Patric Pedrazzoli

Seelenzucker


Скачать книгу

die Stille, der Friede, die Freiheit, die Liebe, das Mitgefühl – du bist nichts und alles zugleich, JETZT.

      Wo Gott wohnt

       Einmal brachte eine Mutter ihren kleinen Sohn zum Rabbi. Da fragte der Rabbi den Jungen: »Ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagst, wo Gott wohnt.« Aber der Bub war weiser: »Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt.«

      MARTIN BUBER

      Viele Leute fragen mich: Wie kann ich mein Denken stoppen, dass es aufhört zu denken oder dass es ruhig wird im Kopf. Nun – es ist folgendermaßen. Ich glaube nicht, dass es im Kopf beim Denken einmal still ist. Jedoch überlege mal, wenn du im Bett liegst, schlafen möchtest und im Zimmer ist eine Uhr, die laut tickt. Kennst du das? Dann hört sich dieses Ticken, sobald man es hört, sehr laut und störend an und man kann nicht einschlafen. Nun, es dauert eine Weile, bis man vergisst, dass sie da ist und man sie nicht mehr hört. Was meinst du, hörst du sie nicht mehr, weil die Uhr nicht mehr tickt? Nein, wahrscheinlich tickt sie, nur du achtest nicht mehr darauf. So ist es auch mit dem Denken. Wir identifizieren uns sehr stark über unser Denken und so sind wir fast wie Gefangene unserer eigenen Gedanken. Wenn sich diese Identifikation aber immer mehr auflöst, so werden die Gedanken immer leiser für dich. Obwohl dein Denken noch da ist und auch noch in derselben Lautstärke, ist es nun so, dass sich deine Aufmerksamkeit mehr und mehr auf dein Wesen ausgerichtet hat und deshalb die Gedanken kaum noch hört. Oft bitte ich meine Seminarteilnehmer/innen, dass sie sich das einmal vorstellen sollen oder als Thema mit in eine Meditation nehmen können.

      Wer bin ich ohne meine Gedanken? Schaut euch mal an, wie viel Freiheit das gibt, Sorglosigkeit, Friede usw. Mach das immer und immer wieder und so wird es dir immer bewusster, dass du mit dem Denker und dem Gedachten nichts zu tun hast.

      Betrachten wir einmal diesen Denker und auch das Gedachte sowie das gesamte Wissen unseres Gehirns. Wir durchleuchten unser Wissen und unser Gedankengut. Zuallererst frage ich dich, was meinst du, bist du noch derselbe Mensch mit denselben Gedanken und demselben Wissen wie vor 5, vor 10 oder vor 20 Jahren? Es werden mir fast alle zur Antwort geben, nein. Es ist seither viel passiert. Es kamen viele neue Erfahrungen hinzu. Ich habe viele Bücher gelesen. Ich habe Ausbildungen und Seminare besucht und daher denke ich nicht mehr wie vor drei oder fünf Jahren. Wenn das so ist, und das ist bei fast allen so, kann man ganz nüchtern betrachtet nun sagen: Wenn wir unser Denken, unser Gedankengut und unseren Gehirnspeicher an Wissen alle paar Jahre komplett überholen und nicht mehr so denken wie damals und alles sehr relativ ist, dann ist dieses Wissen von heute in fünf Jahren wiederum komplett überholt und wir wissen im jetzigen Moment an und für sich nichts. Dann kommt die Erkenntnis und daher wohl auch der Spruch großer Philosophen, »Ich weiß, dass ich nichts weiß«, weil unser Wissen heute und jetzt an und für sich nichts wert ist. Und dann müssen wir erkennen, dass wir uns über unser Denken identifizieren und an etwas glauben, was keine Beständigkeit hat, und an ein Wissen, das nichts wert ist.

      So geht es ja auch unserer Wissenschaft, an die wir so stark glauben und an der wir uns festhalten, damit wir einen gewissen Halt in dieser Welt haben. Die Wissenschaft überholt sich alle paar Jahre und sagt, wir haben wieder etwas herausgefunden, so, wie wir bisher dachten, dass dies und das so ist, ist es nicht. Das heißt, auch hier glauben wir an eine Wissenschaft, die alle paar Jahre sagt, das, an das wir uns halten konnten, gibt es nicht mehr, es gibt jetzt etwas anderes, was wir herausgefunden haben, und so ist es ganz sicher. Nun lassen wir das Alte los und halten uns sogleich an der neuen wissenschaftlichen Erkenntnis fest. Doch auch hier zeigt es sich, dass das alles sehr relativ ist und keine Beständigkeit hat, weil auch das, was die Wissenschaft nun hier und heute als Wahrheit der Welt präsentiert, in einigen Jahren oft komplett über den Haufen geworfen wird, und dann kommt wieder etwas Neues.

      Das heißt auch, die Wissenschaft ist an und für sich nicht glaubwürdig, oder? Unser Denken und unsere Wissenschaft sind relativ und daher beschäftige dich nicht mit ihnen, sondern entdecke dein Wesen, das unendlich, immerwährend, beständig und ewig ist. Nehmen wir doch einmal das gesamte Wissen unseres Denkens oder den gescheitesten Menschen dieser Welt und projizieren mit einem sehr speziellen Beamer, den man an das Gehirn anknüpfen kann, sein gesamtes Wissen auf eine Leinwand. Und danach verknüpfen wir den Beamer mit unserem Wesen und der universellen Weisheit – ich kann dir sagen, wir würden alle einen immensen Lachkrampf bekommen, darüber, was wir denken, und was wir zu wissen meinen. Wir werden uns fast nicht erholen können vor Lachen.

      Also, meine Lieben, was möchtet ihr mehr lernen, dass euer Speicher im Gehirn immer wieder gefüllt und alle paar Jahre ausgemistet wird und sich wieder neues Wissen aneignet, und dies bis ans Ende eures Erdenlebens? Ist doch sehr schade um die Zeit. Stattdessen kehre um und erforsche dein Wesen, entdecke es in dir und du wirst finden, was du nie gedacht hättest: Einen Reichtum, den du mit keinem Geld dieser Welt je kaufen könntest. Eine Freiheit, die du nie erreichen könntest. Eine Liebe, die jenseits ist von dem, was du je gedacht hast, was Liebe sei. Einen inneren Frieden in dir. Im größten Hurrikan wirst du ganz still und ruhig bleiben wie das Auge des Sturms. Nun hast du die Wahl – lernen, Wissen aneignen, Erfahrungen machen usw., oder dich auf die Entdeckungsreise begeben in die Unendlichkeit deines Wesens, JETZT.

      Hierbei ist anzumerken, dass diese Reise nirgends hinführen wird, obwohl eine Reise meistens ein Ziel hat, hier ist es eine Reise in die Ewigkeit ohne Anfang und ohne Ende. Denn, wo soll deine Reise hingehen, wenn das, was du suchst, schon da ist und du dein Wesen schon immer warst? Entdecke dein vollkommenes Wesen, jetzt. Solange wir uns jedoch mit unserem Körper, unserem Ich, unseren Gedanken und unserem Wissen und der Welt identifizieren, solange werden wir durch die Täler des Schattens und der Illusionen wandern und Reisen mit immer neuen Zielen haben. Wacht auf, meine Lieben, denn das, was wir denken, was wir sind, genau das sind wir nicht. Unser Wesen ist reine, bedingungslose Liebe, voller Gnade, voller Glückseligkeit – vollkommen, voller Mitgefühl, unendlicher Freiheit, immerwährend im Frieden und still.

      Wahrscheinlich denkst du nun, ja das klingt alles sehr schön, doch meine Realität sieht anders aus. Ja klar, weil wir die Realität unseres Denkens als Wahrheit ansehen und uns damit identifizieren. Wir haben ja in diesem Kapitel einiges angeschaut, was unser Denken ist, was der Denker alles weiß, wie relativ und unbeständig das ist. Wir nehmen etwas als wahr an, was sich jederzeit ändert, also kann es sicherlich nicht wahr sein. Bist du bereit, JETZT umzukehren, um dein Wesen vollkommen in dir zu entdecken?

      Ich bin bereit und wer möchte, kann immer und jederzeit mich aufsuchen, ich bin da für dich. Ich bin hier für dich, für immer.

       Die dünnen Fesseln der Gewohnheit

       Einem Dompteur gelingt es, einen Elefanten mit einem ganz einfachen Trick zu beherrschen: Er bindet das Elefantenjunge mit einem Fuß an einen großen Baumstamm. So sehr es sich auch wehrt, es kann sich nicht befreien. Ganz allmählich gewöhnt es sich daran, dass der Baumstamm stärker ist als es selbst.

       Wenn der Elefant erwachsen ist und ungeheure Kräfte besitzt, braucht man nur eine Schnur an seinem Bein zu befestigen und ihn an einen Zweig anzubinden, und er wird nicht versuchen, sich zu befreien. Denn er erinnert sich daran, dass er diesen Versuch unzählige Male vergebens unternommen hat.

       Wie bei den Elefanten stecken auch unsere Füße nur in einer dünnen Schlinge. Doch da wir von Kindesbeinen an die Macht jenes Baumstammes gewohnt sind, wagen wir nicht, uns zu wehren. Und wir vergessen darüber, dass es nur einer einfachen mutigen Tat bedarf, um unsere Freiheit zu erlangen.

      PAULO COELHO

      (Aus:Unterwegs. Gesammelte Geschichten,

      Zürich, 2007)

      Betrachten wir gemeinsam diese Themen in der Tiefe unseres Seins. Viele meditieren, doch wofür, frage ich mich. Die meisten würden wohl nun sagen, um die Erleuchtung zu erfahren, um die Gedanken kontrollieren zu können oder um positive Gedanken zu kreieren, um Heilung zu erfahren, gedankenlos zu sein oder um die Stille zu erfahren. Doch das ist ein großer Trugschluss, denn hat dir schon einmal ein Erleuchteter