Kontrastierende Körperschaftskategorie ist die Personalkörperschaft: dort knüpft die Mitgliedschaft nicht an geographische, sondern an personenbezogene Merkmale an. Bsp.: IHK, Handwerkskammer, Ärztekammer[26].
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Während Art. 139 ff der DDR-Verfassung vom 7.10.1949 (GBl. DDR I S. 5) die Selbstverwaltungsgarantie für Gemeinden und Gemeindeverbände noch formell aufrechterhalten hatten, wurde die Selbstständigkeit in der Folgezeit entsprechend dem Prinzip des sog. demokratischen Zentralismus rigoros beschnitten. In der Verwaltungsstruktur der DDR bildeten kommunale Institutionen, wie Art. 41 u. 43 der DDR-Verf. von 1974 teils dokumentierten („im Rahmen der staatlichen Leitung und Planung“), teils vernebelten („Sie entscheiden eigenverantwortlich auf der Grundlage der Gesetze über ihre Angelegenheiten“), nur noch nachgeordnete Staatsorgane[27]. Nach § 1 I GÖV[28] hatten diese (die Stadtverordnetenversammlung von Berlin und die Bezirkstage; die Kreistage, die Stadtverordnetenversammlungen der Stadtkreise und die Stadtbezirksversammlungen in Berlin; die Stadtverordnetenversammlungen der kreisangehörigen Städte, die Stadtbezirksversammlungen in den Stadtkreisen und die Gemeindevertretungen) gemäß der Verfassung, den Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften in eigener Verantwortung über alle Angelegenheiten zu entscheiden, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen, aber keine originären Kompetenzen. Sie waren lediglich „Organe der sozialistischen Staatsmacht“ (§ 1 I 3 GÖV). Mit gutem Grund wird daher in der Rspr betont, dass die jetzigen Gemeinden in den neuen Ländern weder mit den früheren Räten der Gemeinden identisch noch deren Rechtsnachfolger sind[29]. Erst das (o. Rn 6 zitierte) Gesetz vom 17.5.1990 („KommVerf DDR“) brachte eine Revitalisierung der Organisation der kommunalen Selbstverwaltung. Diese damit bereits vor der Wiedervereinigung verabschiedete KommVerf DDR knüpfte vielfach an die gängigen westdeutschen Organisationsmodelle (dazu noch unten Rn 117 ff) an, griff einzelne Elemente heraus und verband sie miteinander, ging zum Teil aber auch eigene Wege. Charakteristisch war insbesondere, dass den Gemeinden zahlreiche, durch die jeweilige Hauptsatzung auszufüllende Gestaltungsspielräume eröffnet waren. Auf diese Weise konnte durchaus von einem neuen, eigenständigen Modell gesprochen werden.
a) Der Gemeindename
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Die Gemeinden führen als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts im Rechtsverkehr ihren eigenen Namen (vgl Art. 2 I bay.GO, § 8 I m.v.KVerf., § 19 I NKomVG, § 13 I GO NRW). Hierfür genießen sie den Schutz des Art. 28 II GG und können dieses Namensrecht gegenüber Verletzungshandlungen Dritter nach Maßgabe der gerichtlichen Zuständigkeitsordnung[30] durchsetzen.
Vgl BVerwGE 44, 351 („Bahnhofsbezeichnung“): Die Gemeinde hat gegen die Bahn in der Regel einen Anspruch auf Bezeichnung des Gemeindebahnhofs mit dem korrekten amtlichen Gemeindenamen, wenn jene an diesen Namen in ihrem Tätigkeitsbereich anknüpft. Bei Gebrauch des Namens im Rahmen öffentlich-rechtlich geregelter Aufgaben ist Schutznorm die entsprechende Vorschrift der Gemeindeordnung. Im Zivilrechtsverkehr – hier in der Werbung – ist der Gemeindename gegen unbefugten Gebrauch durch § 12 BGB und § 15 MarkenG unmittelbar geschützt[31]. Zum Schutz gegenüber dem Gesetzgeber im Rahmen von Neugliederungsmaßnahmen als gestaltenden staatlichen Organisationsakten („Namensänderung“) siehe BVerfGE 59, 216 (226 ff): Auch der Gesetzgeber darf den Gemeindenamen nicht aus sachfremden Erwägungen – hier: Steuerung örtlicher Investitionsentscheidungen – ändern, da ein solcher Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde nicht von Gründen des öffentlichen Wohls gedeckt ist.
Bei der materiell-rechtlichen Beurteilung können auch in öffentlich-rechtlichen Fragen des Namensschutzes ergänzend die Erkenntnisse zu § 12 BGB herangezogen werden[32].
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Die Bezeichnung „Stadt“, die ein an bestimmte Merkmale (zB Struktur, Gebietsumfang, Einwohnerzahl) anknüpfendes städtisches Gepräge des Gemeinwesens dokumentieren soll[33], dürfen solche Gemeinden führen, denen diese nach altem Recht zusteht oder auf Antrag von der Landesregierung verliehen wird (Art. 3 I bay.GO[34], § 8 III m.v.KVerf, § 20 I NKomVG, § 13 II GO NRW).
Bei kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 25 000 Einwohnern spricht die GO NRW (vgl § 4 I und II) bereits generell von einer „Mittleren kreisangehörigen Stadt“, bei solchen mit mehr als 60 000 Einwohnern von einer „Großen kreisangehörigen Stadt“. Vgl auch Art. 5a III, IV bay.GO und § 3 II sächs.GO zur „Großen Kreisstadt“ und § 14 III, V NKomVG zu „großen selbstständigen Städten“ und „selbstständigen Gemeinden“ (ab 30 000 Einwohnern).
Daraus wird bereits ersichtlich, dass die Gemeindeordnungen auf kommunale Gebilde unterschiedlichster Struktur, Einwohnerzahl und Größe Anwendung finden, auf kreisangehörige Gemeinden wie auf kreisfreie Städte. Ihre Geltungskraft erstreckt sich damit auf eine Kleinstgemeinde in der Mark Brandenburg und auf eine Millionenstadt wie München.
Lediglich die Amtsbezeichnung für Gemeindeorgane variiert. So heißt etwa in Niedersachsen und NRW der Bürgermeister in kreisfreien (und großen selbstständigen) Städten Oberbürgermeister (§ 7 II Nr 2 NKomVG, § 40 II 3 GO NRW).
b) Das Gemeindegebiet
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Das Gebiet einer Gemeinde besteht aus den Grundstücken, die nach geltendem Recht zu ihr gehören; gemeindefreie Grundstücke soll es nicht geben (vgl § 23 IV NKomVG, § 16 II GO NRW)[35]. Als von der Größenordnung her erstrebenswert wird ein solcher Gebietszuschnitt bezeichnet, bei dem die örtliche Verbundenheit der Einwohner gewahrt und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist (vgl § 23 III NKomVG, § 15 GO NRW). Unter dem Motto der Steigerung der kommunalen Verwaltungskraft fand in den Ländern des alten Bundesgebietes während der 70er-Jahre eine breit angelegte territoriale Neugliederung statt, die – trotz vielfach erbitterter Widerstände vonseiten der betroffenen Kommunen[36] und ihrer Bürger – zu erheblichen Maßstabsvergrößerungen bei den übrig gebliebenen bzw neuformierten Gemeinden führte, mancherorts aber auch spürbare Verluste an Bürgernähe, demokratischer Substanz und örtlicher Verbundenheit mit sich brachte[37].
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Jene Neugliederung produzierte im Übrigen eine Vielzahl rechtlicher Folgeprobleme, von denen hier nur das Ortsrecht – Weitergeltung von Satzungen?[38] – die Namensfindung (s. oben Rn 16) und das Sparkassenwesen (dazu noch unten Rn 330 ff) erwähnt sein sollen.
c) Interne Gebietsaufgliederungen
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In einzelnen Ländern sind im Gefolge der kommunalen Neugliederung zur Korrektur der beschriebenen Fehlentwicklungen interne Gebietsaufgliederungen in Gestalt einer Bezirksverfassung vorgeschrieben, so in Nordrhein-Westfalen
Verpflichtung kreisfreier Städte zur Einteilung des Stadtgebiets in Stadtbezirke (mit Bezirksvertretungen[39] und Bezirksverwaltungsstellen) gemäß §§ 35 ff GO NRW; Möglichkeit einer Bezirkseinteilung in kreisangehörigen Gemeinden gemäß § 39 GO NRW.
und in Bayern,
Für Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern sind Bezirksausschüsse zwingend (vgl Art. 60 bay.GO).
ansonsten jedenfalls fakultativ vorgesehen (vgl §§ 64 ff bd.wtt.GO; §§ 81 f hess.GO; § 42 m.v.KVerf.; §§ 90 ff NKomVG; §§ 74 ff rh.pf.GO; §§ 70 ff saarl.KSVG; §§ 65 ff sächs.GO).[40]
2. Landkreise