Kyrill-Alexander Schwarz

Aufenthalts- und Asylrecht


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      Ein weiterer wesentlicher Schritt in der Entwicklung des Asylrechts erfolgte mit der Weiterentwicklung der Nationalstaaten hin zu Sozialstaaten im frühen 20. Jahrhundert. Ein Sozialstaat, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass er seinem Volk Sozialleistungen gewährt, muss klar definieren, wer zu seinem Volk gehört und wer nicht. Es liegt gerade nicht im Interesse des Sozialstaats, auch solche Personen mit Leistungen zu unterstützen, die nicht Teil seines Volkes sind und demnach auch keine Leistungen für den Staat erbracht haben. Die Verhinderung der Erschleichung von Sozialleistungen durch (zum ersten Mal so bezeichnete) Ausländer wurde zu einem gesellschaftlichen Problem, welches eine politische Lösung erforderlich machte.

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      Nach dem zweiten Weltkrieg waren es vor allem die Vereinigten Nationen (im Englischen UN oder UNO genannt), die das Asylrecht in der internationalen Politik vorantrieben. So wurde ein Asylrecht in die UN-Menschenrechtscharta vom 10.12.1948 aufgenommen und mit dem UNHCR am 14.12.1950 ein völkerrechtliches Institut gegründet, welches der Koordination und Versorgung internationaler Flüchtlinge bis heute dient. Im Jahre 1951 wurde darüber hinaus die Genfer Flüchtlingskonvention (kurz GFK) von der UN-Generalversammlung verabschiedet und bis heute von 146 Staaten ratifiziert. Sie stellt die völkerrechtlich wohl wichtigste Rechtsquelle des Asylrechts dar und hat als völkerrechtlich bindender Vertrag wesentlichen Einfluss auf die nationale Gesetzgebung. So wird uns diese Kodifikation, die auch in Deutschland Geltung beansprucht, in diesem Skript häufiger beschäftigen.

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      Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Entwicklung des europäischen Rechtssystems finden Sie im Skript „Europarecht“.

      Auch auf europäischer Ebene kam es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu wesentlichen Veränderungen. Die durch den Vertrag von Maastricht vom 7.2.1992 ermöglichte gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik öffnete auch den Weg zu einer gemeinsamen Migrations-, Asyl- und Zuwanderungspolitik. Diese begann zunächst im Rahmen der dritten Säule der Europäischen Union (Justiz und Inneres), wurde jedoch mit dem Vertrag von Amsterdam vom 1.5.1999 in die erste Säule übertragen, wodurch die Europäische Union in diesem Bereich eigene Kompetenzen erworben hat. Seitdem ist die Europäische Union über Art. 78 AEUV mit Rechtsetzungskompetenz ausgestattet und kann in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen in Bezug auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem erlassen. Auf Grund dieser Norm wurde unter anderem die Dublin-III-Verordnung erlassen, die ebenfalls wesentliche Auswirkungen auf das nationale Asylrecht hat.

      JURIQ-Klausurtipp

      Auch wenn der historische Ausblick an dieser Stelle lediglich einem besseren Verständnis für die nachfolgenden Kapitel dient, so sind folgende Aspekte auch für das heutige Asylrecht und deren praktischer Anwendung wichtig. Zunächst sollten Sie die Unterscheidung der Territorialhoheit und Personalhoheit verinnerlichen. Des Weiteren spielt auch die Ausgestaltung des Asylgrundrechts als subjektives Recht eine wesentliche Rolle für die Falllösung.

      Anmerkungen

       [1]

      „Asyl“ auf Duden online: https://www.duden.de/rechtschreibung/Asyl (Abgerufen am 2.6.2017).

       [2]

      Heusch/Haderlein/Schönenbroicher Rn. 1.

       [3]

      Tiedemann S. 2.

       [4]

      Vgl. Tiedemann S. 2.

       [5]

      Vgl. Tiedemann S. 5.

       [6]

      Tiedemann S. 4.

       [7]

      Vgl. zur Entwicklung seit der Renaissance bis zu den Weltkriegen: Tiedemann S. 2.

       [8]

      Vgl. Tiedemann S. 5 f.

       [9]

      Heusch/Haderlein/Schönenbroicher Rn. 2.

       [10]