damals vom heutigen Markt unterscheidet.
Können Sie Unterschiede erkennen? Wo stoßen Sie mit dem tayloristischen Ansatz an Grenzen und wo funktioniert er nach wie vor?
1 Beziehen Sie den Kontext ein.
Am Beispiel des Taylorismus können Sie erkennen, dass es wichtig ist, ein System, eine Struktur oder einen Prozess immer im jeweiligen Kontext zu betrachten. Nichts ist von sich aus gut oder schlecht. Manchmal versteht man den Sinn nur durch Einbeziehung des Kontextes.
In welchem Kontext ist eine Struktur oder ein Prozess entstanden?
Hat sich der Kontext verändert?
Welche dieser Veränderungen beeinflusst den Erfolg der ursprünglichen Struktur?
1 Jedes System ist auch von den handelnden Menschen abhängig.
Machen Sie sich bewusst, dass jedes System, wie auch der Taylorismus, von den handelnden Menschen mit Leben gefüllt wird. Die bloße Existenz von unterschiedlichen Abteilungen sagt noch nichts darüber aus, ob die angesprochenen Nachteile dieser Struktur sich auch wirklich zeigen werden.
Es gibt auch Beispiele dafür, dass Abteilungen sehr gut zusammenarbeiten und sich nicht auf politische Spielchen einlassen. Solche Unternehmen können auch mit tayloristischen Strukturen Erfolg aufweisen.
Wie arbeiten die Menschen in Ihrem Umfeld zusammen?
Welche Strukturen und Systeme unterstützen Verhaltensweisen?
Welche (überraschenden) Abweichungen von erwarteten Verhaltensweisen, die sich aus der Struktur (Organigramm, Prozesse, Abteilungen) ergeben, können Sie in Ihrem Umfeld beobachten? Was schließen Sie daraus?
Was ist Komplexität?
In der Alltagssprache wird komplex oftmals synonym zu kompliziert verwendet, das ist es aber nicht. Was erst einmal wie eine Spitzfindigkeit anmutet, sollten wir uns etwas genauer betrachten. Lassen Sie uns dafür einen Blick auf das CynefinCynefin-Framework1 werfen.
Das Cynefin-FrameworkCynefin-Framework
Das Wort Cynefin stammt aus dem walisischen und bedeutet übersetzt so viel wie Lebensraum. Es stammt von Dave SnowdenSnowden, Dave, der auch in einer Reihe sehr guter Videos im Internet sein Modell ausführlich erklärt.
Das Cynefin-Framework im Überblick (eigene Darstellung nach Dave Snowden)
Das Cynefin-Framework teilt sich in vier Quadranten sowie einen Bereich in der Mitte auf. Jeder Quadrant stellt dabei grob gesagt eine Kategorisierung von Problemen und Aufgaben dar.
Lassen Sie uns ein Beispiel anschauen. Es ist Samstag und die Sonne scheint. Berti hat sich vorgenommen den Rasen zu mähen. Also geht er in den Schuppen und sucht den Rasenmäher. Voller Motivation geht er nun mit seinem Rasenmäher in den Garten. Sicherlich stimmen Sie mir zu, dass das Rasenmähen eine als einfach zu kategorisierende Tätigkeit (rechts unten in der Abbildung) darstellt. Snowden beschreibt, dass man einfache Probleme mit einem Dreischritt aus Wahrnehmung, Kategorisierung und Reaktion behandeln kann. In diesem Beispiel würde Berti also den Rasenmäher betrachten (wahrnehmen), ihn als Rasenmäher erkennen (kategorisieren) und dann den Schalter zum Einschalten drücken. Dann schiebt er den Rasenmäher über den Rasen und erhält so das gewünschte Ergebnis: einen gekürzten und ordentlichen Rasen. In diesem Fall hat man es mit einer Best-Practice zu tun, also einem Vorgehen, das einfach als das naheliegendste und erwiesenermaßen Beste einzuordnen ist.
Kompliziert wird es dann (rechts oben in der Abbildung), wenn der Rasenmäher plötzlich den Dienst verweigert. In diesem Fall ist es für Berti, der ein technischer Laie ist, kein einfaches Problem mehr, den Rasenmäher wieder zum Arbeiten zu bewegen. So bleibt für Berti nur der Gang zum Experten, der sich mit Rasenmähern auskennt und eine Reparatur durchführen kann. Dieser sieht sich erst einmal den Rasenmäher genau an (wahrnehmen) und versucht herauszufinden, was das grundlegende Problem ist. Aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung kann er den Rasenmäher dazu auseinanderbauen und nachsehen, wo es klemmt (analysieren). Das Grundwissen dafür hat er sich angelesen und aus vielen vorhergehenden Reparaturen erweitert. Hat er das Problem erkannt, beginnt er mit der Reparatur (reagieren). In der Folge sollte der Rasenmäher wieder laufen. Berti verstaut diesen also wieder im Auto und fährt zufrieden nach Hause. Dort kann er die Gartenarbeit fortsetzen. Im Fall eines komplizierten Problems hat man es nicht mehr mit Best Practices, sondern mit Good Practices, also bewährten Vorgehensweisen, zu tun. Es gibt mit Sicherheit mehrere Wege, den Rasenmäher zu reparieren, die in den meisten Fällen funktionieren, aber nicht den einen offensichtlichen, der immer funktionieren wird. Eine gewisse Kreativität und Improvisationsgeschick sind hier von Vorteil.
Eine Woche später, es ist wieder Samstag, ist Berti allerdings faul. Er nimmt sich daher vor, jemand anderen dazu zu bewegen, diese Aufgabe zu erledigen. Damit wird es dann komplex (oben links in der Abbildung). Berti kann nicht durch Wissen den Vorgang beeinflussen. Er überlegt, seine Frau zu überreden, aber er ist nicht sich sicher, wie sie reagieren wird. Vielleicht ist sie gerade müde von einem anstrengenden Tag und überhaupt nicht in der Stimmung, noch den Rasen zu mähen. Vielleicht hat sie aber auch den ganzen Tag im Büro gesessen und ist ganz dankbar, dass es eine Aufgabe gibt, bei der sie sich ein wenig körperlich betätigen kann. Dann kommt ihm eine andere Idee: Er könnte auch seinen Sohn fragen und ihm eine Belohnung in Aussicht stellen. Aber wird dieser sich darauf einlassen? Wie auch immer, Berti wird ausprobieren müssen, wie sein Gegenüber auf die Aufforderung, den Rasen zu mähen, reagiert (experimentieren). Dann kann er beobachten, was passiert. Bietet er seinem Sohn fünf Euro für das Rasenmähen und nichts passiert (wahrnehmen), dann kann er es mit zehn Euro versuchen. Vielleicht hat er damit mehr Glück (reagieren). Oder er versucht es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.
Aus dem, was funktioniert hat, kann Berti dann Strategien für die Zukunft entwickeln. Dies nennt Snowden dann die emergenten Praktiken. Also Praktiken, die sich nach und nach entwickeln und anpassen. Im Gegensatz zu komplizierten Problemen kann man hier keine klaren Ursache-Wirkung-Beziehungen im Voraus erkennen. Egal wie gut Berti seine Familie kennt, er wird nie alle Informationen erfassen können, die ihm eindeutig vorhersagen, ob er seinen Sohn mit fünf Euro, mit zehn Euro oder einfach mit einer netten Bitte zum Rasenmähen bewegen kann. Das kann er erst nachher – retrospektiv –, nachdem er es ausprobiert hat. Allerdings sollte er dann auch nicht dem Irrglauben anhängen, dass beim nächsten Mal, wenn der Rasen wieder zu hoch ist, die gleiche Taktik zum gleichen Ergebnis führen wird.
Zuletzt beschreibt Cynefin noch chaotische Probleme (links unten in der Abbildung). Hier herrscht wirklich Chaos. Zum Beispiel ist es so gut wie unmöglich vorherzusagen, welches Muster die abgemähten Grashalme in der Auffangbox darstellen werden. Dies ist vollkommen zufällig und auch retrospektiv nicht zu rekonstruieren. Der Dreischritt sieht hier Handeln-Wahrnehmen-Reagieren vor und beschreibt komplett neue Praktiken. Wenn Ihnen das noch nicht chaotisch genug ist, dann können Sie sich noch mit Problemfeldern beschäftigen, die Snowden als Disorder bezeichnet. Hier gibt es keine erkennbaren Vorgehensweisen mehr.
Mit Hilfe des Cynefin-Frameworks können Sie Ihre Herausforderungen einschätzen und so eine passende Vorgehensweise wählen. Problematisch wird es, wenn Sie eine Fehleinschätzung vornehmen, denn dann können sich Probleme, die Sie vielleicht als „einfach“ eingeschätzt haben, schnell als „chaotisch“ herausstellen.
Für einen Überblick reicht es aber aus, ein grundlegendes Verständnis für die Unterscheidung zwischen komplizierten und komplexen Systemen aufzubauen. Mit diesem Verständnis können Sie nun die Taylorwanne noch einmal etwas genauer betrachten und sehen, dass das Scientific Management dort seine Stärken ausspielt, wo komplizierte Probleme zu lösen sind. Taylor war es gelungen, die Probleme wahrzunehmen, zu analysieren und dann Handlungsanweisungen abzuleiten, die dazu führten,