ungeahnte Abgrenzungsschwierigkeiten. Es greift nämlich nur, wenn die Steuer „aus anderen Gründen“ hätte ermäßigt werden müssen, was im Umkehrschluss heißt, dass es nicht zur Anwendung kommt, wenn die Gründe für die Ermäßigung mit der verkürzten Steuer zusammenhängen. Der BGH berücksichtigt solche Steuerermäßigungsgründe, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den bei der Berechnung der Soll-Steuer einzusetzenden steuererhöhenden Gründen stehen.[26] Dieses Vorgehen verdient Zustimmung, wenn es sich um Ermäßigungsgründe handelt, die der Täter später nicht geltend machen kann, ohne damit zugleich zu offenbaren, dass er steuererhöhende Tatsachen verschwiegen hat. Bei einer solchen Verknüpfung von Ermäßigungs- und Erhöhungsgründen besteht nämlich nicht die Gefahr, dass der bereits eingetretene Verkürzungserfolg durch die spätere Geltendmachung steuermindernder Gründe noch vergrößert wird. Die praktische Konsequenz des Kompensationsverbots besteht vor allem darin, es dem Gericht zu ersparen, den gesamten Steuervorgang aufzurollen, um den hinterzogenen Betrag zu berechnen. Eingeschränkt muss dieser aber doch bestimmt werden, weil das Kompensationsverbot nicht im Rahmen der Strafzumessung gilt. Das Gericht muss berücksichtigen, ob tatsächlich kein oder nur ein geringer Steuerschaden eingetreten ist.[27] Die Situation gleicht der bei § 263 StGB, weil auch dort zwischen Vermögensschaden als Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB und der tatsächlich eingetretenen Schädigung als Strafzumessungsumstand (vgl. § 46 Abs. 2 StGB) zu unterscheiden ist.
e) Verjährung
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Die Verfolgung der Steuerhinterziehung verjährt in 5 Jahren, da die Höchststrafe 5 Jahre nicht überschreitet (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Nach § 376 Abs. 1 AO beträgt in den in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1–6 AO genannten Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung die Verjährungsfrist zehn Jahre.[28]
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Bei Veranlagungssteuern ist der durch die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung verursachte Erfolg eingetreten, wenn aufgrund der unrichtigen Erklärung die Steuer zu niedrig festgesetzt wird und dies dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben wird.[29] Zu diesem Zeitpunkt ist die Tat zugleich beendet, so dass mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheids die Verjährung beginnt. Gibt der Steuerpflichtige keine Erklärung ab, soll zu seinen Gunsten zu unterstellen sein, dass der Steuerpflichtige der Letzte gewesen wäre, der veranlagt worden ist. Im Zusammenhang mit dem Verjährungsbeginn ist dagegen in dubio pro reo davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige der Erste gewesen wäre, der veranlagt worden ist. Die Verjährung beginnt also schon, wenn die Behörde mit den Veranlagungsarbeiten beginnt.
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Bei Fälligkeitssteuern ist die durch ein positives Tun bewirkte Tat nach h.M vollendet und beendet, wenn die Steuer bei Fälligkeit nicht oder zu niedrig gemeldet wird.[30] Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt danach mit dem gesetzlichen Termin. Auf die Zahlung der Steuern kommt es dagegen – wie oben bereits ausgeführt – nicht an. Die Verjährung beginnt demnach, wenn der Steuerpflichtige am Stichtag die Steuern nicht oder unrichtig anmeldet.
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Macht der Steuerpflichtige eine Steuervergütung geltend, für die es der Zustimmung der Finanzbehörde bedarf (§ 168 S. 2 AO), ist die Tat also erst mit der Zustimmung der Finanzbehörde beendet.
1. Wertneutralität des Steuerrechts
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Nach § 40 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Der Gesetzgeber geht deshalb davon aus, dass auch illegal erzielte Einkünfte versteuert werden müssen, wenn ein gesetzlicher Besteuerungstatbestand erfüllt ist.[31] Bestechungsgelder unterliegen einem Besteuerungstatbestand, nämlich § 22 Nr. 3 EStG;[32] bei Freiberuflern handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, so dass erhaltene Bestechungsgelder in der Steuererklärung anzugeben sind.[33]
2. Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit?
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Das bringt den Steuerpflichtigen in die Situation, dass er seine Verwicklung in einen korruptiven Sachverhalt der Finanzbehörde offenlegen muss, was einen Verstoß gegen den Grundsatz nemo-tenetur bedeuten könnte. Das Steuergeheimnis ist hier jedenfalls nicht lückenlos (dazu unten mehr). Der BGH sieht keinen Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit in dem Erfordernis der Angabe der Einkünfte aus Bestechungen, bietet aber einen scheinbaren Ausweg aus dieser Zwickmühle, indem er die Anforderungen an die Mitwirkungspflichten hinunter schraubt.[34] Es wird dem Steuerpflichtigen frei gestellt, die Einkünfte nur der Höhe nach anzugeben, ohne konkret mitzuteilen, aus welchen Lebenssachverhalten und auch von welchem Empfänger diese Zahlung stammt. Vordergründig ist dies eine für den Steuerpflichtigen praktische und auch komfortable Lösung, weil die nachfolgende Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nach der strafbaren Annahme von Bestechungsgeldern vermieden wird. Der Steuerpflichtige muss keine Einzelheiten mitteilen, welche die Tat unmittelbar beschreiben, so dass die Ermittlungen einen konkreten Anhaltspunkt hätten. Freilich hilft ihm dies nur begrenzt. Es dürfte nämlich eine lebensnahe Prognose sein, dass auf unbestimmte Angaben über Einkünfte nachfolgende Ermittlungen zumindest aufgenommen werden, weil ein Anfangsverdacht wegen einer Korruptionsstraftat angenommen werden kann.[35] In der Literatur wird deshalb die Annahme eines strafrechtlichen Verwertungsverbots gefordert.[36]
a) Keine Notwendigkeit einer Verurteilung
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Seit dem Jahressteuergesetz vom 1.1.1996[37] dürfen Bestechungsgelder gem. § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG nicht als Betriebsabgaben abgezogen werden. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung war hierzu entweder eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Korruptionsstraftat oder eine Verfahrenseinstellung nach §§ 153 ff. StPO erforderlich. Diese Fassung hat sich aber als impraktikabel erwiesen, weil das Veranlagungsverfahren von der strafrechtlichen Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens abhängig gemacht wurde.[38] Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 hat die Regelung deshalb modifiziert, so dass nach der geltenden Fassung nur noch die Begehung einer Korruptionsstraftat erforderlich ist. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG sind zugewendete Vorteile sowie damit zusammenhängende Aufwendungen nicht steuerlich abzugsfähig, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.[39] Die Koppelung an eine Verurteilung oder strafrechtliche Einstellung ist damit aufgehoben, so dass das Steuerverfahren nicht mehr bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt werden muss. Damit ist es auch unerheblich, ob die Tat überhaupt bestraft werden kann, etwa weil die Schuld nicht vorliegt oder kein Strafantrag gestellt worden ist. Sogar verjährte Taten begründen ein Abzugsverbot.[40] Das tatbestandsmäßige Verhalten muss hingegen vom Gesetz umfasst sein und das ist von den Finanzbehörden auch zu überprüfen.[41]
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Der Vorschrift wird vorgeworfen, systemwidrig zu sein, weil dem Abzugsverbot der Ausgaben beim Zuwendenden eine Steuerbarkeit der Einnahmen beim Empfänger entgegensteht.[42] In der Norm ist aber nicht in erster Linie ein Instrument zur Doppelbesteuerung, sondern zur Bekämpfung der Korruption zu sehen.
b) Sachlicher Anwendungsbereich des Abzugsverbots
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Ausdrückliche