Jörg Brüggenkamp / Peter Preuss / Tobias Renk
Der Scrum-Reiseführer
Herausforderungen in der Praxis meistern
Umschlagmotiv: © iStockphoto pixdeluxe
© UVK Verlag 2021
– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
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ISSN 2748-4629
ISBN 978-3-7398-3117-6 (Print)
ISBN 978-3-7398-0142-1 (ePub)
1 Geleitworte
1.1 Hanna Hennig (Siemens AG)
Unsere VUCA-Welt verlangt Unternehmen einiges ab: Sie sollen mit zunehmend komplexen und unsicheren Bedingungen umgehen lernen. Sie sollen resilienter werden. Sie sollen mit der digitale Transformation Schritt halten und Zukunft vorausdenken können. Verändern sich die Zukunftsbedingungen, sollen sie die neuen Parameter zügig in ihr „System“ adaptieren. Was dies tatsächlich bedeuten kann, hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie drastisch vor Augen geführt. Von jetzt auf gleich waren Betriebe gefordert, Zusammenarbeit neu zu denken. Wer sich schnell ein- und umstellen konnte, hatte einen klaren Vorteil am Markt.
Wo Zukunft sich auf Tagesbasis verändern kann, ist Flexibilität Schlüssel zum Erfolg. Agile Konzepte wie Scrum stellen dafür ein methodisches Gerüst. Doch „Agile“ ist längst mehr als nur flexibles, prozessorientiertes Arbeiten. Es hat sich von einer Methode zu einer Kultur entwickelt, die Unternehmen durch und durch prägen kann. Als „Business Agility“ nimmt es nun auch Einfluss auf die strategische Ausrichtung und auf das Verständnis von Leadership.
Auch bei Siemens setzen wir auf Agilität. Die Digitalisierung eröffnet großartige Chancen zur Innovation, von denen unsere Kunden und wir vielseitig profitieren können. Indem wir unsere Software- und Produktentwicklung und das Projektmanagement agil aufsetzen und begleitende Abläufe digital optimieren, können wir die Go-to-Market-Time für Produkte, Lösungen und Services wesentlich beschleunigen.
Das digitale Zeitalter ist agil geprägt. Gerade großen Konzernen mit komplexen, oft verfestigten Strukturen bietet Scrum ideale Instrumente, die Neues zulassen, das Bewährte jedoch nicht gefährden. Und Startups ermöglicht Scrum eine hoch effiziente Methode der Ideenentwicklung bis zur Marktreife. Bei der Einführung agiler Methoden sind jedoch manche Hürden zu nehmen, das haben auch wir „by doing“ gelernt: von falsch verstandenen Rollen, über Probleme in der Kommunikation und Kooperation bis zum gänzlichen Abhandenkommen des „Big Picture“.
Es gilt, Gründer, Entscheider, Projektmanager und Innovationstreiber auf diese neue, agile Art von Arbeiten besser vorzubereiten. Ich freue mich, dass sie in diesem Leitfaden eine wunderbar komprimierte Einführung in die Scrum-Methodik mit sehr wertvollem, anwendungsorientiertem Know-how finden.
Hanna Hennig
CIO Siemens AG
1.2 Dr. Silvia Rummel (Festo SE & Co. KG)
Aufgrund von Digitalisierung und Datenverfügbarkeit ändern sich mit atemberaubendem Tempo die Kundenanforderungen und die Wettbewerbsbedingungen. Die heute zur Verfügung stehenden digitale Produkte und Services ermöglichen es den Kunden, ein noch nie dagewesenes Spektrum an Funktionalitäten zu nutzen. Dabei ist es egal, an welchem Ort sich die Nutzer befinden oder zu welcher Zeit die Services benötigt werden, den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.
So faszinierend und beeindruckend es auch ist, diesen Wandel zu beobachten, so herausfordernd ist es gleichzeitig für die Unternehmen, die diese Produkte herstellen. Wo bis dato das physische Produkt und dessen einmaliger Erwerb im Vordergrund stand, rücken nun Services mit der Generierung von Mehrwerten in den Mittelpunkt für die Konsumenten. Dieser drastischen Veränderung des Produkt- und Konsumentenverhaltens sind bisherige Organisationsansätze kaum gewachsen. Über Dekaden hinweg wurden Entwicklungsprozesse dahingehend optimiert, physische Produkte in Form von Projekten innerhalb von kürzester Zeit und mit technischer Raffinesse zu realisieren. Mit Erfolg – doch nun gilt es, dieses Vorgehen auf ein neues Level zu bringen und Software als Bestandteil des Produktes zu sehen, um den veränderten Kundenanforderungen gerecht werden.
Durchschreitet eine Organisation diese Veränderung und nimmt sich der digitalen Transformation in all ihren Facetten an, wird dies auch zu einem Umdenken bei der Projektarbeit führen. Erfahrene Teams kommen mit traditionellen Projektmanagement-Methoden hier schnell an ihre Grenzen. Um dennoch den vorgegebenen Zielkorridor (Zeit, Budget und Qualität) zu erreichen, sind alternative Methoden erforderlich. Die Lösung: Scrum als agile Form des Arbeitens. Dies ermöglicht ambitionierten und motivierten Teams schnell Erfolge zu erzielen und dennoch strukturiert vorzugehen.
Mit dem vorliegenden Buch bekommen Führungskräfte, Projektmanager und Projektleiter in Organisationen, welche sich dem Thema digitale Transformation bereits angenommen haben oder sich gerade auf dem Weg dahin befinden, einen Praxisleitfaden an die Hand. Es wird ein umfangreicher Einblick in das Scrum Rollenverständnis, die Scrum Artefakte und die Scrum Events gegeben. Dabei wird viel Wert auf Verständlichkeit und Praxisbezug gelegt.
Den Autoren ist mit dem „Scrum-Reiseführer“ ein übersichtliches und zugleich zielgerichtetes Buch für die Unternehmenspraxis gelungen. Ich wünsche mir für die Autoren, dass das Verständnis und die Anwendbarkeit agiler Projektmanagement-Methoden in Organisationen weiter zunehmen. Mit diesem Buch wird Managern und Projektteams die „Hürde der Veränderung“ hin zu mehr agilem Vorgehen genommen und durch Systematik und anschauliche Erläuterungen zugänglich gemacht.
Dr. Silvia Rummel
Head of Energy Efficency & CO2 Footprint Portfolio
Festo SE & Co. KG
2 Prolog – Agilität als Kernkompetenz für moderne Unternehmen
Man hört, sieht und liest es überall. Unsere Welt ist im ständigen Wandel. Das war schon immer so und ist nicht überraschend. Der Wandel selbst verändert sich stetig und erhöht seine Geschwindigkeit merklich. Bis in die 1990er Jahre war es üblich, strategische Pläne zu erstellen, deren Umsetzung sich über mehrere Jahre erstreckte. Am Ende des letzten Jahrzehnts im alten Jahrtausend geschah jedoch eine technische Revolution, die den Stein des immer schneller werdenden Wandels ins Rollen brachte: Die Kommerzialisierung des Internets. Dies führte dazu, dass viele Annahmen, die noch einige Jahre vorher durchaus sinnvoll und langlebig waren, nun in Frage gestellt werden mussten. Informationen waren nun für jeden zugänglich. Smartphones führten einige Jahre später dazu, dass jeder Nutzer das Internet in der Hosentasche bei sich trug und damit jederzeit und überall auf der Welt erreichbar war. Die sich entwickelnde Cloud-Technologie bot jedem einen Supercomputer an. Das hatte zur Folge, dass plötzlich Eintrittsbarrieren in ganze Branchen wegfielen oder erheblich minimiert wurden. Wenn plötzlich Konkurrenz sprichwörtlich aus dem Nichts kommen kann, weil ein smarter Student am Küchentisch eine Software schreibt, dann kann die Antwort darauf nicht mehr lauten, mehrjährige Strategiepläne zu entwickeln. Unternehmen müssen sich seitdem so aufstellen, dass sie schnell und flexibel auf Änderungen im Unternehmensumfeld reagieren können. Es kommt noch eine Herausforderung dazu: Die soeben beschriebenen Veränderungen treten in Zyklen auf, die sich nicht nur öfter als in der Vergangenheit an der Oberfläche zeigen – Nein. Auch die Abstände zwischen den Zyklen werden kürzer. Eric Schmidt und Jonathan Rosenberg beschreiben die Situation in ihrem Buch „How Google Works“ so, als ob Moores Gesetz Amok läuft.
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