über Frauenfragen“.
In diesem Hauptwerk stellt sie fünf Forderungen für eine humanere Form der Gesellschaft auf: Sie drängt auf die politische und soziale Gleichstellung der Geschlechter, die vollkommene und unbedingte Lösbarkeit der Ehe, die Abschaffung der Prostitution, die Reform der Jugenderziehung beider Geschlechter und die Erziehung der Kinder in staatlichen Institutionen:
„Selten dringt ein Schmerzensschrei des Weibes an die Öffentlichkeit. Die Frau hat es gelernt zu lächeln, während erstickte Tränen ihr das Herz zusammenpressen. An wen sollte sie sich mit ihren Klagen wenden? An die Frauen? Die haben nicht die Macht, ihr zu helfen. An den ritterlichen Schutz des Mannes? Der Mann erweist der Frau nur dann gern Gefälligkeiten, wenn er als deren Lohn sich durch die Frau Vorteil oder Genuss verschaffen kann. An den Staat? Ach, der Staat ist es ja eben, der die Gesetze schuf, welche die Frau der Gewalt des Mannes überliefern“ (Die Mission unseres Jahrhunderts, 58).
Zusätzlich tritt sie vehement für das Wahlrecht für Frauen ein. Sie fordert auch eine Reform der Frauenkleidung in ihrem Pamphlet „Das Weib und seine Kleidung“. Darin lehnt sie das „Panzermieder und die zu engen Schuhe als Verstümmelung der Füße ab: „In der Geschichte der menschlichen Verstandesschwäche gebührt dem Kapitel der weiblichen Kleidung eine hervorragende Stelle.“
In Ergänzung und zur Untermauerung ihrer Forderungen schreibt sie neben ihren sozialpolitischen Texten Romane und Novellen. Insgesamt erscheinen von ihr zu Lebzeiten 19 Bücher. In ihren erzählerischen Werken tritt ganz deutlich ihre Liebe und Sorge für die Entrechteten und Ausgebeuteten zutage. Bekannt wird sie einer breiteren Leserschaft vor allem durch ihren Roman „Aus der Tiefe“ (1892).
Troll-Borostyáni hat auch mit zahlreichen Schriftstellerinnen und Frauenrechtlerinnen engen Kontakt. Mit der Friedennobelpreisträgerin Bertha von Suttner und den Frauenrechtlerinnen Auguste Fickert, Adelheid Popp und Rosa Mayreder hat sie jahrelang regen Briefkontakt. Bertha von Suttner nennt ihre „Gesinnungsschwester“ eine der „tiefsten Denkerinnen aller Zeiten“.
Nach zwölf Jahren kehrt Irma von Troll-Borostyáni im Jahr 1882 nach Salzburg zurück, da ihre Mutter sterbenskrank ist. Irma zieht gemeinsam mit ihrer ebenfalls feministisch engagierten Schwester Wilhelmine in das Haus Riedenburgstraße 7 ihrer drei künstlerisch begabten Freundinnen Helene, Johanna und Maria Baumgartner ein, wo sie bis zu ihrem Tode wohnt. Alle fünf Frauen sind mit ihrer Wohngemeinschaft und ihren künstlerischen, feministischen und sozialpolitischen Engagements gesellschaftliche Außenseiterinnen in der Stadt. Zu Irmas Freundinnen zählen auch die künstlerisch tätigen Schwestern Esinger, die in ihrem Haus am Mönchsberg in ähnlicher Art ihr alternatives Lebensmodell zu der herkömmlichen bürgerlichen Art verwirklichen. Ihren Mann dürfte sie nie mehr getroffen haben.
Eine Zeitlang ist Irma von Troll-Borostyány auch Mitglied der im Jahr 1897 gegründeten Künstlergruppe PAN, zu der auch der Musiker August Brunetti-Pisano und Georg Trakl gehören. Die Vereinigung setzt sich zum Ziel, die kulturkonservative Struktur der Stadt aufzubrechen.
Die Troll-Schwestern Wilhelmine und Irma sind aber auch begeisterte Bergsteigerinnen, die es wagen, den Großglockner zu bezwingen. Doch im Jahr 1900 erleidet Irma einen schweren gesundheitlichen Rückschlag mit Herzbeschwerden, Atemnot und einem Nervenleiden. Ausschlaggebend dafür dürften existenzielle finanzielle Sorgen gewesen sein. Als ihr Mann Nandor im Herbst 1902 stirbt, bessert sich die Lage. Sie kann nun Kuraufenthalte in Hofgastein und am Gardasee absolvieren. Im Alter von 65 Jahren stirbt die kämpferische Frauenrechtlerin am 10. Februar 1912. Auf ihrem Grabstein steht: „Die tapfere Bahnbrecherin der Frauenbewegung“. Das Grab auf dem Salzburger Kommunalfriedhof ist jedoch aufgelassen und seit vielen Jahren von einer anderen Salzburger Familie belegt. Seit 1995 vergeben Land und Stadt Salzburg für frauenrechtliches Engagement den Troll-Borostyáni-Preis.
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