C. A. Raaven

Black Tales of Rock


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Dank für den schönen Abend, Herr … wie heißt du eigentlich? Oder soll ich jetzt ‘Sie’ sagen?«, sagte plötzlich eine dunkle Stimme in sein Ohr.

      Tim drehte sich überrascht um und sah in das Gesicht einer Kollegin.

      Martha.

      Sie hatte zwar bisher immer die Box direkt neben seiner gehabt, aber zu einem privaten Wortwechsel war es trotzdem nie gekommen.

      »Oh, bitte, nein, ähm …«, stotterte Tim. »Okay. Jetzt noch mal: Bitte, gern geschehen wegen des Abends. Und nein, du musst mich nicht siezen. Aber ich heiße Somnifer.«

      Martha lächelte und sah ihm noch einmal in die Augen.

      »Interessanter Name – Som-ni-fer«, sagte sie gedehnt. »Hat der was zu bedeuten?«

      »Keine Ahnung«, antwortete Tim achselzuckend.

      »Ach, ist ja auch egal«, kam es von Martha zurück. »Hast du jetzt noch was vor?«

      »Ähm, na ja, schlafen gehen denke ich.«

      »Allein?«, fragte Martha.

      Tim wurde abwechselnd heiß und kalt. Die Kinnlade klappte ihm herunter, und er sah die Frau, die vor ihm stand, verdattert an. Sie war zweifellos eine Schönheit, mit einer schwarzen Lockenmähne, einem leicht dunklen Teint und den großen wasserblauen Augen.

      Wenn du jetzt ‘Ja’ sagst, dann tret’ ich dir in den Hintern, sagte eine Stimme in seinem Hinterkopf, und wie als Antwort darauf schüttelte Tim stumm den Kopf.

      »Fein«, sagte Martha fröhlich und hakte sich bei ihm unter, als wäre damit etwas abgemacht.

      ***

      Die Fahrt nach Hause bekam Tim eigentlich gar nicht mit. Er stellte nur irgendwann fest, dass sie vor seiner Wohnungstür standen. Dann ging alles ziemlich schnell.

      Kaum, dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, sprang Martha ihn an und hielt sich mit beiden Beinen an Tims Hüften fest, während sie ihm die Arme um den Hals schlang und sein Gesicht mit Küssen bedeckte.

      »Ich … hab’ dich … schon länger … im Auge«, keuchte sie zwischen den Küssen. »Aber du … warst immer so … abwesend. Aber … jetzt … bist du … irgendwie … da.«

      Tim sagte nichts, sondern gab sich nur den Umarmungen und Liebkosungen hin. Zusammen schafften sie es bis ins Schlafzimmer, wo sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen und dann eng umschlungen aufs Bett sanken. Schließlich kam Martha auf ihm zu sitzen und gab mit ihrem Becken einen Takt vor, der sie beide binnen kürzester Zeit zur Ekstase bringen würde.

      ***

      Und genau in diesem Moment bemerkte Tim es wieder.

      Das inzwischen altbekannte Gefühl, dass er jeden Moment einschlafen würde.

      Er riss die Augen auf und konzentrierte sich mit aller Macht auf Martha.

       Es darf nicht sein, dass der beste Sex meines Lebens damit endet, dass ich einschlafe, noch bevor ich ihn überhaupt auskosten kann.

      Es funktionierte.

      Genau in dem Moment des gemeinsamen Höhepunkts hatte Tim das Gefühl, dass er mit Martha auf mehr als nur der körperlichen Ebene verbunden wäre und zwischen ihnen ein gewaltiger Energiefluss stattfände.

      Danach lagen sie beide noch eine Weile schwer atmend nebeneinander, bis sie zufrieden einschliefen.

      ***

      Das Zwitschern der Vögel draußen vor seinem Fenster weckte Tim auf, als die ersten Sonnenstrahlen sein Schlafzimmer mit Helligkeit zu füllen begannen.

      Zufrieden lächelnd drehte er sich zu Martha um und prallte zurück.

      Mit einem panischen Aufschrei stieß er sich rückwärts, fiel vom Bett und blieb an der nächsten Wand liegen, die Augen immer noch auf das gerichtet, was eben noch neben ihm im Bett gelegen hatte.

      Die Gestalt hatte noch entfernte Ähnlichkeit mit Martha, glich aber ansonsten eher dem Bild »Der Schrei« von Edvard Munch. Mit weit aufgerissenen Augen und Mund lag dort eine totenblasse Person, die beide Hände in das schlohweiße Haar krallte, das ihr wirr um den Kopf stand.

      Als hätte Tims Aufschrei sie geweckt, bewegte die Figur nun leicht ihren Kopf und fixierte ihn mit trüben, rotgeäderten Augen.

      Dann begann sie krächzend zu sprechen: »Was hast du mit mir gemacht? Ich konnte nicht schlafen, aber die Träume kamen trotzdem. Kannst du dir vorstellen, wie das ist? Alles ist … anders … Und da sind Dinge … Da im Schrank und unter dem Bett … Dinge die kratzen … und beißen …«

      Wimmernd presste Tim sich an die Wand und hauchte dann: »Martha?«

      »NEIIIIIN«, kreischte sie. »Sie kommen wieder … Ich kann nicht mehr.« Und dabei krallte sie ihre Finger ins Gesicht, bis Blut dazwischen hervorquoll.

      ***

      Zitternd und weinend hockte Tim in seinem Bad.

      Vor einer Weile hatte das Kreischen von Martha aufgehört. Auch ihr Stöhnen und Röcheln war verstummt, aber er traute sich nicht, das Zimmer wieder zu betreten.

      Tim wusste inzwischen, dass es seine Schuld gewesen war.

      Gabler, Martha und wer weiß sonst noch.

      Und er wusste, dass es sein Blick gewesen sein musste, der dies bewirkt hatte.

      Dann spürte er wieder die verräterischen Anzeichen – er hatte hier auf sie gewartet.

      Als es kaum noch auszuhalten war, stand er auf, öffnete seine Lider und blickte sich im Spiegel fest in die Augen.

      Track 2

      ür Adam begann der Tag wie immer damit, dass er zum Briefkasten ging, um die Post und seine Tageszeitung daraus hervorzuholen. Ein Morgen ohne Kaffee wäre zwar schwierig, aber zu überleben. Ein Morgen ohne Zeitung hingegen war undenkbar. Er öffnete die hintere Klappe des Kastens und staunte nicht schlecht. Der Briefträger schien es an diesem Tag besonders gut mit ihm gemeint zu haben, denn er war so voll, dass sowohl die Zeitung als auch einige Briefe direkt daraus hervorquollen. Man hätte fast glauben mögen, dass sie mit dem restlichen Inhalt des Briefkastens nichts zu tun haben wollten.

      Dieser Inhalt bestand nur aus einem einzigen Briefumschlag, der eigentlich zu groß wirkte, um überhaupt durch den Einwurfschlitz zu passen. Aber trotzdem war der Brief dort und er wirkte auch in keiner Weise zerknickt oder sonst irgendwie beschädigt.

      Adam klaubte zuerst die auf den Boden gefallenen Schriftstücke auf und nahm sich dann das sonderbare Kuvert, bevor er die Klappe wieder schloss und pfeifend zurück zum Haus ging. Im Vorbeigehen warf er sämtliche Briefe im Arbeitszimmer auf den Schreibtisch und schlenderte mit der Zeitung in der Hand in die Küche. Dort stopfte er zwei Toastscheiben in den Toaster und warf ein Ei in das Wasser, das bereits auf dem Herd kochte. Prompt platzte es auf und verteilte Schlieren geronnenen Eiweißes im gesamten Topf.

      Och nöö, das kann ich direkt wieder lassen, dachte er angeekelt.

      Es gab beim Frühstück kaum etwas, das er weniger mochte, als ausgelaufene Eier. Aber ein Blick in den Kühlschrank zeigte, dass es das letzte seiner Art gewesen war.

      Bevor Adam sich jedoch Gedanken darüber machen konnte, wies ihn sein Geruchssinn auf ein weiteres Problem hin. Schnell sprang er zum Toaster, aus dem sich bereits erste Rauchwölkchen zu kringeln begannen.

      »Na,