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Hannelore Cayre
Reichtum verpflichtet
Deutsch von Iris Konopik
Ariadne 1252
Argument Verlag
Ariadne
Herausgegeben von Else Laudan
Titel der französischen Originalausgabe: Richesse oblige
© Éditions Métailié, Paris 2020
Deutsche Erstausgabe
Alle Rechte vorbehalten
© Argument Verlag 2021
Glashüttenstraße 28, 20357 Hamburg
Telefon 040/4018000 – Fax 040/40180020
www.argument.de
Lektorat: Else Laudan
Umschlag: Martin Grundmann
Fotomotiv Umschlag: © Alexander Ant, pexels.com
ISBN (Buch) 978-3-86754-252-4
ISBN (Epub) 978-3-86754-833-5
Reichtum verpflichtet ist ein sehr trockener schelmischer Noir mit tollen historischen Kapiteln, die ins Paris von 1870 entführen. Wer aufpasst, kriegt ganz nebenbei mit, wie sich im 19. Jahrhundert riesige Vermögen gründen, deren Erbnachfolger heute im globalen Maßstab agieren und wesentlich mehr Macht haben, als gut für den Planeten ist.
Reichtum verpflichtet ist aber auch – ähnlich wie sein furioser Vorgänger Die Alte – ein anarchisches Jetztzeit-Märchen, in dem eine Art Pechmarie kurzerhand beschließt, dass die herrschenden Regeln für sie nicht gelten, und mal zeigt, was dann alles so geht (und warum). Denn rein körperlich mag der aufrechte Gang ihr schwerfallen, aber mental steht Blanche de Rigny kerzengerade, zumal mit ihrer radikalen Gefährtin Hildegarde an der Seite …
Mit Humor, Hellsicht und Hintersinn erzählt die Strafverteidigerin, Autorin und Filmemacherin Hannelore Cayre ihre erzrealistischen Grotesken so lässig aufrührerisch, dass ich mir nur noch wünschen kann, ihre Heldinnen würden Wirklichkeit. Else Laudan
Im Anhang gibt es eine kleine Zeittafel zu den historischen Kapiteln sowie Erläuterungen zu vielen Namen und Begriffen.
Inhaltsverzeichnis
Saint-Germain-en-Laye, 18. Januar 1870
Saint-Germain-en-Laye, 18. Juli 1870
Saint-Germain-en-Laye, Paris, Versailles, 1. Januar 1871
Anmerkungen der Übersetzerin zu Namen und Begriffen
Auf dem mondlosen Land war es, totales Schwarz, dass ich es erstmals sah, das neongrüne Kaninchen, kräftig grün auf seiner Ackerbrache, ungerührt von der Idee seiner Fremdartigkeit in einem glühenden Lichthof sein Leben führend – wie wenn man über der Erinnerung an jemanden die Lider schließt, Signal in schwarzer Nacht, kleiner Punkt.
Olivier Cadiot, Retour définitif et durable de l’être aimé
»Meinst du, das ist das passende Outfit für eine Beerdigung?«
»Mensch, das ist mein schönster Trainingsanzug … aus Samt! Und hast du dich selber mal gesehen? Schaust aus wie … Aber uns scheißegal, oder?«
Hildegarde hatte recht, es war uns scheißegal. Wir kamen rüber wie zwei Junkiebräute, stimmt, aber ganz unabhängig von unserer Klamottenwahl würden uns eh alle schräg angucken.
Da war meine Tochter Juliette, ganz in Khaki, sie hatte gerade ihre Camouflagephase. Pistache und Géranium, unsere zwei hässlichen Köter ohne Halsband und Leine, dafür mit Schleife im Nacken. Hildegarde aufgeschickt im schwarzen Samttrainingsanzug und schwarzen Nikes Größe 46, über die sie zum Entstauben flüchtig mit dem Lappen gefahren war. Und zuletzt ich mit meinen neuen japanischen Titan-Orthesen, die mir die Krücken ersparten. Im Moment glich mein Gang mehr oder minder einem Stechschritt, aber das würde sich mit jedem Tag bessern. Klar, auf dem Trocadéro-Friedhof war das alles deplatziert, dort, wo die de Rignys ihre Gruft zwischen der Familie Dassault und der Familie Bouygues hatten.
Da ich die teuerste Anzeige im Figaro gebucht hatte, um das Ableben der Tante mit Pauken und Trompeten zu verkünden, war viel Volk gekommen, aber niemand hatte uns gegrüßt. Mehr noch, zwischen diesen Leuten und uns hatte sich ein Leerraum gebildet, eine Art Sperrgürtel, der ihnen erlaubte, sich von unserer widerlichen Präsenz zu isolieren.
Wer waren die alle? Bridge-Freundinnen? Leute, die sich auf gesellschaftlichen