller Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, denn wir lassen uns in den kommenden Tagen damit überschütten. Es wird wie mit dem Besten sein, das sie je gegessen haben. Wenn etwas gut duftet und danach noch hervorragend schmeckt, wollen Sie nicht nur einen winzigen Bissen davon kosten. Stellen Sie sich vor, sich von Ihrem Lieblingsgericht so richtig satt essen zu können. Spüren Sie, wie Ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft, wie der Magen beginnt zu knurren. Wir möchten einfach nur alles aufessen. Und genau das machen wir ab heute mal mit dem, was uns gut tut, mit Komplimenten. Wir kosten diesmal nicht nur eine kleine Portion davon, sondern wir essen uns so richtig satt.

       Alltags-Übung 1.2.:

      Bitten Sie noch heute Ihre Lieben darum, Ihnen ab heute für mindestens eine Woche jeden Tag drei nette Dinge zu sagen. Diese Dinge dürfen sich wiederholen, sollten aber bitte keine oberflächlichen Komplimente wie »tolle Hose, die Du heute trägst« sein. Sie sollten eher enthalten, was andere Menschen an Ihnen besonders mögen oder schätzen, wofür sie Sie respektieren oder zu Ihnen aufschauen. Und für Sie heißt das: Nehmen Sie das Gesagte an. Sagen Sie danke dafür und tun Sie es nicht als Selbstverständlichkeit ab. Vielen Menschen fällt es nicht leicht, Nettigkeiten und Komplimente anzunehmen. Versuchen Sie es. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie daran denken, dass ein freundliches »Danke« auch für Ihren Gegenüber schöner ist, als die Zurückweisung seines Komplimentes. Sie machen es Ihrem Gegenüber so wesentlich leichter. Denn Ihre Freude und Ihr Annehmen macht es auch für andere zu einer Freude, Ihnen etwas Liebes zu sagen. Und auch Sie selbst sollten mitmachen. Schaffen Sie sich ein kleines Buch oder einen hübschen Block an und beginnen Sie ein »Glückstagebuch« zu schreiben. Schauen Sie am Abend auf Ihren Tag zurück und schreiben Sie mindestens drei Dinge auf, die Sie heute wirklich gut gemacht haben. Und beginnen Sie den Satz dabei immer mit:

      »Ich habe heute besonders gut …«

      Sie werden sehen, welchen Spaß das macht! Anfangs müssen Sie sicher kurz innehalten und überlegen, aber neben all den Stärken, die Sie an sich erkennen werden, wird noch etwas passieren: Sie werden stolz auf sich sein, wenn Sie schriftlich vor sich sehen, was Sie alles toll machen. Und einer Sache können Sie sich sicher sein: Es macht stolz und zufrieden. Dieser Aufgabe können Sie nachgehen, solange Sie möchten oder Ihr Büchlein Seiten hat. Ich wünsche Ihnen viel Freude damit!

      1.3. Verzeihen Sie sich selbst Ihre Schwächen

       Der Schwache kann nicht verzeihen.

       Verzeihen ist eine Eigenschaft der Starken.

       Mohandas Karamchand Gandhi

      Das Leben besteht aus Versuchen, Irrtümern und Erfolgen. Alles hat seinen Platz. Um etwas zu lernen, muss man Fehler machen. Wie oft im Leben bekommen wir gesagt, dass wir an unseren Schwächen arbeiten müssen oder sie gar ausmerzen? Dabei gehören Stärken und Schwächen zusammen. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Zu Ebbe gehört Flut, zu Tag gehört Nacht. Albert Einstein war ein katastrophaler Schüler und trotz dieses Makels ist einer der bekanntesten Wissenschaftler aller Zeiten aus ihm geworden.

      Oft glauben wir, dass wir uns und andere ändern müssten. Dass wir nicht gut genug wären. Mit ein bisschen Mühe müsse sich das doch ändern lassen. Und das, gepaart mit unserer Fähigkeit zu dramatisieren, lässt uns manches Mal ziemlich dumm dastehen. Unsere weibliche Unfähigkeit, rechts und links verlässlich unterscheiden zu können, wird schnell zu einer angeborenen Dummheit und der männliche Pragmatismus zur Arroganz. Auch hier spielen unsere Erziehung und unsere kindlichen Bezugspersonen einen große Rolle: Hat Ihr Vater Ihrer Mutter bei jedem Fehler klar gemacht, wie ungeschickt sie ist oder hat Ihre Mutter Ihrem Vater bei Problemen gesagt, welch ein Versager er sei? Oder haben Sie als Kind Sätze gehört wie: »Das schaffst Du sowieso nicht!«? Dann ist heute der Tag gekommen, dies aufzulösen. Wir alle haben unsere Fehler, Macken und Schwächen – wie auch immer Sie diese nennen möchten. Ich möchte sie im Folgenden lieber »unsere kleinen, weniger ausgeprägten Fähigkeiten« nennen. Es nimmt ihnen ihre übergroße Machtposition und macht sie fast ein bisschen weich. Ich zum Beispiel treffe beim Singen keinen einzigen Ton. Meine Musiklehrerin hat mich deshalb in der Schule mit schlechten Zensuren abgestraft und mich immer wieder zu der Peinlichkeit gezwungen, vor der ganzen Schulklasse singen zu müssen. Jeder wusste, dass ich keinen Ton treffen würde und ich habe mich unsagbar geschämt. Meine Nervosität vor jeder Musikstunde können Sie sich vorstellen. Wer wird schon gern vorgeführt? Als Kind hat mich das eingeschüchtert und ich habe Musik bei der erstbesten Gelegenheit aus meinem Leben gestrichen. Viel zu lange. Meine Freundinnen mit Kindern behaupten immer, ich würde, wenn ich Kinder habe, anfangen zu singen, weil es ihnen egal wäre, ob ich einen Ton treffe. Darauf freue ich mich schon. Und bis dahin habe ich meinen Frieden mit meiner kleinen Unbegabtheit gefunden. Wenn ich im Auto Musik höre oder unter der Dusche stehe, singe ich aus Leibeskräften. Und wenn es arg zu schief wird, kann ich heute darüber lachen. Vermutlich werde ich für die Musik nicht, was Albert Einstein für die Wissenschaft geworden ist, aber zumindest schämen muss ich mich heute nicht mehr.

      Und ich bin sehr kritisch. Bei anderen Menschen fällt mir aber häufiger auf, dass es eher unattraktiv ist, zu kritisch zu sein. Da ich mich aber für einen fröhlichen Menschen halte, wollte ich nicht unattraktiv sein, weil mich alle für eine »Meckertante« hielten. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu fragen, warum ich denn so kritisch anderen gegenüber bin. Und wissen Sie was herauskam? Der Grund lag gar nicht bei den anderen. Der Grund war ich selbst. In aller Regel gehen Kritiker mit sich selbst mindestens ebenso streng ins Gericht wie mit anderen. Oft sogar noch strenger. Und das tat ich tatsächlich. Ich wollte die Dinge, die ich tat, richtig, wenn nicht sogar perfekt machen. Selten war das, was ich tat, mir selbst gut genug und ich sparte nicht mit Selbstkritik. Ich dachte, das würde es besser machen. Aber mitnichten. Und da ich das Beste von mir selbst erwartete, lag meine Erwartungshaltung bei den Menschen, die ich liebte ähnlich hoch. Und wissen Sie, was das Schlimmste daran ist? Als Kritiker nimmt man keine Rücksicht darauf, ob andere diese Kritik hören wollen oder nicht. Ich sage Ihnen, das war ein hartes Stück Arbeit. Daneben erschien meine gesangliche Talentfreiheit wie ein Kinderspiel.

      Solche tief verwurzelten Eigenarten gewöhnt man sich aber eben leider nicht einfach mal so ab und aus Talentfreiheit wird bedauerlicherweise auch mit viel Wünschen kein Supertalent. Aber es gibt bekanntlich immer einen Weg. Und ich habe ihn gefunden. Ich habe erkannt, dass diese eine meiner weniger angenehmen Eigenschaften ist, und trainiere seitdem, mir selbst zu verzeihen. Zu verzeihen, dass auch ich nicht perfekt bin, dass ich, so gern ich möchte, nicht immer in der Lage bin, alles richtig zu machen. Heute weiß ich, dass ich mein Bestes gebe und in der Situation, die mir am besten erscheinende Entscheidung treffe. Wenn ich dann feststelle, dass es nicht die optimale Entscheidung war, weil ich vielleicht Dinge nicht gesehen habe, entscheide ich mich eben neu. Und wenn ich merke, dass mein Einsatz nicht gereicht hat, muss ich nacharbeiten oder es mit Humor nehmen. Anfangen jedoch musste und muss ich bei mir.

       Alltags-Übung 1.3.:

      Verzeihen Sie sich Ihre Schwächen! Nur wenn Sie lernen, sich selbst Ihre Schwächen zu verzeihen, können es auch andere Menschen. Wenn es etwas in Ihrem Leben gibt, das sie sich selbst nicht verzeihen können,