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Eine tatsächliche Durchbrechung des Trennungsprinzips bedeutet all dies jedoch nicht, da es dabei nicht um akzessorische Primäransprüche gegen die Obergesellschaft geht, sondern lediglich um abgeleitete Ansprüche der abhängigen gegenüber der herrschenden Gesellschaft. Damit bleibt es abseits der Eingliederung grundsätzlich bei der Geltung des Trennungsprinzips. Ausnahmen hiervon sollen nur in engen Grenzen möglich sein, wenn die Haftungsabschottung einen Verstoß gegen Treu und Glauben und damit rechtsmissbräuchlich sein soll.[7] Genannt wird dabei etwa die Fallgruppe der bewussten Vermögens- und Sphärenmischung.[8]
Anmerkungen
BGHZ 166, 84 (98); Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 25; Eschenbruch Konzernhaftung, Rn. 2091.
Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363).
Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363).
Vgl. hierzu bereits oben Rn. 67.
Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363). Vgl. zum qualifiziert faktischen Konzern und der Abkehr von dieser Rechtsfigur für die Einpersonen-GmbH bereits oben letzte Fn. zu Rn. 67.
So Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364).
Eschenbruch Konzernhaftung, Rn. 2092; Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364); Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 25.
Vgl. zu dieser und weiteren Fallgruppen Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364 f.); Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Görling Konzernhaftung, S. 83.
Teil 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen › C. Auswirkungen auf den unternehmerischen Pflichten- und Haftungsumfang › IV. Deliktsrechtliche Haftungsfolgen
IV. Deliktsrechtliche Haftungsfolgen
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Zu erwähnen sind schließlich mögliche Folgen der Konzernierung im Rahmen des Deliktsrechts. Auch hier wird eine Haftung der Konzernobergesellschaft möglich sein, sofern sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf eine nachgeordnete Konzerngesellschaft zurückgreift.
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Dabei wird zunächst diskutiert, ob eine Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Obergesellschaft gem. § 831 BGB in Betracht kommt. Für die vorliegende Untersuchung kann dies durchaus von Interesse sein, da § 831 BGB und § 130 OWiG erkennbare Parallelen aufweisen. Der Geschäftsherr haftet auch im Rahmen des § 831 BGB nicht für fremdes Verschulden. Haftungsanknüpfungspunkt ist vielmehr das eigene Fehlverhalten in Form der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Der Haftung kann der Geschäftsherr dabei gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB etwa entgehen, wenn er die bestellten Personen sorgfältig auswählt. Ob eine Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Obergesellschaft in Betracht kommt, ist indes strittig.[1] Verlangt wird hierbei grundsätzlich das Bestehen eines Abhängigkeits- und Weisungsverhältnisses, wobei es entscheidend auf die tatsächlichen Umstände ankommen soll. Bei einer Übertragung von Aufgaben an externe Unternehmen sind diese grundsätzlich nicht als Verrichtungsgehilfen anzusehen, da eine entsprechende Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit dann fehlt. Nun ist die Situation in einem Unternehmensverbund damit augenscheinlich nicht vergleichbar. Anders als zwischen unverbundenen Unternehmen ist ein Abhängigkeitsverhältnis hier nicht zu leugnen, schon die entsprechende Wortwahl des § 17 AktG ist hierbei ein kaum übersehbarer Fingerzeig. Überdies bestehen jedenfalls im Vertragskonzern, im Fall der Eingliederung sowie im faktischen GmbH-Konzern Weisungsrechte der herrschenden Gesellschaft. Wenn für die Verrichtungsgehilfenstellung die Einbindung in den Organisationsbereich des Geschäftsherrn notwendig ist,[2] so kann dies damit durchaus als gegeben angesehen werden. Dennoch soll es nach Ansicht des BGH für die Annahme einer Verrichtungsgehilfenstellung nicht genügen, wenn zwei Unternehmen miteinander verbunden sind.[3] Vielmehr fehle es auch hier regelmäßig an den Voraussetzungen der Abhängigkeit sowie der unzureichenden Eigenverantwortlichkeit.[4] Die Übertragung von Aufgaben im Unternehmensverbund an eine bestimmte Konzerngesellschaft diene vielmehr gerade regelmäßig dazu, dass diese durch eigenständige und damit weitestgehend unabgestimmte Umsetzung die anderen Konzerngesellschaften entlastet.[5] Freilich hat der BGH mit seiner Formulierung nicht die Möglichkeit versperrt, aufgrund der konkreten Umstände im Einzelfall nicht doch eine ausreichende enge Einbindung in den Organisationsbereich anzunehmen.[6] Da der BGH dabei auf die tatsächlichen Umstände abstellt, ist damit weniger die konkrete Art der Unternehmensverbindung maßgeblich, sondern vielmehr die Frage, wie sehr eine beherrschte Gesellschaft im Rahmen der konkret in Rede stehenden Tätigkeit fremdbestimmt und unselbstständig handelte. Auch wenn die Terminologie hier zur Ziehung von Parallelen verleitet, so ist die Abhängigkeit als Voraussetzung für die Verrichtungsgehilfenstellung nicht mit der Abhängigkeit i.S.d. § 17 AktG gleichzusetzen. Das Konzernrecht bestimmt das Verhältnis der verbundenen Unternehmen insofern abstrakt und unabhängig von Einzeltätigkeiten. Eine Unternehmensverbindung ist damit im Ganzen zu qualifizieren, sie kann nicht mit Blick auf die eine Tätigkeit als Konzernverbindung im engeren Sinne und mit Blick auf eine andere Tätigkeit als bloßes Abhängigkeitsverhältnis angesehen werden. Bei der deliktsrechtlichen Betrachtung sind wie gezeigt die tatsächlichen Umstände in den Vordergrund zu rücken. Hier kann im Einzelfall auch bei einer bloßen Mehrheitsbeteiligung ein entsprechend fremdbestimmtes Handeln vorliegen. Direkte Ableitungen für das Vorliegen einer Verrichtungsgehilfenstellung der Tochtergesellschaft und eines entsprechenden, deliktsrechtlichen Haftungsrisikos für die Obergesellschaft lassen sich unmittelbar aus dem Bestehen einer Unternehmensverbindung nicht begründen. Freilich können die rechtlichen Rahmenbedingungen im Unternehmensverbund jedoch als Indikator wirken, um die notwendige Fremdbestimmtheit der Tochtergesellschaft zu begründen. Dies ist dann Frage des Einzelfalls. Nicht übersehen werden darf indes der vergleichsweise geringe Pflichtenumfang der Norm. § 831 BGB verlangt keine umfassenden Organisationsmaßnahmen, sondern statuiert eine auf eine Verrichtungsperson gerichtete Pflicht zur Eignungsprüfung.[7] Hält man sich sodann die durch den dezentralen Entlastungsbeweis gegebenen Exkulpationsmöglichkeiten der Leitungspersonen durch persönliche Auswahl der nachgeordneten Mitarbeiter vor Augen, manifestiert sich der weitgehende Bedeutungsverlust der Regelung.[8]
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Neben § 831 BGB verbleibt indes der allgemeine Haftungstatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Die unzureichende Umsetzung von Organisationspflichten kann auch hier zu Schadensersatzansprüchen führen. Sofern eine Konzernobergesellschaft eine Untergesellschaft zur Umsetzung ihrer eigenen Aufgaben einsetzt und dabei maßgeblich bestimmend einwirkt, kann sich im Falle unzureichender Organisation damit auch ein Haftungsanspruch ergeben, wenn die Organisation mangelhaft