Dennis Willkomm
Roadmap durch die VUCA-Welt
Für Führungskräfte, Scrum Master und Agile Coaches
UVK Verlag · München
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ISBN 978-3-7398-3118-3 (Print)
ISBN 978-3-7398-0144-5 (ePub)
Vorwort
Wenn ich an Helden denke, dann fallen mir sofort die Comics ein, die ich schon als Kind geliebt habe. Hier kommt Superman mit seinem roten Cape angeflogen und rettet in letzter Sekunde die Welt vor dem Untergang. Dort bringt Batman mit seinem messerscharfen Verstand gleich eine ganze Bande von Superschurken hinter Gitter.
Die Helden, an die sich dieses Buch richtet, sind allerdings anders. Sie kommen nicht mit dem Cape angeflogen und retten in letzter Sekunde das Projekt vor dem Untergang. Die Zeit dieser Helden ist in den meisten Unternehmen vorbei. Nein, die VUCA-Helden haben neue Superkräfte. Eine Superkraft teilen sie dabei alle: die Kollaboration. Sie sind vernetzt, teilen ihr Wissen, arbeiten zusammen und verstehen, was die Menschen um sie herum benötigen. Sie sind vorbereitet auf eine komplexe und dynamische Welt und das macht sie so wertvoll. Und das schönste: jeder von uns kann ein VUCA-Held sein!
Dieses Buch stellt ein Starter-Kit für alle VUCA-Helden dar. Sie finden darin viele Hilfsmittel, die Sie fit für die VUCA-Welt machen. Neben konkreten Methoden und Modellen bekommen Sie praktische Anwendungstipps und Beispiele an die Hand, um gleich zur Tat zu schreiten.
Sie können dieses Buch von vorne bis hinten am Stück lesen oder einfach gleich zu den Kapiteln springen, die von besonderem Interesse sind. Am Ende jedes Kapitels finden Sie Anregungen und Reflexionsfragen. Diese fordern Ihre bisherigen Sichtweisen auf Führung, Zusammenarbeit und Unternehmenskultur heraus und helfen Ihnen auch, die vorgestellten Modelle und Werkzeuge in Ihren eigenen Kontext einzupassen.
Ich habe mich bemüht, Ihnen eine große Auswahl der Modelle, Methoden und Werkzeuge zusammenzustellen, die mir auf meiner bisherigen Lernreise am meisten von Nutzen waren. Sicher gibt es noch viele weitere hilfreiche Ansätze und jeder erfahrene VUCA-Held, sei es ein Scrum Master, Agile Coach oder eine agile Führungskraft, hat sicher noch weitere Werkzeuge in seinem Koffer, die hier hineinpassen würden. So entstand dieses Buch, in das auch einiges an Feedback und praktische Erfahrungen von geschätzten Kollegen eingeflossen ist, so dass ich selbst beim Schreiben noch sehr viel Wertvolles und Neues lernen durfte.
Ich hoffe, auch Sie finden auf den folgenden Seiten ein paar neue Ansätze, hilfreiche Methoden oder neue Sichtweisen.
Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und Erfolg mit diesem Buch und freue mich – ganz im agilen Sinne von Inspect & Adapt – auf Ihr Feedback, Lob, Kritik und Verbesserungsideen, gerne auch über Social Media mit den Hashtags #MindsetIsKey und #VUCAHelden.
Dennis Willkomm, Juni 2021
Diversität und Toleranz sind wichtige Werte für mich. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich darauf verzichtet, Personen- und Berufsbezeichnungen in der weiblichen und männlichen Form zu verwenden. Die verwendeten Begriffe schließen alle Geschlechter selbstverständlich ein.
Auf das können Sie sich freuen: Ihr Roadmap durch die VUCA-Welt
1 Von der Industrialisierung zur Digitalisierung
Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.
Richard von Weizsäcker
Lernen aus der Vergangenheit hilft zu verstehen, warum gewisse Entscheidungen getroffen wurden, um die Auswirkungen auf die Gegenwart einschätzen zu können. Viele Strukturen, Denk- und Handlungsweisen, mit denen Sie als VUCA-Held heute konfrontiert werden, haben ihren Ursprung in der Vergangenheit und wirken bis in die Gegenwart fort. Ohne das Wissen darüber, woher gewisse Strukturen und Paradigmen kommen und was der Grund ihrer Entstehung war, ist es sehr schwer, sie im Kontext der heutigen Gegebenheiten zu beurteilen. Dies trifft in besonderem Maße auf die Auswirkungen der letzten 100 Jahre auf unsere heutige Unternehmenslandschaft zu.
Mit diesem Wissen können auch die Veränderungen, die unter den Schlagworten „Digitalisierung“, „New Work“ und „Agile Transformation“ viele Unternehmen beschäftigen, besser eingeschätzt werden.
Die Industrialisierung lässt grüßen
Jede große Veränderung findet auf mehreren Ebenen statt. Wenn Sie in die Vergangenheit schauen und versuchen, Gründe zu finden, warum sich ein geschichtliches Ereignis abgespielt hat, dann ist dies immer nur auf viele unterschiedliche Ursachen zurückzuführen. Mein alter Geschichtslehrer wurde niemals müde zu betonen, dass die retrospektive Suche nach Gründen immer mit „multikausal“ beantwortet werden müsse. Es ist nie ein einzelner Grund, der Auslöser für eine tiefgreifende Veränderung ist, sondern viele unterschiedliche Ereignisse, Zustände und Umwelteinflüsse, die zusammenkommen.
So ist es kaum möglich, über die moderne Arbeitswelt, Agilität, New Work oder Digitalisierung zu sprechen, ohne dabei auf Strukturen, Prozesse und Weltbilder zu stoßen, die schon mehr als 100 Jahre alt sind, aber bis heute Auswirkungen haben.
Frederick Winslow TaylorTaylor, Frederick Winslow, ein Pionier auf dem Gebiet der Arbeitswissenschaft, wurde am 20. März 1856Taylor, Frederick Winslow in einer kleinen Stadt in Pennsylvania geboren und trat in der Zeit um die Jahrhundertwende in Erscheinung. Zu dieser Zeit gab es in den Fabriken sehr viele ungelernte Arbeiter, die ihre Körperkraft gegen Lohn anboten. Diese wurden nach ihrer individuellen Arbeitsleistung bezahlt. Je mehr sie in einer bestimmten Zeit erledigten, desto mehr Geld erhielten sie am Ende des Tages. Der Arbeitsalltag war sehr hart, aber den Arbeitern blieb nicht viel anderes übrig. Sie brauchten den Lohn, um sich und ihre Familien über Wasser zu halten.
Die Entstehung des Scientific Management
Bedeutend wurde TaylorTaylor, Frederick Winslow vor allem für seine Arbeiten, die unter dem Namen Scientific Management große Bekanntheit erlangten. Er versuchte, die Arbeit in den Fabriken zu beschreiben und den besten Weg für ihre Durchführung herauszuarbeiten. Mit der festen Überzeugung, dass es den „one best way“ geben müsse, wie eine Arbeit am effizientesten auszuführen ist, entstanden so nach und nach detaillierte Arbeitsanweisungen, wie die einzelnen Arbeitsschritte auszuführen waren. Arbeiter wurden dann in der Durchführung geschult und arbeiteten nur noch nach den neuen Anweisungen.
Die Beobachtung und Planung der Arbeitsschritte führten Taylor und seine Kollegen in einer eigenen Abteilung, dem sogenannten Arbeitsbüro, durch. Auf diese Weise trennte Taylor die Kopfarbeit von der Handarbeit und verlagerte sie in zwei unterschiedliche Abteilungen. Das Mitdenken des Arbeiters wurde nicht benötigt, da der eine beste Weg ja schon gefunden war.
Diese Vorgehensweise brachte Taylor schon zu seinen Lebzeiten herbe Kritik ein. Interessanterweise aber nicht von den Arbeitern, wie man aus heutiger Sicht leicht erwarten könnte, schließlich zeichnet sich in diesen Vorgehensweisen ein sehr mechanistisches Menschenbild ab. Für die Arbeiter in den Fabriken war das Scientific Management ein klarer Schritt nach vorne.