Christoph Herrmann

Europäisches Prozessrecht


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der Staatsverschuldung tritt an die Stelle der allgemeinen Regelungen, nach denen die Kommission das materielle Unionsrecht durchsetzt und bei mitgliedstaatlichen Verstößen den EuGH anrufen kann.

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      Sollte die Kommission bzw. der antragstellende Mitgliedstaat den Vorwurf einer Primärrechtsverletzung erheben, sich der beklagte Mitgliedstaat jedoch in der Sache zutreffend darauf berufen, dass er mit dem gerügten Verhalten seinen EU-sekundärrechtlichen Verpflichtungen nachkommt, ist das Vertragsverletzungsverfahren unzulässig. Eigentlicher Verfahrensgegenstand ist hier nämlich die Primärrechtsverletzung des Sekundärrechtsaktes, weswegen die Kommission bzw. der antragstellende Mitgliedstaat eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV (vgl. Rn. 209 ff.) hätte erheben müssen.

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      Für die Bestimmung des Klagegegenstandes in Fall 1 ist entscheidend, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom November 2017, mit dem das Vertragsverletzungsverfahren eröffnet wurde, lediglich den Nationalitätsvorbehalt monierte, nicht aber den Tätigkeitsvorbehalt. Dessen Unionsrechtswidrigkeit führte sie erst in der begründeten Stellungnahme auf.

      Es trifft zwar zu, dass die Kommission in der Einleitung des Verfahrens frei ist („kann“). Auch folgt aus dem Wortlaut des Art. 258 AEUV nicht eindeutig, dass in die begründete Stellungnahme nicht noch weitere, sachlich verknüpfte Fragen einbezogen werden können. Doch das Vorverfahren bezweckt, dem Mitgliedstaat rechtliches Gehör sowie die Möglichkeit zu gewähren, den Verstoß außergerichtlich zu beheben. Insofern ist der Klagegegenstand doppelt akzessorisch sowohl zu dem Mahnschreiben als auch zu der begründeten Stellungnahme. Auch wenn die im Mahnschreiben erhobenen Vorwürfe nicht vollständig identisch mit denen der Klage sein müssen – rechtliche Argumente und Tatsachenvortrag können später vertieft oder ausformuliert werden –, ist die den Verfahrensgegenstand eingrenzende Funktion des Vorverfahrens in Fall 1 beeinträchtigt, weil die Kommission mit dem „Tätigkeitsvorbehalt“ einen selbstständigen Vertragsverstoß später in das Verfahren einführt. Der Klagegegenstand beschränkt sich daher auf den Vorwurf, der Notarberuf sei in Deutschland deutschen Staatsangehörigen vorbehalten. Der Vorwurf, Notaren seien bestimmte Tätigkeiten vorbehalten, ist hingegen kein zulässiger Verfahrensgegenstand und die Aufsichtsklage insoweit unzulässig.

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      Nach Art. 119 ff. VerfO-EuGH ist das Vertragsverletzungsverfahren als „normale“ Direktklage einzuordnen. Formell muss sie daher von einem Vertreter des Klägers ordnungsgemäß unterzeichnet und schriftlich beim EuGH eingereicht werden. Bleibt der konkrete Vorwurf einer Vertragsverletzung in der Klageschrift unklar, wird dies zu Lasten des Klägers ausgelegt und kann zur Abweisung der Klage führen.

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      Auch in Fall 1 musste die Klage nach Art. 258 AEUV nicht innerhalb einer bestimmten Frist erhoben werden. Sie durfte allerdings auch nicht vor Ablauf der Frist erhoben werden, welche die Kommission in der begründeten Stellungnahme zur Beseitigung des Verstoßes gesetzt hatte. Während die begründete Stellungnahme im Februar 2018 abgegeben wurde, wurde die Klage erst im Mai erhoben, also etwa drei Monate später. Die gesetzte Frist betrug zwei Monate, was auch nicht unangemessen war.

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      In Fall 1 beseitigte die BRD den klagegegenständlichen Nationalitätsvorbehalt nach Ablauf der Beseitigungsfrist aber noch vor Klageerhebung. Teilweise wird vertreten, dass damit die Klage unzulässig wird. Ihr Rechtsschutzziel, nämlich