Beredsamkeit sowohl bei Juden- als auch bei Heidenchristen großen Erfolg gehabt. Es sei unweigerlich zu Vergleichen mit Paulus gekommen und zwar mit folgendem Ergebnis: „[…] so war Apollos der hellenistischen Christengemeinde vermöge seiner Bildung wahlverwandter, als der herbe, schmucklose Paulus“ (37). Zwei Aspekte des Auftretens des Apollos hätten nun eine besondere Wirkung auf die ihm ohnehin zuneigende korinthische Gemeinde gehabt: Rhetorisch-ästhetische Vorträge erschienen ihnen als wahre göttliche Weisheit.4 Die Gemeinde habe sich an die „ungemein populären Mysterien“ (40) erinnert, in welche Apollos sie wie ein Mystagoge eingeweiht habe. Der in die höheren Einsichten Eingeweihte erhielt dabei „nicht nur eine neue Weise zu leben, sondern auch eine bessere Hoffnung zu sterben.“5 (40) Dazu komme, dass Apollos „sowohl auf die Taufe an sich als auch auf ihre persönliche Vollziehung ein neues Gewicht gelegt hat.“6 (41). Apollos, der „ehemalige Johannesjünger“, wäre da anders verfahren als der nur im Ausnahmefall taufende Paulus: „Die Taufe war ihm nicht nur der feierliche Weiheakt, nicht nur das Symbol der gliedlichen Vereinigung mit Christus (Röm. 6, 1–10), sondern auch der Act der persönlichen Verbindung des Taufenden mit dem Täufling.“7 (42) Da nun auch die „Mittheilung der Wahrheit“ in den Mysterienkulten an „Prüfungen, Entsagungen, Weihungen geknüpft“ gewesen ist, habe es nahe gelegen, Entsprechendes in der christlichen Taufe zu sehen.
Man könnte Heinricis These folgendermaßen zusammenfassen: Sowohl die rhetorisch-weisheitliche Predigt des Apollos als auch seine Betonung der Taufe verstanden die Korinther in Analogie zu Mysterienkulten, und sie ließen die ihnen daraus bekannte Hochschätzung des Einweihungsrituals sowie die enge Ritualleiter-Initiand-Verbindung in der Folge der „Ähnlichkeiten“ in ihr Taufverständnis einfließen – mit dem Ergebnis, dass so die erste, nämlich die Apollosgruppe entstand.
Die sich auf Heinrici stützenden Exegeten greifen meist nur einen Aspekt aus seiner geschlossenen Argumentation auf und kommen davon ausgehend oft zu weitreichenden Schlussfolgerungen: Manche beziehen sich allgemein darauf, dass die Gruppenzugehörigkeit über die Taufe bestimmt wird. Für Schnelle etwa ist dies die einzige Erklärung dafür, „daß Paulus in diesem Zusammenhang überhaupt auf die Taufe zu sprechen kommt.“8 Conzelmann und Lietzmann hingegen benutzen diese Thesen als Hinweis darauf, dass Petrus in Korinth gewirkt habe.9 Andere wiederum greifen die missverstandene Taufpraxis (Überbewertung des Täufers) auf, welche dann direkt auf das Wirken Apollos zurückgeführt wird10 oder auch – ohne Apollos – auf Mysterienreligionen zurückgehe: Zwar sei den Korinthern die Absurdität der Fragen (1,13) bewusst, dennoch würden sie den Täufern „bleibende Heilsautorität“ zugestehen, da sie an eine „durch das Verständnis der Taufe als Mysterienhandlung gegebene, wesenhafte und bleibende Gebundenheit des Getauften an seinen Täufer“ glauben.11
Angesichts solcher spekulativen Folgethesen in der stückweisen Aufnahme Heinricis, ist die Kritik Schrages12 an einer Rückführung der Gruppenbildung auf einen Taufstreit durchaus verständlich.13 Jedoch gerät auch ihm in seiner Schlussfolgerung, eine „Überschätzung weisheitlicher Verkündigung“ sei Ursache für die Gruppenbildungen gewesen, aus dem Blick, dass dieser von Heinrici bei Apollos bereits verortete Aspekt geradezu Hand-in-Hand geht mit dessen weiterer Argumentation.
Befürworter wie Gegner der These Heinricis verkennen allerdings zumeist ihre Stärke, welche v.a. darin liegt, dass sie die Gruppenzuordnungen zwar mit der Taufe in Zusammenhang bringt, in „Taufstreitigkeiten“ aber keineswegs die einzige Ursache sieht, die direkt zu den Gruppenbildungen geführt habe. Heinricis Überlegungen zu mehreren ineinandergreifenden Einflussfaktoren sind Teil seiner grundsätzlichen vorangestellten Einschätzung der Situation in Korinth: „In Bezug auf Glauben und Sitte musste daher auch die sich selbst überlassene Korinthische Gemeinde einen Process der Klärung durchmachen, in welchem nicht ohne Irrungen die sicheren Grenzen gegen Judentum und Heidentum gefunden wurden.“14
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