Thomas Rauscher

Internationales Privatrecht


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      Die Regelung ist nicht nur im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip problematisch, weil im Fall der Optionspflicht § 29 Abs. 3 S. 2 StAG den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes ohne Willen des Staatsangehörigen anordnet.

      Kollisionsrechtlich ist die Regelung, die durch die Reform in 2014 sogar zu dauernder Doppelstaatigkeit bei Fehlen einer Optionspflicht führt, bedenklich: Sie führt vermehrt zu hinkenden Rechtsverhältnissen: Der Doppelstaater wird bis zu einem evtl. Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kollisionsrechtlich als Deutscher behandelt (Art. 5 Abs. 1 S. 2). Der andere Heimatstaat wird ihn kollisionsrechtlich meist nach seinem Recht behandeln, soweit er das Personalstatut an die Staatsangehörigkeit anknüpft. So verhält es sich insbesondere mit den deutsch-türkischen Doppelstaatern, die unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG in Deutschland geboren sind. Gerade bei den hier Aufgewachsenen, die nach der Neuregelung keiner Optionspflicht unterliegen, wird diese hinkende Behandlung familienrechtlicher Verhältnisse perpetuiert. Hier rächt sich auf kollisionsrechtlicher Ebene der Irrglaube, Staatsangehörigkeit bewirke Integration. Staatsangehörigkeit kann und sollte Ausdruck erfolgter Integration sein; nur dann ist sie auch kollisionsrechtlich ein Maßstab der Interessenlage.

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      cc) Seit 1.7.1998 (KindRG) kennt das deutsche Recht keine Legitimation und daher auch keinen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Legitimation mehr. An dessen Stelle ist der Erwerb durch Erklärung nach § 3 Nr 2, § 5 StAG getreten. Kinder eines deutschen Vaters, die vor dem 1.7.1993 nichtehelich geboren wurden und daher die deutsche Staatsangehörigkeit vom Vater nicht erwerben konnten, erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Erklärung, Deutscher werden zu wollen, wenn eine Vaterschaftsanerkennung oder -feststellung nach deutschem Recht vorliegt, das Kind seit drei Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und die Erklärung vor Vollendung des 23. Lebensjahres abgegeben wird.

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      dd) Aufgrund einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Adoption durch einen Deutschen erwirbt das im Zeitpunkt des Annahmeantrages noch nicht 18-jährige Kind die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 3 Abs. 1 Nr 3, § 6 StAG). § 6 StAG geht bei dem Begriff „Adoption“ von dem Adoptionsbegriff des deutschen Familienrechts aus. Problematisch ist die Anwendbarkeit von § 6 StAG auf eine wirksame Adoption nach ausländischem Recht:

      Bei einer Adoption durch einen Deutschen vor einem deutschen Gericht ist nach Art. 22 meist ohnehin deutsches Adoptionsrecht anzuwenden.

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      Adoptieren jedoch zB Ehegatten, von denen einer deutscher Staatsangehöriger ist und beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat haben, ein in Deutschland befindliches staatenloses oder Flüchtlingskind, so ist auf die Adoption nach Art. 22 Abs. 1 S. 2, Art. 14 Abs. 1 Nr 2 das gemeinsame Aufenthaltsrecht der Ehegatten anzuwenden, sofern keine Rück- oder Weiterverweisung erfolgt.

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      Wirksam nach deutschen Gesetzen ist eine Adoption jedoch auch, wenn ein ausländisches Gericht sie ausgesprochen hat und sie nach deutschem Recht anzuerkennen ist (§§ 2 ff AdWirkG iVm § 108 FamFG). Ob diese Wirksamkeit für § 6 StAG genügt, ist fraglich. Da eine „Adoption“ in rechtsvergleichender Sicht ein Begriff mit unterschiedlichen rechtlichen Inhalten ist und eine Adoption im Ausland nicht notwendig eine Volladoption sein muss, wie sie das deutsche Familienrecht vorsieht, handelt es sich um ein Problem der Substitution (dazu Rn 548): Es ist zu prüfen, ob die wirksame ausländische Adoption die Stelle des Tatbestandsmerkmals „Adoption“ in § 6 StAG einnehmen kann. Das ist nur dann möglich, wenn diese Adoption familien- und erbrechtlich weitestgehend die gleichen Wirkungen erzeugt wie eine Adoption nach deutschem Recht. Wenn eine ausländische Adoption anerkannt wird, aber diese Wirkung zweifelhaft ist, wird daher in der Praxis empfohlen, die Adoption nach deutschem Recht in Deutschland nachzuholen, um den Erwerb der Staatsangehörigkeit (und andere Rechtsfolgen) sicherzustellen.

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      ee) Die Einbürgerung eines Ausländers, der sich im Inland niedergelassen hat, bestimmt sich nach §§ 8 ff StAG. Grundsätzlich handelt es sich um eine Ermessenseinbürgerung, die grundsätzlich Handlungsfähigkeit, Fehlen von Vorstrafen, eigene Wohnung und die Fähigkeit, sich