nach der anderen, bis ihr euch erlaubt, in den großen Abgrund, diese große Spalte zu fallen. Ihr müßt euch erlauben, in dieser gewaltigen Leere zu existieren. Wir müssen durch diese Nichtexistenz hindurchgehen. Es gibt keine andere Möglichkeit.
Um vereint (unified) zu werden, müssen wir durch die Spalte in uns hindurchgehen, und die ist dasselbe wie der Abgrund. Wir können nicht über ihn hinweggehen oder ihn vermeiden. Wir müssen die Erfahrung des Abgrunds zulassen. Wir müssen uns erlauben, die Bedeutungslosigkeit ganz und gar zu fühlen, ohne uns dagegen zu wehren.
Wenn ihr das Gefühl, unecht zu sein, erkennt, ohne zu versuchen, es zu ändern, und wenn ihr euch nicht dagegen wehrt, dann werdet ihr vollkommenes Nichtssein (nothingness), vollkommene Wertlosigkeit, vollkommenen Mangel an Unterstützung, vollkommene Hilflosigkeit erfahren. Es ist nicht so, daß unser Prozeß das alles hervorbringt. Nein, wir müssen da durch, weil es da ist. Dieses Loch ist da in unserer Tiefe, und wir weichen ihm ständig aus. Wenn wir uns erlauben, es zu erfahren, könnten wir erkennen, daß Leere gar nicht so schlimm ist, nur friedvolle Ruhe, und daß der Abgrund nichts ist als grenzenloser Frieden. Er ist eine Leere und er hat kein Selbstsein (selfhood), aber er ist nicht so furchterregend, wie wir uns vorstellen. Ein Grund, weshalb wir so voller Angst sind, ist, daß man ihn als eine Art Tod erlebt. Auch wenn ihr schreckliche Angst vor dem Tod habt, bevor er eintritt, werdet ihr dann, wenn ihr den Tod erlebt, sehen, daß er ein Ort der Ruhe, ein Übergang ist.
Aber wir konfrontieren uns nur mit ihm, wenn wir müssen; niemand stellt sich diesem Thema zu seinem Vergnügen. Niemand erforscht den Tod, nur weil er ein bißchen neugierig ist. Nein, wir müssen uns diesem Abgrund aus schmerzlicher Unausweichlichkeit stellen, wenn wir wissen, daß das Leben die ganze Mühe nicht lohnt. Das ist der Moment, wo ihr euch total der Erfahrung überlaßt und um den Sinn des Todes wißt. Und wenn ihr um den Sinn des Todes wißt, dann wißt ihr um den Sinn des Lebens. Dieser Tod ist eigentlich der Tod, das Ende des Stopfens, über den wir gesprochen haben. Er ist die Abwesenheit aller Versuche, das Loch zu füllen, aller Phantasien davon, was es wirklich für euch bringen wird. Wenn ihr dieses Loslassen geschehen laßt, dann kommt es zum Anfang einer Wiedergeburt. Ihr fangt an zu entdecken, wer ihr im Innersten seid – eure Bedeutung und den Sinn eures Lebens. Existenz und Kostbarkeit haben jetzt keinerlei Ursache. Wir sind die ursachelose Wirklichkeit, die wir selbst erfahren müssen. Indem wir nur wir selbst sind, hat das Leben Sinn. Ihr werdet der Sinn sein. Eure wahre Kostbarkeit ist der Sinn.
Wenn ihr durch die Leere geht, dann ist es nicht so, daß ihr fühlt: „Oh, jetzt habe ich ein wahres Selbst.“ Die Auffassung, etwas zu haben, ist die Perspektive des abgetrennten Selbst, der Persönlichkeit. Es ist also nicht so, daß ihr ein kleines brillantes Wesen (entity) seid und Liebe, Mitgefühl, Schönheit habt. Nein, zu dieser ganzen Verschiebung kommt es, weil die wahre Identität die Identität mit der gesamten Essenz ist, mit der gesamten Wirklichkeit. Genau dieser Augenblick, ohne Beziehung zu Vergangenheit oder Zukunft, ist die Mitte, der Kern; und von da aus könnt ihr sehen, daß ihr nichts als Gnade seid. Nicht nur hat das Leben einen Sinn, sondern es ist eine Gnade, als ob der Himmel sich öffnete und Gnade in euch gösse.
Ihr werdet sehen, daß eure Natur selbst diese Gnade ist, reine ursprungslose Kostbarkeit, die ihr nicht seht, wenn ihr schaut, sondern indem ihr seid. Es gibt kein Gefühl von Getrenntheit zwischen dem Schauen und dem Sein – sie sind ein Akt. Wenn ihr ihr selbst seid, dann heißt das, daß ihr Essenz seid, ihr seid Sein, ihr seid die Bedeutung, ihr seid der Sinn.
Wir haben gesehen, daß wir immer nach der Kostbarkeit suchen, die verlorenging, und denken, wir könnten sie von außen bekommen. Sie ist aber das Innerste. Sie ist so privat, so tief, so innerlich, daß es nichts Innerlicheres gibt als das. Wer ihr seid, ist so innerlich, so privat, so kostbar, daß es sich wie eine absolute Heiligkeit anfühlt, wenn man es in seiner Tiefe erlebt.
Wirklich man selbst zu sein heißt den Abgrund zu eliminieren, die zwei Seiten seiner selbst zu vereinen, ganz und gar einer zu werden. Es ist nicht so, als wäret ihr jemand, der einen Körper hat, jemand, der dies oder jenes tut, jemand, der eine Essenz hat. Ihr seid sie! Ihr seid all das.
Sinn ist nicht etwas, wohin wir mit unserem Verstand (mind) gelangen können. Er ist keine Antwort, die man im Kopf finden kann. Er ist nicht ein Ideal oder ein Bild, das wir verwirklichen. Er ist nicht ein Resultat von irgendetwas. Er ist nur Hineinfallen in die eigene Natur.
Fähig zu sein, einfach in die eigene Natur hineinzufallen, ist jedoch nicht leicht. Es ist das Schwierigste, was es gibt. Es verlangt Ausdauer, Geduld, Aufrichtigkeit und Mitgefühl mit einem selbst. Und es kann sein, daß man lange Zeit dazu braucht.
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