Ritchie Pogorzelski

Die Prätorianer


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war sie auf den Feldherrn eingeschworen. Der Begriff Prätorianer rührt vom Hauptplatz des Legionslagers mit dem Zelt des Feldherrn her, dem Praetorium. Es war Gewohnheit vieler römischer Generäle, aus den Rängen eine private Truppe von Soldaten auszusuchen, die als Leibgarde des Zeltes oder seiner eigenen Person agierten. Diese Truppe bestand sowohl aus Infanterie als auch aus Kavallerie. Die z. B. von Scipio auserwählten Männer fungierten ausschließlich als seine persönliche Leibgarde und wurden daher von nun an als prätorianische Garde bezeichnet. In Zukunft folgten viele andere Feldherren Scipios Beispiel und so wurde dieses spezielle Garderegiment, das man cohors praetoria nannte, auch von namhaften Männern wie etwa Iulius Caesar, Marcus Antonius oder Augustus während des Krieges eingesetzt (Abb. 2). Die prätorianische Garde war damit zu einem festen Bestandteil in der Armeestruktur sowie zu einem Statussymbol der jeweiligen Feldherren geworden. Im Jahr 25 v. Chr. wurden die Salasser von Terentius Varro besiegt. Der beste Teil ihres Landes wurde an einige Prätorianer verschenkt, wo später die Stadt Augusta Praetoria, das heutige Aosta, entstand. Nach der Seeschlacht bei Actium am 2. September 31 v. Chr. wurden viele Einheiten aufgelöst und die Veteranen zur Besiedlung der Kolonien Gunugu und Aosta verwendet.

      Augustus entschied im Jahr 27 v. Chr., dass eine derartige Einheit nicht nur im Krieg, sondern auch in der Politik nützlich sein könne und rekrutierte aus den Rängen der Legionen und den meist italischen Gebieten Etrurien, Umbrien, Latium sowie den altrömischen Koloniestädten die Prätorianergarde. Daneben wurden nach Cassius Dio auch Gallier und Germanen rekrutiert. Das besondere Verhältnis der Gefolgschaft zu ihrem Feldherrn wurde nun auf die absolute Loyalität gegenüber dem Princeps erweitert. Die ursprüngliche Truppe unterschied sich erheblich von der späteren Garde. Während Augustus Schutz in der Innenpolitik benötigte, war er gleichzeitig darauf bedacht, den republikanischen Anschein seines Regimes zu wahren. Seit der Zeit der Gracchen kam es in Rom immer wieder zu regelmäßigen Straßenkämpfen konkurrierender Parteimitglieder. Sullas Marsch auf Rom im Jahr 88 v. Chr. oder der Konflikt zwischen Pompeius und Cäsar im 1. Jh. v. Chr. trugen dazu bei, dass das sakrale Gebiet, das Pomerium, für politische Zwecke kein Hindernis mehr darstellte. Bisher gab es Vorschriften, nach denen sich kein Heer innerhalb dieses Bereichs aufhalten durfte. Ausnahmen bildeten nur die Tripumphzüge, bei denen die Soldaten aber unbewaffnet im Zug marschierten.

      Durch die Truppen der einflussreichsten Persönlichkeiten der Stadt kam es immer wieder zu regelrechten Straßenschlachten. Es existierte kein Gegengewicht, welches die innere Sicherheit aufrechterhalten konnte. Daher erlaubte Augustus die Aufstellung von neun Kohorten mit je 500 Männern, von denen nur drei gleichzeitig ihren Dienst in der Hauptstadt absolvieren durften. Diese dauerhafte Stationierung von Soldaten in Rom markierte einen entscheidenen Wendepunkt zwischen Republik und Prinzipat. Die restlichen sechs Kohorten und eine geringe Anzahl von Kavallerieeinheiten (turmae) wurden außerhalb der Stadt Rom aufgestellt. Dort begann das imperium militae. Während sie unauffällig im Palast und in größeren Gebäuden patrouillierten, waren die Übrigen in den Städten der Umgebung Roms stationiert, sodass von diesen einzelnen Kohorten keine Bedrohung ausgehen konnte. Durch die Einsetzung von zwei Prätorianerpräfekten (Quintus Ostorius Scapula und Publius Salvius Aper) im Jahr 2 v. Chr. wurde dieses System nicht wesentlich verändert, sondern lediglich die Organisation und das Kommando verbessert. Die Prätorianergarde galt als ranghöchste Abteilung und Elitetruppe des römischen Heeres, besonders in Bezug auf die Ausbildung und die Ausrüstung. Auch ihre Dienstzeit war erheblich kürzer. Statt der im Jahr 13 v. Chr. üblichen 16 Jahre mussten sie nach Cassius Dio nur zwölf Jahre dienen. Bereits im Jahr 5 n. Chr. war die Dienstzeit der Legionäre auf 20 und die der Prätorianer auf 16 Jahre erhöht worden. Bei ihrer Entlassung erhielten sie wie die kaiserliche Reitergarde (equites singulares augusti) und die Hilfstruppen ein Bronzediplom. Diese wurden nur wegen des Heiratsrechts benötigt, da eine Heirat während der Dienstzeit nicht möglich war. Die Fundorte der Diplome deuten darauf hin, dass nur diejenigen Prätorianer ein Diplom erhielten, die in den Grenzländern eine Nichtbürgerin heiraten wollten. In Rom selbst brauchte ein Prätorianer kein Diplom, da alle Unterlagen bei der Truppe vorhanden waren. Selbst nach Caracallas allgemeinem Bürgerrechtserlass im Jahr 212 n. Chr., mit dem allen Bewohnern des römischen Reiches das römische Bürgerrecht verliehen wurde, erhielten sowohl die Prätorianer als auch die equites singulares augusti und die Soldaten der italischen Flotte weiterhin ein Diplom. Eine weitere Besonderheit der Prätorianerdiplome ist, dass der Kaiser als Befehlshaber die Verfügung in der Ich-Form schreiben ließ, was die Nähe des Kaisers zu seinen Prätorianern kennzeichnet. Bei allen anderen Truppen, selbst bei der Reitergarde, kam dies nicht vor.

       Die Prätorianer im 1. Jh. n. Chr. – eine kaiserliche Leibgarde

      Nach Augustus’ Tod am 19. August 14 n. Chr. verlas Tiberius eine Lobrede. Beim anschließenden Leichenzug waren nicht nur Senat und Ritterschaft anwesend, sondern auch die gesamte Prätorianergarde.

       „ …, dann liefen sämtliche Berittene, nicht nur jene, die dem ordo equester angehörten, sondern auch der gesamte Rest und das Fußvolk der Garnison um den Scheiterhaufen und warfen all ihre Auszeichnungen, sofern einige dergleichen jemals von ihm für eine Großtat empfangen hatten, darauf. Anschließend ergriffen nach Senatsbeschluss Centurionen Fakeln und steckten das Holzwerk von unten her an.“

      (Cassius Dio, Buch 56, 42, 2 – 3)

      Der Tod des Augustus bedeutete auch das Ende des Friedens bei den Prätorianern. Durch die Intrigen ihres Präfekten Lucius Aelius Seianus wurde die Garde aus den italischen Kasernen nach Rom selbst verlegt. Im Jahr 23 n. Chr. überzeugte der Präfekt Kaiser Tiberius von der Notwendigkeit eines Lagers für die Prätorianer, das knapp außerhalb Roms errichtet wurde. Der Kaiser verfügte fortan über die gesamte Garde, war aber ebenso ihrer Gnade ausgeliefert. Das Ergebnis wurde im Jahr 31 n. Chr. deutlich, als Tiberius gezwungen war, sich gegen Seianus auf die Stadtwachen der vigiles zu stützen. Obwohl die Prätorianergarde ihre Treue unter Beweis stellte, wurde in diesem Moment ihr politisches Gewicht offenkundig.

      Die Garde zog unter Tiberius erstmals 14 n. Chr. ins Feld, als er sich mit Meutereien unter seinen Armeen am Rhein und in Pannonien konfrontiert sah, die sich über ihre Dienstbedingungen beklagten. Die Legionen in Pannonien zerschlug Tiberius jüngerer Bruder Drusus, den zwei Kohorten Prätorianer, ein großer Teil der Prätorianerreiter und die germanische Leibwache (corporis custodes) begleiteten. Auch der Gardepräfekt Aelius Seianus war darunter. Die Rebellion der Rheinlegionen schlug Tiberius Neffe Germanicus nieder, der damals die Legionen und Abteilungen der Garde in einer Invasion Germaniens befehligte. Ein Mitglied der Garde, Cassius Charea, der sich später durch die Ermordung des Kaisers Caligula in der Nachwelt einen Namen machte, tat sich dadurch hervor, dass er sich mit dem Schwert einen Weg durch die ihm entgegenstehende bewaffnete Menge bahnte.

      Diese Mitglieder der Elitetruppe galten nicht umsonst als gefürchtete Soldaten. So ist aus den germanischen Feldzügen des Germanicus überliefert, dass bei der Schlacht um den Angrivarierwall zwei Kohorten der Prätorianer die cheruskischen Stellungen im Wald bereits weit vor den regulären Legionen angriffen und die Germanen vernichtend schlugen. Dennoch galten sie nicht als unbesiegbar, wie die erste Schlacht bei Bedriacum zeigte, wo die Prätorianer, die für Otho stritten, den aus Germanien vorstoßenden Truppen des Vitellius unterlagen. Das hatte zur Folge, dass sich Otho nach nur 95 Amtstagen das Leben nahm. Weitere größere Erfolge feierten die Prätorianer im Mesopotamischen Krieg, wo viele gegnerische Soldaten schon vor der Schlacht ihr Heil in der Flucht suchten, als sie erfuhren, dass sie mit der römischen Elitegarde die Waffen kreuzen sollten. Grundsätzlich nahmen die Prätorianer an jedem Krieg teil, bei dem auch der Kaiser persönlich anwesend war.

       Die