Stefan Hartmann

Deutsche Sprachgeschichte


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      Stefan Hartmann

      Deutsche Sprachgeschichte

      Grundzüge und Methoden

      A. Francke Verlag Tübingen

      © 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

      Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

      www.francke.de[email protected]

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen

      ePub-ISBN 978-3-8463-4823-9

      Vorwort

      Wissenschaft kann man nicht alleine betreiben. Sie lebt vom gegenseitigen Austausch, von der Weitergabe von Wissen auf allen nur denkbaren Wegen. Wenn ich in diesem Buch versuche, einen kondensierten Einstieg in die deutsche Sprachgeschichte und die Methoden ihrer Erforschung zu bieten, dann ist das Ergebnis in jeder Hinsicht stark beeinflusst von all denjenigen, die meinen eigenen Blick auf Sprache und Sprachwissenschaft geprägt haben. Hier kann ich nur einige wenige von ihnen nennen und ihnen stellvertretend danken.

      Meine sprachgeschichtliche Prägung habe ich an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei Damaris Nübling erfahren, die auch den Kontakt zum Narr-Verlag hergestellt und damit den Anstoß für das vorliegende Buch gegeben hat. Ähnlich prägend für meine sprachhistorische Ausbildung waren Kerstin Riedel und Sabine Obermaier. Einen großen Teil der korpuslinguistischen Expertise, die ich in den vergangenen Jahren erwerben konnte, verdanke ich meiner anglistischen Kollegin Susanne Flach (Neuchâtel). Einige sehr wertvolle Hinweise hat mir auch Andreas Klein (Mainz) gegeben.

      Während meiner Promotion in Mainz hatte ich das Glück, mit großartigen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten zu können – stellvertretend seien Kristin Kopf und Luise Kempf genannt. Nicht minder großartig sind meine derzeitigen Kolleginnen und Kollegen in Hamburg bzw. (ab Oktober 2017) Bamberg, durch die ich zu vielen der im Folgenden diskutierten Themen auch neue Perspektiven entwickeln konnte. Hier danke ich besonders Renata Szczepaniak, die meine Arbeit an diesem Buch stets voll unterstützt hat. Darüber hinaus danke ich Lisa Dücker, Melitta Gillmann, Eleonore Schmitt, Daniela Schröder und Annika Vieregge für hilfreiche Anmerkungen zu einzelnen Kapiteln. Auch bin ich der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zu Dank verpflichtet, deren Dienste ich beim Schreiben dieses Buches in teilweise doch recht exzessivem Maße in Anspruch genommen habe. Was meine Kenntnisse in der Programmiersprache R angeht, auf die sich auch große Teile des digitalen Begleitmaterials zu diesem Buch stützen, verdanke ich Fabian Barteld (Hamburg), Ash Chapman (Newcastle) und Peeter Tinits (Tallinn) vieles.

      Meinen Studierenden in Mainz und Hamburg danke ich dafür, dass sie meinen Blick auf Sprachgeschichte und ihre didaktische Vermittlung immer wieder mit engagierten Rückfragen und guten Ideen geschärft haben. Auf Seiten des Narr-Verlags gilt mein besonderer Dank Tillmann Bub, der von der ersten Idee bis zur Publikation immer ein guter und verlässlicher Ansprechpartner gewesen ist, und Elena Gastring, dank deren gründlicher Durchsicht des Manuskripts ich noch zahlreiche Fehler und Unklarheiten tilgen konnte – wenn auch sicherlich nicht alle; die verbleibenden liegen selbstverständlich allein in meiner Verantwortung.

      Einige Kollegen und gute Freunde haben dieses Buch besonders geprägt: Auch wenn die Grafiken, die ich erstellt habe, wohl keinen Designpreis gewinnen, wären sie ohne die Hilfe von Jonas Nölle (Edinburgh) sicherlich deutlich weniger ansehnlich geworden. Andreas Hölzl (Zürich) hat dankenswerterweise fast das gesamte Manuskript gelesen und sehr viele hilfreiche Vorschläge eingebracht. Michael und Monika Pleyer (Koblenz) haben nicht nur nützliche Rückmeldungen zur vorliegenden Einführung gegeben, sondern mir hin und wieder auch wertvolle Ablenkung von dem Buchprojekt verschafft.

      Mein größter Dank gilt jedoch meiner Familie, ohne deren Unterstützung ich es sicherlich nicht geschafft hätte, zusätzlich zu einer Reihe anderer Projekte noch ein Einführungswerk zu schreiben.

      Hamburg, September 2017 Stefan Hartmann

       Wenn wir nicht wissen,

       wie etwas geworden ist,

       so kennen wir es nicht.

      August Schleicher

      1. Einführung

      An Einführungen in die deutsche Sprachgeschichte besteht kein Mangel – warum also noch eine weitere? Die Antwort darauf ist ebenso einfach wie folgenreich für die Konzeption dieses Buches: Bücher zur deutschen Sprachgeschichte gibt es viele, aber die deutsche Sprachgeschichte muss erst noch geschrieben werden.

      Das heißt jedoch keineswegs, dass ich mir anmaßen würde, die deutsche Sprachgeschichte, also das beste und umfassendste Referenzwerk über die Geschichte der deutschen Sprache zu schreiben. Ganz im Gegenteil: Einen wirklich umfassenden Überblick zu geben über die Entwicklungen, die die deutsche Sprache in den letzten knapp 1.500 Jahren durchgemacht hat, ginge weit über das hinaus, was diese Einführung leisten kann und will. Der Punkt ist ein anderer: Wissenschaft ist ein Prozess, der davon lebt, dass bestehendes Wissen hinterfragt und überprüft wird, dass Forschungslücken gefüllt werden, dass unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen erprobt und diskutiert werden. Diese Einführung will daher zwar auch einen Überblick über die deutsche Sprachgeschichte bieten, Ihnen aber vor allem Methoden an die Hand geben, selbst Sprachgeschichtsforschung zu betreiben.

      Trotz dieser recht anspruchsvollen Zielsetzung sollte sich das Buch weitgehend ohne Vorkenntnisse lesen lassen. Bis auf Grundbegriffe, die aus dem schulischen Grammatikunterricht bekannt sein sollten, werden alle wichtigen Fachtermini erklärt. Wenn doch ein Begriff unklar sein sollte, ist es heute einfacher denn je, ihn nachzuschlagen, sei es im Internet oder, noch besser, in einem Fachlexikon wie Bußmann (2008) oder Glück & Rödel (2016).

      Diese Einführung reagiert mit ihrer dezidiert methodischen Ausrichtung auf Entwicklungen in der germanistischen Sprachgeschichtsforschung, die sich auch in der Lehre niederschlagen. Die historische Sprachwissenschaft des Deutschen hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen ausgeprägten Methodenpluralismus entwickelt. An die Seite qualitativer, philologisch orientierter Arbeit an historischen Texten sind mehr und mehr quantitative und empirische Methoden getreten. Viele Dozierende erwarten mittlerweile von ihren Studierenden empirisches Arbeiten auch in Seminar- und Abschlussarbeiten. In den meisten Einführungen werden aber methodische Aspekte, auch aus Platzgründen, zumeist nur am Rande erwähnt. Zum Einstieg in empirische Methoden musste man bisher auf andere Einführungswerke zurückgreifen, die aber zumeist nicht auf sprachgeschichtliche Fragestellungen zugeschnitten sind, sondern entweder synchron orientiert sind (also die Gegenwartssprache behandeln) oder aus anderen Disziplinen wie der Psychologie oder der Sozialwissenschaft stammen.

      Wenn man von germanistischer Sprachgeschichtsforschung spricht, dann ist damit in aller Regel – so auch in diesem Buch – die Untersuchung der deutschen Sprachgeschichte gemeint. Allerdings würde uns vieles entgehen, wenn wir die Perspektive ausschließlich auf das Deutsche einengen: Der Sprachvergleich gehört seit jeher zum Methodenrepertoire der historischen Sprachforschung. Deshalb ist ein Kapitel in diesem Buch auch der komparativen Methode gewidmet, ohne die wir viele der Sprachwandelprozesse, die quasi zum „Kanon“ des sprachgeschichtlichen Wissens gehören, nicht kennen würden.

      Die Methode, die sich im Zuge der Digitalisierung wohl am eindrucksvollsten durchgesetzt hat, ist sicherlich die Korpuslinguistik, d.h. die Arbeit mit großen Sammlungen authentischer Sprachdaten. Auf Grundlage von Korpora lassen sich wissenschaftliche Hypothesen überprüfen, Sprachwandelprozesse nachvollziehen, regionale und textsortenspezifische Unterschiede dingfest machen. Germanistische Sprachgeschichtsforschung ohne Korpora – das ist heutzutage fast undenkbar. Schon